§ 37: Antragserfordernis

Wie soll verfahren werden, wenn sich aus der Antragstellung für einen Monat ein laufender Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ergibt?

Beispiel:
Eine Person reicht im Juni 2023 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ein und macht deutlich, dass der Antrag nur für den Monat gelten soll, in dem die Heizkostenabrechnung fällig wurde (April 2023).
 

Lösung:
In diesem Fall würde der Antrag den Monat April 2023 als einmonatigen Bewilligungszeitraum umfassen und damit auch in die Vergangenheit wirken (§ 37 Absatz 2 Satz 3 SGB II).

Abwandlung:
Sofern zusätzlich eine laufende Hilfebedürftigkeit erkannt wird, ist dies den Betroffenen mitzuteilen und sie sind leistungsrechtlich zu beraten. 

Wenn sich aus der Beratung ergibt, dass die Betroffenen auch einen laufenden Bezug von Leistungen begehren, entspricht der Zeitpunkt der Antragstellung auf laufende Leistungen dem Zeitpunkt der Antragstellung auf einmonatiges Bürgergeld (=Juni 2023).

Macht die Person dann geltend, dass auch laufende Leistungen nach dem SGB II beantragt werden, kann dieser Antrag für die laufenden Leistungen allerdings nur auf den Ersten des Monats der Antragstellung zurückwirken (§ 37 Absatz 2 Satz 2 SGB II). Dies wäre hier der 01.06.2023. Laufende Leistungen kämen somit erst ab Juni 2023 in Betracht.

Für den Monat Mai 2023 wären mangels Antragstellung keine laufenden Leistungen möglich. Im Mai 2023 wurde kein Antrag auf laufende Leistungen gestellt. Und der im Juni 2023 gestellte Antrag auf laufende Leistungen wirkt nicht über den 1. Juni 2023 hinaus zurück. 

Stand: 01.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 370010

In welchem Zeitraum kann ein Antrag auf Leistungen für einen Monat und aufgrund von hohen Heizkosten nach § 37 Absatz 2 SGB II gestellt werden?

Mit der Einführung des Bürgergeldes wurde § 37 Absatz 2 SGB II dahingehend ergänzt, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II nur für einen einzelnen Monat, in dem die Aufwendungen für die Heizkosten besonders hoch und fällig sind bzw. waren, ausdrücklich geregelt wurde. Besonders hohe Heizkosten können sich z.B. aus der Fälligkeit der Jahresabrechnung oder der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln ergeben. Der Antrag auf einmonatige Leistungen nach dem SGB II aufgrund besonders hoher Heizkosten kann daher erstmalig am 01.01.2023 gestellt werden. Die Regelung in § 37 Absatz 2 Satz 4 begrenzt die Möglichkeit der Antragstellung auf den 31.12.2023.

Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für einen einzelnen Monat aufgrund von hohen Heizkosten kann bis zu drei Monate rückwirkend gestellt werden. Maßgebend ist, dass die hohen Heizkosten, in dem Monat fällig waren bzw. sind, für den der Antrag gestellt wird. Es kommt also nicht darauf an, wann die besonders hohen Heizkosten tatsächlich bezahlt wurden. Es kann auch aufgrund einer bereits beglichenen Heizkosten noch drei Monate rückwirkend ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt werden. Das bedeutet, dass ein solcher Antrag, der im Januar 2023 gestellt wird, maximal bis auf dem 01.10.2022 zurückwirken kann.

Stand: 01.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 370008

Gilt für die einmonatige Beantragung von Leistungen nach dem SGB II eine Karenzzeit?

  1. Karenzzeit für die Prüfung von Vermögen
    Im Gegensatz zum Antrag auf laufende Leistungen nach dem SGB II gilt für die Beantragung von einmonatigen Leistungen nach dem SGB II keine Karenzzeit nach § 12 Absatz 6 SGB II. Die Vermutungsregelung nach § 12 Absatz 6 Satz 2 SGB II ist bei Vorlage einer entsprechenden Selbstauskunft zu beachten.

    § 12 Absatz 6 SGB II fordert, im Gegensatz zur Antragstellung für nur einen Monat nach § 37 Absatz 2 SGB II, dass Einkommen erzielt wird. 

    In der Folge gelten bei der Beantragung von einmonatigen Leistungen die Regelungen zur Vermögensberücksichtigung wie sie nach Ablauf der Karenzzeit gelten. Bewohnen Personen beispielsweise ein zu großes Eigenheim, besteht kein zuschussweiser Leistungsanspruch. Allerdings kann in solchen Fällen ein darlehensweiser Anspruch nach § 24 Absatz 5 SGB II in Frage kommen.
  2. Karenzzeit zur Prüfung der Angemessenheit der Unterkunft
    Der Gesetzgeber hat keine gesonderten Regelungen für die Antragstellung nur für einen Monat bezüglich der Karenzzeit für die Kosten der Unterkunft getroffen. Es gelten daher die Vorschriften des § 22 SGB II.

