Mit dem Job-Turbo auf Achse: Integration made in Germany

Dank Teilqualifizierung Geflüchtete blitzschnell in Arbeit bringen.


16.10.2024 - Katja Feuerstein -7 MinutenMitarbeiter qualifizieren

Über eine Teilqualifizierung machte die Ukrainerin Viktoriia im Rekordtempo den Busführerschein. Eine Geschichte über die Liebe zum Fahren und welchen Vorteil Ihnen diese als Arbeitgeber bringt.

Deutschland, Europas Wirtschaftsturbo? Inzwischen geht vieles nur noch schleppend voran, weil der Fachkräftemangel um sich greift. Nicht so bei Eichberger Reisen in der idyllischen Drei-Flüsse-Stadt Passau in Niederbayern. Dort hält Verkehrsleiter Eugen Weigand den Fuhrbetrieb am Laufen. Denn er ist offen für Geflüchtete: Viktoriia ist eine von ihnen. Nach ihrer Flucht aus der Ukraine fand sie schnell eine Arbeit, ohne eine längerfristige Ausbildung machen zu müssen. Möglich machte das der Job-Turbo: Damit erhalten Geflüchtete einen Sofort-Arbeitsmarktzugang und intensive Integrationskurse zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Ihre erworbenen grundständigen Deutschkenntnisse wendet Viktoriia sofort „training on the job“ an, um sie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Über eine parallele Teilqualifizierung qualifizierte sie sich so turboschnell zur Busfahrer*in weiter: Wir haben für Sie Motorluft geschnuppert und zeigen Viktoriias Erfolgsgeschichte!

Volle Fahrt voraus in den deutschen Arbeitsmarkt

Zitat:

„Die Männer behandeln mich mit Respekt.“

Taffe Frauen mit ordentlich PS unterm Hintern. So wie die Trucker Babes im TV begeistern, geht es Viktoriia jedes Mal, wenn sie sich in ihr „Baby“ setzt.

Viktoriia, Busfahrerin bei Eichberger Reisen, sitzt im Bus und fährt am Betrachter vorbei.
Foto: Viktoriia setzt sich als Busfahrerin in einer Männerdomäne durch @Eichberger Reisen/Eugen Weigand

Beim klischeebehafteten Bild des Busfahrers denkt man nicht unbedingt sofort an das weibliche Geschlecht. Doch Viktoriia macht dieses Vorurteil zunichte. Sie setzt sich in einer Männerdomäne durch. Einfach ist das nicht immer. Auf sie warten täglich Herausforderungen und Überraschungen – denn auf der Straße wird es nie langweilig. Dabei hätte sich das die Mutter aus der Ukraine vor ihrer Flucht nach Deutschland kaum zugetraut: hunderte PS-starke Busse fahren?

Im Hürdenlauf zum Traumberuf

Eigentlich steht Viktoriia mehr auf kuschlige Vierbeiner. „Eine meiner früheren Fähigkeiten ist die Ausbildung von Hunden“. In ihrer Heimat hat sie das professionell gemacht, fuhr zu Ausstellungen. Doch schon als Kind liebte Viktoriia auch Technik, besonders Autos. Und so staunte Arbeitsvermittler Matthias Loidl vom Jobcenter Passau Land nicht schlecht, als die zierliche blonde Frau ihm eröffnete, was sie hier in Deutschland beruflich machen möchte.

Zitat:

