06.04.2022 - Annette Vorpahl -6 MinutenArbeitswelt gestalten
Stellen Sie sich vor, über Nacht erscheint eine gute Fee und erfüllt Ihnen drei Wünsche: Die digitale Lösung für Ihre Geschäftsprozesse ist gefunden. Schriftliche Arbeitsaufträge, klare Regeln und feste Verantwortlichkeiten sorgen für mehr Transparenz und einen besseren Wissenstransfer in Ihrem Unternehmen. Und die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden nimmt dank einer Software an Fahrt auf. Alles nur ein Traum?
Mit unternehmensWert:Mensch (uWM) haben bereits Tausende von Unternehmen individuelle, auf sie zugeschnittene Lösungen für ihre Probleme entdeckt und Schritte umgesetzt. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Förderprogramm des Ministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Europäischen Sozialfonds, das kleinen und mittleren Unternehmen auf unkompliziertem Wege mit finanzieller Unterstützung und Manpower für einige Monate unter die Arme greift. Da die Beschäftigten eingebunden werden, können nachhaltige und für das Unternehmen und die Mitarbeitenden passende Maßnahmen entwickelt und verwirklicht werden. Wer jetzt schnell ist, kann sich noch bis 31. Mai 2022 bei einer der bundesweit 76 Erstberatungsstellen (siehe Steckbriefe) bewerben, einen Beratungsscheck holen und loslegen.
Wichtig:Das im Artikel behandelte Förderprogramm unternehmensWert:Mensch ist Ende 2022 ausgelaufen. Seit 2023 und noch bis 2027 können KMU jedoch ein Nachfolgeprogramm, das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales finanzierte INQA-Coaching, beantragen. Auch dieses hilft Betrieben, Lösungen für ihre personalpolitischen und arbeitsorganisatorischen Veränderungsbedarfe im Zusammenhang mit der digitalen Transformation zu finden.
Rund 3.000 kleine und mittlere Unternehmen mit insgesamt etwa 100.000 Beschäftigten haben sich bislang für das Beratungsangebot von unternehmensWert:Mensch – und damit für den ersten Schritt zu einer mitarbeiterorientierten und zukunftsfähigen Personalpolitik – entschieden. Handwerksbetrieb, Softwarehersteller, Reiseveranstalter, Restaurant oder Kindertagesstätte: Sie alle haben sich in einem mehrmonatigen begleiteten Prozess auf den Weg gemacht. Ja, das kostet (etwas) Zeit und Engagement von Unternehmens- und Beschäftigtenseite. Aber sie werden von zertifizierten Beraterinnen und Beratern, durch deren Know-how und ein strukturiertes Vorgehen unterstützt. Die Kosten sind überschaubar, denn KMU erhalten bis zu 80 Prozent erstattet.
Schnelle Entscheidungsprozesse
„Wir hatten zunehmend Situationen, in denen Entscheidungen verlangsamt und erschwert wurden“, sagt Jan Saathoff, Organisationsentwickler bei Seibert Media, einem Softwarehersteller und IT-Dienstleister in Wiesbaden. „Wir sind ein voll agiles Unternehmen. Wir überprüfen uns ständig: Inspect und Adapt sind unsere DNA.“ Ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortung sind gelebter Alltag. In der Produktentwicklung wird mit agilen Methoden wie Scrum und Kanban gearbeitet. Hierarchien sind abgeschafft, man arbeitet auf Augenhöhe. Alle haben ein Mitspracherecht. Bei 230 Mitarbeitenden und täglich neu hinzukommenden KollegInnen eine Herausforderung. „Je mehr Leute, desto mehr Ideen und Meinungen“, erzählt Jan Saathoff, „wir brauchten einen Plan.“
Da kam die Unterstützung durch unternehmensWert:Mensch gerade recht. Häufig war nicht klar, wer wann welche Entscheidungen treffen kann, soll oder darf. Oft hatten die Lauten das Sagen. Nach der obligatorischen uWM-Erstberatung entwickelten Jan Saathoff und ein Team gemeinsam mit uWM-autorisierten ProzessberaterInnen ein stimmiges, ganzheitliches Maßnahmenprogramm. Im Mittelpunkt standen die Themen Personalführung, Kompetenzvermittlung und Gesundheit.
Workshops zu den Themen „Kollegiale Führung, achtsames Führen, Teamführung, Meetings leiten, Verhandlungskompetenz und Konfliktmoderation“ machten die Mitarbeitenden fit. „Jeder, der wollte, konnte teilnehmen. Insgesamt haben wir rund 100 Leute geschult.“ Mithilfe der ProzessberaterInnen wurden Prozesse und Rollen entwickelt oder verbessert und stabile Strukturen eingeführt, die unter anderem schnellere Entscheidungen ermöglichen.