§ 8: Erwerbsfähigkeit
Ist trotz diagnostizierter Erwerbsunfähigkeit unvermindert Bürgergeld weiterzuzahlen, obwohl für nicht erwerbsfähige Menschen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den zuständigen Rentenversicherungsträger bzw. den örtlichen Träger der Sozialhilfe gewährt werden könnten?
Sofern laut Amtsärztlichen Gutachten festgestellt wurde, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerbsfähigkeit nicht (mehr) besteht, ist zumindest ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff SGB X beim Rentenversicherungsträger und/oder dem örtlichen Träger der Sozialhilfe dem Grunde nach anzumelden. Mögliche Leistungsansprüche nach dem SGB II sind nach den entsprechenden Vorschriften separat zu prüfen.
Stand: 23.02.2023
WDB-Beitrag Nr.: 080017
Wie ist zu verfahren, wenn ein laufender Bürgergeld-Leistungsbezug besteht und sich herausstellt, dass Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen nicht vorliegt? Die entsprechende Frage - „Können Sie mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen?“ wurde bei Antragstellung mit „ja“ beantwortet.
Im Regelfall wird dem Hilfebedürftigen nicht vorgeworfen werden können, er habe die Bewilligung durch grob fahrlässig unrichtige Angaben herbeigeführt oder er hätte die Rechtswidrigkeit der Bewilligung erkennen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, § 330 Abs. 2 SGB III, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II). Eine Rücknahme der Bewilligung für die Vergangenheit scheidet daher aus.
Eine Rücknahme für die Zukunft wird in der Regel mangels Vermögensdisposition möglich sein (§ 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II). Ein Vertrauensschutz wird auch deshalb nicht vorliegen, weil alternative Ansprüche nach dem SGB XII bestehen. Dies gilt auch im Falle einer vollen Erwerbsminderung, wenn kein Rentenanspruch besteht. Der Hilfebedürftige ist an den Sozialhilfeträger zu verweisen. Ein Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 3 SGB X ist zu prüfen.
Könnte ein Rentenanspruch bestehen, ist der Hilfebedürftige zur Rentenantragstellung aufzufordern. Eine Rücknahmeentscheidung wird bis zur Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht getroffen. Ein Erstattungsanspruch ist dem Rentenversicherungsträger nach § 104 SGB X anzuzeigen und die Leistung ist weiter zu zahlen.
Widerspricht der Sozialhilfeträger der Feststellung der Agentur so ist gem. § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II die Zahlung durch den SGB II-Träger wieder aufzunehmen. Dem zuständigen Rentenversicherungsträger sind Ansprüche gem. § 102 SGB X anzuzeigen.
Stand: 23.02.2023
WDB-Beitrag Nr.: 080014