„ … etwas mit großen Maschinen!“

„Ich dachte erst, ich hätte mich verhört“, lacht Loidl. Denn in der Ukraine hatte Viktoriia eine kaufmännische Ausbildung absolviert und in einer Tierhandlung bzw. einem Zoo-Fachgeschäft im Büro gearbeitet. „So nahm ich an, sie meinte eine Tätigkeit bzw. einen Beruf in der Industrie oder Fertigung. Sie meinte dann aber ganz bestimmt, dass sie große Maschinen fahren wolle“, so Loidl. Auf die Frage „LKW oder Bus?“ blitzte ein Lächeln über ihr Gesicht: „Ja, ich stehe auf große Maschinen. Das ist meine Leidenschaft!“ Für den Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer*in“ brachte Viktoriia jedoch keine verwertbaren Kenntnisse mit. Aufgrund fehlender Deutschkenntnisse war zunächst auch an keine Arbeitsmarktintegration im erlernten Beruf zu denken, für den dazu die Anerkennung in Deutschland fehlte. So suchten Matthias Loidl und Viktoriia in der Beratung gemeinsam nach Alternativen. Und so kamen sie auf die „großen Maschinen“.

Zitat:

„Ich habe mich immer für die Struktur und Funktionsweise interessiert, sowohl bei Autos als auch bei Bussen.“

Einfach ans Steuer ging natürlich nicht. Als Nächstes galt es zu prüfen, wie und wo Viktoriia sich entsprechend weiterqualifizieren konnte. Loidl: „Ich händigte ihr eine Liste mit lokalen Bildungsträger*innen aus, bei denen sie sich selbstständig informieren sollte. Auch sollte sie noch einmal intensiv darüber nachdenken, ob sie sich den Beruf wirklich dauerhaft vorstellen konnte und sich den körperlichen Herausforderungen gewachsen fühlt.“ Da keine gesundheitlichen Einschränkungen vorlagen und Viktoriia sich sicher war, wurde das gemeinsame Berufsziel „Busfahrer*in“ angesteuert.

400 PS in Frauenhand: Mit der Teilqualifizierung zur Busfahrerin

Vom Hund zum Bus, das war gar nicht so einfach. „Das Erstgespräch mussten wir wegen mangelnder Deutschkenntnisse noch mit Dolmetscher*in führen“, erinnert sich Loidl.

Zitat:

„Bevor ich nach Deutschland gezogen bin, habe ich nie Deutsch gelernt.“

Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte Viktoriia noch keinen Platz in einem Integrationskurs. Die Wartezeiten sind lang. Um die Zeit zu überbrücken, verschaffte ihr Matthias Loidl (ab Oktober 2022) einen Platz im Willkommenskurs „KOMe In“ für Geflüchtete beim Bildungsträger BFZ Passau. Dort erhielt sie Informationen zum Leben in Deutschland, zum Sozialversicherungssystem und hatte anteilig Sprachunterricht in Deutsch. „Damit wollten wir ihr das Ankommen in Deutschland und Deutschlernen erleichtern. Zugleich sollte die Wartezeit bis zur Aufnahme eines Integrationskurses und / oder einer Arbeit sinnvoll überbrückt werden“, erklärt Loidl. Von März bis November 2023 besuchte Viktoriia dann den Integrationskurs, den sie gleich bei der ersten Prüfung erfolgreich mit einem B1-Zertifikat abschloss. „Beim ersten Folgegespräch ging es dann schon ohne Dolmetscher*in“, so Loidl.

Zitat:

„Wir arbeiten hier in der Region alle eng zusammen und sind sehr bemüht, mögliche Hindernisse auf dem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt auszuräumen.“

Bis zum Traumberuf „Busfahrer*in“ mussten allerdings noch einige Hürden genommen werden. Zwar brauchte es für Viktoriias fast 15-jährigen Sohn keinen Kitaplatz mehr und er konnte wegen der Schulpflicht in Deutschland direkt in die Schule einsteigen. Aber für die „großen Maschinen“ brauchte es mehr. Also noch einmal zwei, drei Jahre eine Ausbildung bzw. Umschulung machen? „Für ihr Berufsziel Busfahrer*in war das gar nicht nötig. Stattdessen schlugen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Qualifizierung und schnelle Arbeitsmarktintegration“, erklärt Loidl. Wie das ging? Mit einer Teilqualifizierung. Anders als die dreijährige Ausbildung zur/m „Berufskraftfahrer*in“ ist das keine reguläre mehrjährige Ausbildung oder Umschulung, sondern eine abschlussorientierte geförderte Weiterbildung. Dabei werden nur Teilmodule einer Berufsausbildung absolviert.