Stand: 01.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 370009

Woran kann ein Antrag für einen Monat nach § 37 Absatz 2 SGB II erkannt werden?

Für die Beantragung von einmonatigem Bürgergeld wird der gleiche Vordruck wie für den Antrag auf laufende Leistungen nach dem SGB II verwendet. In dem Antrag wird allerdings ausdrücklich der Erhalt von einmonatigem Bürgergeld erklärt.

Beispiel: 
Es wird ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II eingereicht. Dieser ist optisch zunächst nicht von einem Antrag auf laufende Leistungen nach dem SGB II zu unterscheiden. Im Antrag findet sich jedoch ein Hinweis, dass der Antrag nur für einen Monat gestellt wird, nämlich den Monat, in dem eine Heizkostennachzahlung oder Aufwendungen für die Beschaffung von Heizmitteln fällig wurden. Dieser Hinweis kann sich im Antragsdokument oder einem separaten Anschreiben befinden oder im Rahmen der persönlichen Vorsprache erklärt werden.

Stand: 01.01.2023

WDB-Beitrag Nr.: 370011

Die Bezieherin einer sogenannten Arbeitsmarktrente hat am 4. Juni 2021 einen Antrag auf Wohngeld gestellt, der bewilligt wurde. Am 26. November 2021 erhält sie vom Träger der Rentenversicherung einen Nachweis, dass sie 33 Jahre an Grundrentenzeiten erfüllt. Aufgrund des im SGB II zu berücksichtigenden Grundrentenfreibetrages würde nun ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehen (und hätte auch bereits ab im Juni 2021 bestanden), der höher als der Wohngeldanspruch ist. Die Leistungsberechtigte beantragt daher am 28. Dezember 2021 Leistungen nach dem SGB II.
Zu welchem Datum ist das Bestehen des Leistungsanspruchs nach dem SGB II zu überprüfen?

Steht nach der Entscheidung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger fest, dass eine leistungsberechtigte Person mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten oder vergleichbaren Zeiten aufweist, so sind ihr von Amts wegen rückwirkend Leistungen der Grundsicherung unter Anerkennung des Freibetrages zu bewilligen (§ 44 SGB X). Hierbei ist zu beachten, dass Leistungen nach dem SGB II gemäß § 37 Absatz 2 Satz 1 SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden können. Für die Nachholung eines Antrages sieht § 28 SGB X grundsätzlich vor, dass eine andere Sozialleistung erfolglos beanspruch wurde.

Dennoch ist eine rückwirkende Anerkennung der Freibeträge in Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 SGB X zur wiederholten Antragstellung in besonderen Fallkonstellationen möglich. Im Fall der Grundrente fallen im Jahr 2021 das Inkrafttreten des Gesetzes und die Feststellung, dass ein potentieller Anspruch auf den Freibetrag nach dem SGB II besteht, zeitlich erheblich auseinander. Die fehlende Kenntnis des Anspruchs auf den Freibetrag und des durch den Freibetrag ausgelösten Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II können nicht zu Lasten der Berechtigten gehen. Daher ist für Personen, die bis zur Feststellung des Anspruchs auf einen durch den zusätzlichen Grundrentenfreibetrag erhöhten Freibetrag die Sozialleistung Wohngeld beziehen, der Rechtsgedanke des § 28 SGB X anwendbar.

In folgenden Fällen sollen SGB II-Leistungen rückwirkend bewilligt werden, sofern diese Leistungen aus dem laufenden Wohngeldbezug heraus bis spätestens 31. Dezember 2022 ausdrücklich beantragt werden:

  • bei Personen, denen im Laufe des Jahre 2021 erstmals Wohngeld bewilligt wurde und die unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 11b Absatz 2a SGB II i. V. m. § 82a SGB XII Leistungen nach dem SGB II beanspruchen können, sowie
  • bei Personen, die bereits vor dem 1. Januar 2021 Wohngeld bezogen haben, in Unkenntnis erfüllter Grundrentenzeiten in 2021 keine Leistungen nach dem SGB II beantragt haben und bei Anerkennung des Freibetrages nach § 11b Absatz 2a SGB II i. V. m. § 82a SGB XII leistungsberechtigt würden.

