Wie der Mittelstand gesellschaftliche Verantwortung übernimmt

Zwei Mitarbeiter von Gundlach Bau und Immobilien erzählen, wie sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vereinbaren lassen.


11.09.2019 - Birte Schmidt -4 MinutenArbeitswelt gestalten

Zwei Mitarbeiter des hannoverschen Familienunternehmens Gundlach Bau und Immobilien erzählen, wie Corporate Social Responsibility bei ihnen gelebt wird – und warum das Unternehmen allein schon vom Bewerbungsprozess für den CSR-Preis profitiert hat.

Bei Gundlach Bau und Immobilien ist man überzeugt: Wenn die Firmenkultur stimmt, übernehmen die Mitarbeiter gerne gesellschaftliche Verantwortung. Für sein Engagement wurde das 220 Mitarbeiter starke mittelständische Unternehmen 2017 mit dem CSR-Preis der Bundesregierung ausgezeichnet. Im Interview erzählen der technische Leiter des Wohnungsbauunternehmens und Ökologiebeauftragte Franz Gerbens und der Marketingverantwortliche Frank Scharnowski, wie sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit in dem Familienunternehmen vereinbaren lassen.

Faktor A: Herr Gerbens und Herr Scharnowski, es ist zehn Uhr, wie sah Ihr bisheriger Arbeitstag aus?

Frank Scharnowski: Wir kommen gerade von einer firmeninternen Infoveranstaltung zu gutem und erholsamem Schlaf. Wir haben regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Gesundheit. Zweimal im Jahr findet ein Gesundheitstag statt, in jedem Quartal gibt es einen Vortrag. Außerdem gibt es diverse Sportangebote, sogar während der Mittagspause, und heute Abend nehmen Franz Gerbens und ich mit vielen Kollegen am Firmenlauf teil.

Das klingt spannend. Sind wir damit bereits mittendrin im Thema CSR?

Scharnowski: Ja, auf jeden Fall. Verantwortliche Unternehmensführung hat für uns viele Facetten. Wir wollen unseren Mitarbeiter sehr gute Arbeitsbedingungen bieten, die sie motivieren, lange bei uns zu bleiben und viel Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört auch Gesundheitsmanagement. Ein achtsamer Umgang mich sich selbst trägt zur Motivation bei, beugt Krankheiten vor und das Miteinander jenseits vom Berufsalltag wirkt sich positiv auf unsere Unternehmenskultur aus.

Gundlach Bau und Immobilien ist der aktuelle Preisträger des CSR-Preises der Bundesregierung, für den sich Unternehmen ab dem 1. September wieder bewerben können. Warum haben Sie damals teilgenommen?

Scharnowski: Die Themen CSR und Nachhaltigkeit haben bei uns eine jahrzehntelange Tradition. Wir sind immer bemüht, Dinge noch besser zu machen. Schon der Bewerbungsprozess hat uns dabei geholfen, noch einmal ganz genau hinzuschauen, was wir in diesen Punkten im Unternehmen schon erreicht haben und wo es noch Entwicklungspotenzial gibt. Dafür haben wir die Geschäftsführung und auch die Abteilungsleiter einbezogen. Dass wir den Preis gewonnen haben, war für uns natürlich eine tolle Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Erzählen Sie doch mal, wie Nachhaltigkeit bei Ihnen gelebt wird!

Franz Gerbens: Wichtig ist uns, dass die Mitarbeiter Verantwortung für die Umwelt übernehmen. Dafür gibt es beispielsweise ein Ökologieteam, das sich aus Kollegen aller Unternehmensbereiche und über alle hierarchischen Stufen hinweg zusammensetzt. Die Mitarbeiter nutzen die Möglichkeit, sich während ihrer Arbeitszeit, gleichzeitig aber auch neben ihrer eigentlichen Arbeit ökologisch einzubringen. Gerade haben wir aus diesem Team heraus ein Recyclinghaus gebaut. Unser Ziel war es dabei, ein Haus ausschließlich aus recycelten oder recyclingfähigen Materialien zu fertigen. Somit ist aus der Eigenmotivation der Mitarbeiter etwas entstanden, das am Ende der Umwelt zugutekommt.

Sie haben schon angesprochen, dass CSR eine lange Tradition bei Ihnen hat.

Gerbens: So ist es. Wir haben zum Beispiel zu den ersten Unternehmen gehört, die einen Nachhaltigkeits- und Ökologiebericht geschrieben haben, noch lange bevor das zum Trend wurde. Die Themen waren sehr früh in den Unternehmenszielen verankert, was ein Glücksfall für uns ist, weil eine solche Entwicklung Zeit braucht.