Viktoriia und Eugen Weigand von Eichberger Reisen stehen vor einem Reisebus
Foto: Eugen Weigand hat Viktoriia auf ihrem Weg zum Wunschberuf unterstützt @Eichberger Reisen/Eugen Weigand

Im Fall von Viktoriia erfolgte die Teilqualifizierung zur/m „Busfahrer*in“ bei der Academy Fahrschule Emotion GmbH Passau, einer/m zertifizierten Bildungsträger*in. Statt der insgesamt sechs wurden dafür nur zwei Module aus dem modularen Unterricht zur/m Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer*in“ absolviert: Modul 1 „Güterbeförderung LKW“ und Modul 6 „Transportdienstleistungen planen und organisieren“. In diesem Verbund erwarb Viktoriia den „Busführerschein“ (Führerschein D – Fahrzeuge für Personenbeförderung, Reisebusse, Schulbusse; Ausnahme: Linienverkehr). Vorteil: Mit nur zwei Teilmodulen, konnte sie so einen vollumfänglichen Berufsabschluss erwerben und das in kurzer Zeit. Denn die Teilqualifizierung zur/m „Busfahrer*in“ dauert i. d. R. nur sechs Monate, zzgl. eines anschließenden vierwöchigen Praktikums. Die ersten ein bis zwei Monate erfolgt die Theorie, vom dritten bis zum fünften Monat die Praxis. Dann geht es in die Prüfungsphase mit theoretischer IHK-Prüfung und Praxisprüfung.

Ende April 2024 war es soweit: Viktoriia schloss ihre Teilqualifizierung erfolgreich ab. Im Praktikum traf sie dann auf Eugen Weigand, den Verkehrsleiter von Eichberger Reisen in Passau – den Mann mit den großen Maschinen! Matthias Loidl: „Wir stimmen uns hier stets eng mit der/m Bildungsträger*in ab, um sicherzustellen, dass wir einen passenden Praktikumsplatz und möglichen Arbeitgeber finden.“ Bei Eichberger Reisen hat es gleich gepasst. Eugen Weigand: „Das Praktikum hat Viktoriia gut gemeistert. Sie lernte sehr schnell, schien uns motiviert und begeistert, sodass wir sie übernehmen wollten!“

Zitat:

„Das Management und das gesamte Unternehmen Eichberger haben mir geholfen, meinen Traum zu verwirklichen.“

Dank der Teilqualifizierung hatte Viktoriia auch die gewerbliche Eignung in der Tasche. Damit durfte sie schon im Praktikum Linien- (unter 50 km; z. B. Schul-, Überland-, Stadtbus) und Gelegenheitsverkehr (Touristik, z. B. Busreisen im In-/Ausland; Transfer zum Schiff/Flughafen) fahren. Einige Tage begleitete sie eine/n erfahrene/n Kolleg*in, wurde auf den Linien eingewiesen. Dann fuhr sie diese bereits selbstständig ohne Begleitung. Das lief so gut, dass sie seit Mai 2024 festes Teammitglied ist – ein fließender Übergang in Arbeit.

Zitat:

„Seit ich dort angefangen habe, fühle ich mich großartig, weil ich riesige Freude am Busfahren habe und meine Lieblingsbeschäftigung ausübe.“

Viktoriia, Busfahrerin bei Eichberger Reisen
Foto: Viktoriia auf Achse durchs Passauer Land, @Eichberger Reisen/Eugen Weigand

Waren es in der Probezeit erst kürzere Busse, traut sie sich jetzt sogar an die ganz großen. Besonders angetan haben es ihr Werksbusse, bei denen sie Personen zu ihrer Arbeitsstätte fährt. Dabei ist sie permanent per Funk mit der Zentrale verbunden. Das erfordert ein hohes Maß an Selbstständigkeit. Inzwischen navigiert Viktoriia ihre „großen Maschinen“ souverän durch den bayerischen Verkehrsdschungel.