Die Frist des § 40 Absatz 7 SGB II findet hier mit der Maßgabe Anwendung, dass statt auf Ablehnung oder Erstattung auf die Kenntnis der erfüllten Grundrentenzeiten abzustellen ist. Die rückwirkende Feststellung wirkt auf den Anfang des Monats zurück, in dem 33 Jahre an Grundrentenzeiten in 2021 erstmals vollständig erfüllt sind, frühestens jedoch auf den 1. Januar 2021. Dabei können die Leistungen nur bis zu dem Monat rückwirkend bewilligt werden, in dem ein Antrag (auf SGB II-Leistungen oder Wohngeldleistungen) gestellt wurde. Überdies darf eine rückwirkende Bewilligung nur erfolgen, soweit auch die sonstigen Voraussetzungen nach dem SGB II für den gesamten Bewilligungszeitraum vorliegen.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt ist Arbeitslosengeld II somit für die Zeit ab 1. Juni 2021 zu bewilligen, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

Um entsprechende Fälle identifizieren zu können, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Wohngeldstellen erforderlich. Bei erstmaliger Antragstellung auf SGB II-Leistungen oder bei einem Überprüfungsantrag nach einem unter Berücksichtigung von § 69 SGB II erlassenen Ablehnungsbescheid ist zwingend ein bisheriger Wohngeldbezug bei der antragstellenden Person zu erfragen und bejahendenfalls der Nachweis erfüllter Grundrentenzeiten möglichst von der Wohngeldstelle anzufordern. Im Rahmen der Zusammenarbeit sind die Wohngeldstellen insbesondere über die (rückwirkende) Antragstellung zu informieren, da diese unabhängig von einer Bewilligungsentscheidung zu einem Leistungsausschluss führt (§§ 7, 8 WoGG).

Stand: 13.07.2021

WDB-Beitrag Nr.: 370007

Ist von der Berechtigung – durch die Antragstellerin oder den Antragsteller Kontoauszüge der letzten sechs Monate vorlegen zu lassen – in allen Fällen bei Weiterbewilligungsanträgen Gebrauch zu machen?

Nein. Die Vorlage von Kontoauszügen für die Dauer von sechs Monaten ist nicht in jedem Fall notwendig und angemessen. Aus den Fachlichen Weisungen zu § 37 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Randzeichen 37.12 ergibt sich, dass bei einer Entscheidung über die Leistungserbringung für den zwölfmonatigen Regelbewilligungszeitraum grundsätzlich Kontoauszüge der letzten sechs Monate für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft vorzulegen sind. Es handelt sich daher um eine Befugnis, die den maximalen Zeitraum zur Vorlage von Kontoauszügen wiedergibt.

Die konkrete Ausgestaltung setzt eine Abwägung im Einzelfall voraus. Die Entscheidung über den ggf. verkürzten Vorlagezeitraum liegt daher im Ermessen der jeweiligen Bearbeiterin oder des jeweiligen Bearbeiters. Es muss zu ihrer bzw. zu seiner Überzeugung ein Leistungsanspruch in der bewilligten Höhe bestehen. Für diese Überzeugung bedarf es nicht in jedem Fall der vollständigen Ausschöpfung der sechs Monate, sondern der Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Das Ergebnis der Entscheidung über den verkürzten Vorlagezeitraum und die wesentlichen Erwägungen sind kurz zu dokumentieren. In die Entscheidung können zum Beispiel die Dauer des restlichen Leistungsbezuges, die Ergebnisse der bisherigen Vorlagen der Kontoauszüge, das vorhandene Vermögen sowie die aktuelle Erwerbssituation einbezogen werden.

Ein verkürzter Vorlagezeitraum der Kontoauszüge kommt zum Beispiel in folgenden Fällen in Betracht:

Beispiel 1:

Die Kundin ist bereits länger im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Aus den bisherigen Bewilligungsabschnitten ist bekannt, dass sie über kein nennenswertes Vermögen verfügt und keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Bisherige Veränderungen teilte die Kundin stets pünktlich und vollständig mit. Durch den Weiterbewilligungsantrag werden ebenfalls keine Veränderungen bekannt (z. B. eine bereits erfolgte Arbeitsaufnahme). Auch über die Arbeitsvermittlung erfolgte keine Information zu einer eingetretenen oder kurz bevorstehenden Arbeitsaufnahme. Es ergeben sich daher keine Anhaltspunkte für eine Einkommenserzielung oder den Aufbau eines Vermögens.

Beispiel 2:

Eine leistungsberechtigte Person stellt seinen Weiterbewilligungsantrag. Es ergeben sich keine Änderungen. Bisherige Veränderungen teilte die leistungsberechtigte Person stets pünktlich und vollständig mit. Innerhalb der nächsten sechs Monate wird der Bezug von Leistungen nach dem SGB II wegen des Bezuges einer Altersrente enden.

Stand: 16.05.2019

WDB-Beitrag Nr.: 370006

Nutzungshinweise Wissensdatenbank SGB II