Das zieht sicherlich auch im Wettbewerb um die besten Fachkräfte, oder?

Frank Scharnowski von Gundlach Bau
© Gundlach Bau<br /><br />Franz Gerbens

Scharnowski: Ja, tatsächlich bekommen wir in fast jedem Vorstellungsgespräch die Rückmeldung, dass unsere Werte ein Grund für die Bewerbung waren. Wir gewinnen unsere Mitarbeiter nicht über hohe Gehälter, sondern über Familienfreundlichkeit, flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Angebote, Vertrauensarbeitszeit, umfangreiche Gesundheitsangebote, Betriebsausflüge und ein tolles Arbeitsumfeld, zu dem auch eine Dachterrasse, ein Sportraum und eine eigene Kita gehören. Ein hoher Anteil der neuen Mitarbeiter kommt auf Empfehlung von Kollegen zu uns.

Viele Unternehmer haben eine gewisse Scheu, sich die Nachhaltigkeit zu sehr auf die Fahnen zu schreiben – zumeist aus der Angst heraus, dass diese der Wirtschaftlichkeit des Betriebes entgegenstünde. Wie stehen Sie dazu?

Gerbens: Wirtschaftlichkeit ist Teil der Nachhaltigkeit. Wir sehen es so, dass sich beide auf mittlere Sicht gegenseitig bedingen. Manchmal ist sie aber auch ein echter wirtschaftlicher Vorteil. Für uns als Bau- und Immobilienunternehmen ist es beispielsweise sehr wichtig, Grundstücke zu bekommen. Es kommt vor, dass wir den Zuschlag bekommen, weil wir nachhaltig agieren. Besonders für Privatleute ist es wichtig, dass sie mit gutem Gefühl an uns verkaufen.

Sicherlich hat die Jury des CSR-Wettbewerbes aber auch Nachbesserungspotenzial gesehen, oder?

Scharnowski: Das war vor allem in zwei Punkten der Fall. Der eine war das Thema Frauen in Führungspositionen. Das lässt sich zwar nicht allzu schnell umsetzen, weil die Fluktuation gerade in den Führungspositionen nicht so hoch ist, aber inzwischen beschäftigt unser Unternehmen mehr Frauen in Leitungspositionen. Unter anderem ist eine Frau als Prokuristin Chefin des Baubereichs geworden – das ist für die Branche vermutlich eher ungewöhnlich. Das zweite Thema war der Anteil von Menschen mit Behinderung, der bei uns relativ niedrig ist.

 

Was sind denn derzeit die größten Herausforderungen für Gundlach?

Frank Scharnowski von Gundlach Bau
©Gundlach Bau<br /><br />Frank Scharnowski

Gerbens: Wir wünschen uns bezahlbares Bauen und Wohnen, und an der Front kämpfen wir massiv. Beispielsweise haben wir uns gefragt, was Wohnen eigentlich lebenswert macht. Und die Erkenntnis dabei war: Nicht die riesige Wohnung schafft Lebensqualität, sondern die Umgebung, wie zum Beispiel die Nachbarn. Daraus abgeleitet haben wir Wohnungen gebaut, die kleiner als marktüblich waren, weil wir beispielsweise auf ein Gästezimmer verzichtet haben. Stattdessen haben wir in jedem Haus ein bis zwei Gemeinschafts-Gästezimmer gebaut, und auch darüber hinaus gibt es weitere Dinge, die geteilt werden. Das ist für alle Parteien günstiger.

Und was sind Ihre nächsten Ziele?

Gerbens: Gute Frage, wir haben so viele. Neben all dem, was mit der Digitalisierung an Veränderungen auf uns zukommt, wollen wir zukünftig vor allem so bauen, dass wir möglichst wenig Ressourcen verbrauchen. Das fängt mit dem Ort an, an dem die Häuser entstehen und an dem die Mobilität gewährleistet sein sollte. Gleichzeitig spielt der Energieverbrauch und die Verwendung von recycelten Baustoffen der Häuser eine große Rolle. Daneben stecken wir viel Energie in soziale Wohnungsprojekte und sind dabei, noch mehr Wohnraum für ehemals Obdachlose und Frauen in Not zur Verfügung zu stellen. Dabei ist uns besonders wichtig, dass diese Projekte auch langfristig funktionieren.

 

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Titelfoto: ©Dreamcreation/Shutterstock