Job-Turbo: Integration und Arbeit gehen Hand in Hand

Am Arbeitsmarkt werden besonders Fachkräfte mit guten Deutschkenntnissen gesucht. Die Integration von Geflüchteten ist daher eine echte Herausforderung. Denn für eine nachhaltige Erwerbsperspektive müssen die Menschen vielfach erst sprachlich und fachlich fit gemacht werden. Der „Turbo“ für Geflüchtete und die Arbeit des Sonderbeauftragten der Bundesregierung beschleunigen diesen Integrationsprozess. Sie setzen nach dem Erwerb erster Sprachgrundlagen auf den schnellen Arbeitsmarktzugang und parallel dazu auf den Ausbau sprachlicher und fachlicher Kompetenzen. Denn wer schnell im Job ist, lernt schneller Deutsch, sammelt Erfahrung und verliert vorhandenes Job-Wissen nicht. So können sich Geflüchtete im Job zügiger zur Fachkraft weiterentwickeln.

Was der Arbeitsvermittler zum Job-Turbo sagt

Zitat:

„Wir helfen den Menschen dabei, ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden, ihre Ziele zu erreichen und so ein selbstbestimmtes Leben zu führen.“

Faktor A: Was ist Ihrer Erfahrung nach die größte Hürde bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und speziell bei Geflüchteten aus der Ukraine?

Matthias Loidl: Hürde Nummer eins ist ganz klar die (deutsche) Sprache! Das spiegeln uns Geflüchtete wie Arbeitgeber wider. Die Mehrzahl der Geflüchteten ist zwar motiviert und arbeitswillig, die Sprachbarriere jedoch das größte Hindernis für beide Seiten. Das betrifft auch Hochqualifizierte, die sich dann bestimmte Tätigkeiten nicht zutrauen. Ab Sprachniveau A2 oder B1 läuft es zumeist, aber selbst für die einfachsten Tätigkeiten braucht es ein Mindestmaß an Deutsch, nur mit rudimentären Kenntnissen unter A1 geht es nicht.

Faktor A: Wie lässt sich das lösen, es gibt doch Deutschkurse?

Matthias Loidl: Ja, aber auch einen Mangel an freien Plätzen in Integrations- und Sprachkursen, die das BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anbieten kann. Das führt dazu, dass die Leute oft erst einmal oder länger in der Luft hängen und sich der Spracherwerb – der Schlüssel für die Arbeitsmarktintegration in Deutschland – verzögert. Erst danach kommen Punkte wie Kinderbetreuung, Unterkunft usw. Hier könnten Arbeitgeber mehr Nachsicht walten lassen und ihnen früher eine Chance geben, d. h. mehr „training on the job“ zulassen. Das wollen wir mit dem Job-Turbo erreichen.

Faktor A: Wo finden Arbeitgeber die nötige Unterstützung?

Matthias Loidl: Beim Arbeitgeberservice ihrer Agentur für Arbeit. Zudem gibt es ein großes regionales Netzwerk an Ehrenamtlichen, die u. a. Deutschunterricht für Geflüchtete anbieten.

Faktor A: Welche Erfahrungen hatten Sie zuvor mit der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten?

Matthias Loidl: Als Arbeitsvermittler kann ich auf eine mehrjährige berufliche Erfahrung mit Geflüchteten aus verschiedenen Ländern zurückblicken.

Faktor A: Was nehmen Sie für sich persönlich aus diesem Beratungs- und Vermittlungsbeispiel mit?

Matthias Loidl: Dass unsere Arbeit hilfreich, sinnvoll und nützlich ist. Es führt mir einmal mehr vor Augen, dass wir einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten.

Faktor A: Inwiefern haben Sie Viktoriia während der Teilqualifizierung und danach unterstützt, um eine schnelle wie nachhaltige Arbeitsmarktintegration sicherzustellen?

