§ 31: Pflichtverletzungen, § 31a: Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen, § 31b: Beginn und Dauer der Minderung
Ein Arbeitnehmer erhält zum 15.08. eine Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens. Er stellt am gleichen Tag einen Antrag auf Arbeitslosengeld (Alg). Die Agentur prüft, ob für die Zeit vom 16.08. bis 07.11. eine Sperrzeit nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III eintritt. Da der Arbeitslose Ende August feststellt, dass wegen der noch ausstehenden Entscheidung über seinen Antrag eine Auszahlung des Alg noch nicht erfolgte, stellt er am 08.09. einen Antrag auf Bürgergeld. Am 02.10. erhält der Arbeitslose den Bescheid über die Sperrzeit vom 16.08. bis 07.11. Wie ist über den Antrag auf Bürgergeld zu entscheiden?
Sollte eine Sperrzeit nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III eintreten, liegt damit automatisch eine Pflichtverletzung nach § 31 Absatz 2 Nr. 3 vor. Da der Minderungszeitraum zeitgleich mit der Sperrzeit beginnt, würde sich das Bürgergeld dann ab Beginn der Bedarfszeit (Antrag wirkt auf den 01.09. zurück) bis einschließlich 15.09. um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs mindern, wäre also bereits in der geminderten Höhe zu bewilligen.
Das Jobcenter kann erst endgültig über den Antrag und die Leistungsminderung entscheiden, wenn die Entscheidung der Agentur für Arbeit über den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 SGB III vorliegt. Häufig wird die betroffene Person jedoch nicht so lange ohne finanzielle Hilfeleistung auskommen können. Deshalb sollte in diesen Fällen über die Bewilligung des Bürgergelds gemäß § 41a SGB II entschieden werden. Der Höhe nach sollten die Leistungen zumindest die voraussichtlich eintretende Leistungsminderung berücksichtigen. Sollte tatsächlich eine Sperrzeit nach dem SGB III eintreten, wären Leistungen in der zutreffenden Höhe bewilligt. Sollte die Agentur zu dem Ergebnis kommen, dass keine Sperrzeit eintritt, wäre das dann zur Auszahlung kommende Alg als Einkommen zu berücksichtigen, ggf. entfällt die Hilfebedürftigkeit dadurch ganz. Es empfiehlt sich daher, vorsorglich einen Erstattungsanspruch bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen.
Hinweise:
§§ 31, 31a, 31b SGB II; FW §§ 31-31b SGB II; § 41a SGB II; FW § 41a SGB II
Stand: 09.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 310013
Sachverhalt: Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person erscheint am 04.11. ohne Angabe von Gründen nicht zu einem Meldetermin. Einige Tage später teilt sie dem Jobcenter mit, dass sie zum 01.12. keine SGB II-Leistungen mehr benötigt. Sind in solchen Fällen das Vorliegen einer Pflichtverletzung und damit auch der Eintritt einer Leistungsminderung festzustellen, obwohl diese auf Grund des beendeten Leistungsbezugs wirkungslos bleiben würde?
Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Pflichtverletzung (§§ 31, 32) vorliegen, ist der Eintritt einer Leistungsminderung festzustellen. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten zulässig (§ 31b Absatz 1 Satz 4), damit ein zeitlicher Bezug zwischen Pflichtverletzung und Leistungsminderung gegeben ist. Kommt die mit dem Minderungsbescheid festgesetzte Minderung auf Grund der Beendigung des Leistungsbezugs nicht zur Wirkung, ist dies dem Betroffenen im Bescheid darzulegen. Sollte er innerhalb des Minderungszeitraums in den Leistungsbezug zurückkehren, wird die - bereits festgestellte - Rechtsfolge für den verbleibenden Minderungszeitraum wirksam. Dem Betroffenen ist dann ein entsprechender Änderungsbescheid zum ursprünglichen Minderungsbescheid zu erteilen. Wird nach Beendigung des Bewilligungszeitraumes kein Weiterbewilligungsantrag gestellt, ist wegen der Feststellung einer Leistungsminderung entsprechend zu verfahren.
Hintergrund: Eine Leistungsminderung tritt kraft Gesetzes ein, sobald die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Pflichtverletzung vorliegen; es besteht kein Ermessensspielraum. Für den Eintritt einer Leistungsminderung ist es nicht relevant, ob die aus der Pflichtverletzung resultierende Rechtsfolge, d. h. die Minderung, zur Wirkung kommt, oder nicht.
Hinweise: Eine Leistungsminderung entfaltet immer Zählwirkung, auch wenn der Leistungsbezug bereits vor Beginn des Minderungszeitraums beendet wurde.
Stand: 09.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 310024