Matthias Loidl: Neben unserer Beratung und Vermittlung gab es einen Bildungsgutschein für die Teilqualifizierung. Während dessen erhielt sie Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro monatlich. Auch die monatlichen Fahrtkosten wurden erstattet. Zwar fielen keine Kosten für Kinderbetreuung an, diese hätten aber übernommen werden können. Mit der Arbeitsaufnahme endete die Hilfebedürftigkeit. Im Rahmen unserer Nachbetreuung blieben wir noch eine gewisse Zeit in Kontakt, um bei Bedarf auf weitere Unterstützungsmöglichkeiten hinzuweisen. Die Arbeitsaufnahme bei Eichberger Reisen selbst förderten wir mit einem Eingliederungszuschuss für die Dauer von sechs Monaten in Höhe von 50 Prozent. Damit wollten wir einen „Türöffner“ für Kundinnen und Kunden mit Vermittlungshemmnissen wie Viktoriia schaffen, der sowohl die Berufspraxis im angestrebten Beruf „Busfahrer*in“ als auch weiterführende Deutschkenntnisse fehlten.

Faktor A: Was macht das Vermittlungsbeispiel Viktoriia so besonders?

Matthias Loidl: Ab Beginn des Integrationskurses gerechnet, durch den die deutschen Sprachkenntnisse erworben und nachgewiesen wurden, hat der Vermittlungsprozess ab November 2023 bis einschließlich Mai 2024 gedauert. Wenn man bedenkt, dass die Kundin hier noch die Teilqualifizierung zur „Busfahrerin“ absolviert hat, ist die Dauer von etwas über einem halben Jahr bis zur Arbeitsaufnahme eine Top-Leistung.

Faktor A: Gibt es andere positive Vermittlungsbeispiele von Geflüchteten aus der Ukraine in Ihrem Landkreis?

Matthias Loidl: Ihr Beispiel ist eines von vielen. Die Einen brauchen etwas mehr Unterstützung, die anderen weniger, da läuft es fast von selbst. Die Zusammenarbeit mit ukrainischen Geflüchteten gestaltet sich bisher sehr positiv. Sie sind zumeist sehr fleißig, arbeitswillig und wissbegierig. Das gilt aber auch für Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern. Es liegt weniger daran, dass es zu wenig Budget und Mittel für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten gibt. Das Hauptproblem sind die nach wie vor zu wenigen Integrations- und Sprachkurse. Das können wir als Jobcenter oder Agenturen für Arbeit jedoch leider nicht beeinflussen.

Was der Arbeitgeber zum Job-Turbo sagt

Faktor A: Welche Hindernisse bestanden auf dem Weg zur Integration von in den deutschen Arbeitsmarkt und wie haben Sie diese gemeinsam gelöst? Was war die größte Hürde?

Eugen Weigand, Verkehrsleiter bei Eichberger Reisen Passau
Foto: Verkehrsleiter Eugen Weigand hat viele Nationalitäten in seinem Team, @Eichberger Reisen/Eugen Weigand

Eugen Weigand, Eichberger Reisen: Wir bekamen eine Mitarbeiterin, die schon eine Unterkunft hatte. Größte Hürde war eigentlich die Erlernung neuer Linien bzw. Ortschaften. Das ging aber nach einer kurzen Einweisung auch sehr schnell. In der Regel fährt ein Fahrer bei uns zwei bis drei Tage in Begleitung die jeweilige Linie, dann sollte er das selbstständig fahren können – bei Viktoriia ging das ohne Probleme. Bei uns wird der gesamte Landkreis Passau bedient, also Stadt und Land. Das sind ziemlich viele Ortschaften. Neben Linienverkehr fährt Viktoriia Gelegenheitsverkehr, bundesweit und im europäischen Ausland. Da findet i. d. R. auch eine tageweise Einweisung statt, ist aber nicht immer möglich. Auch das hat sie im Praktikum schon nach ca. einem Monat (nach Einweisung) bis 200 km Entfernung gemacht. Dabei hat sie Busreisende zum Schiff oder Flughafen gefahren und ist sogar schon bis nach Österreich gefahren.

Faktor A: Wie haben die männlichen Kollegen auf die junge Frau in dieser Männerdomäne reagiert? Gab es Vorurteile?

Eugen Weigand: Nein, bei uns sind mehrere Frauen beschäftigt und es nichts Außergewöhnliches.

Faktor A: Was sollten Arbeitgeber Ihrer Meinung nach beachten, wenn Sie Geflüchtete beschäftigen und / oder ausbilden möchten?

Eugen Weigand: Die Kommunikation ist manchmal sehr schwierig, von Vorteil sind hier Kolleginnen und Kollegen mit deren Sprachkenntnissen. Die Mentalität ist anders, oft eine andere Herangehensweise nötig. Als Verkehrsleiter muss ich individuell auf die Mentalitäten unserer Fahrerinnen und Fahrer eingehen und jedem gerecht werden. Im Fall von Viktoriia kann ich nichts Negatives sagen. Sie fiel durch eine hohe Arbeitsmoral, Motivation und Disziplin auf, weswegen wir sie auch nach dem Praktikum und der Probezeit behalten wollten. Sie ist bereit, zu lernen und an möglichen Fehlern zu arbeiten. Dadurch, dass ich und viele im Team auch Russisch können, gelingt die Verständigung. Da sie aber schon gut Deutsch spricht, kommen wir meist auch so klar.

Faktor A: Welche Erfahrungen hatten Sie zuvor mit Geflüchteten?

Eugen Weigand: Verschiedene, gute wie schlechte. Manche Fahrer muss ich mir schon erziehen (lacht). Aber das lässt sich so nicht pauschalisieren, ist individuell.

Faktor A: Was sollte Ihrer Meinung nach getan werden, damit die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter gelingen bzw. eventuell sogar vereinfacht und beschleunigt werden kann?

Eugen Weigand: Ausländische Führerscheine, wie der ukrainische, sollten leichter anerkannt werden. Die Teilqualifizierung sollte auch in verschiedenen Sprachen möglich sein, nicht nur auf Deutsch. Das würde vieles beschleunigen.

Faktor A: Inwiefern beschäftigen und / oder bilden Sie weitere Geflüchtete in Ihrem Betrieb aus? Was wünschen Sie sich hier als Arbeitgeber?

Eugen Weigand: Wir beschäftigen sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Eine Chance sehe ich darin, dass die deutsche Bürokratie weiter erleichtert wird.

Fazit
Der Job-Turbo unterstützt die schnelle und nachhaltige Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten wie Viktoriia. Kombiniert mit einer individuellen Förderung wie der Teilqualifizierung kann er den Fachkräftemangel lindern und Deutschlands Wirtschaft ankurbeln. Voraussetzung: Arbeitgeber müssen offen für Menschen sein, deren Deutsch noch nicht perfekt ist. Die Geflüchteten hingegen müssen sich gemäß ihren Fähigkeiten fachlich und sprachlich weiterentwickeln wollen. Bei Viktoriia hat das geklappt: „Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste, nicht faul zu sein, verantwortungsvoll mit seinem Leben, seiner Zukunft und Familie umzugehen. Und dankbar zu sein für die Möglichkeit, die Sprache zu lernen und die gewünschte Ausbildung oder Qualifikation zu erhalten.“

Job-Turbo

Sofortiger Arbeitsmarktzugang und intensive Integrationskurse zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit

Die Bundesagentur für Arbeit bietet eine Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen, die Geflüchtete ausbilden, einstellen oder weiterbilden möchten. Gemeinsam mit dem Arbeitgeber-Service der Agenturen für Arbeit vor Ort können Sie die unterschiedlichen Fördermöglichkeiten und -voraussetzungen besprechen.

Kontakt zum Arbeitgeber-Service

Ihre persönliche Ansprechperson im Arbeitgeber-Service hilft Ihnen gerne weiter.

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@Eugen Weigand, Eichberger Reisen