01.06.2022 - Per Horstmann -4 MinutenArbeitswelt gestalten
Die steigenden Energie- und Benzinpreise, die unsichere Versorgungslage und nicht zuletzt der Klimawandel: Es gibt genug Gründe, die betriebliche Mobilität neu zu gestalten. Dabei denken viele Menschen zuerst an E-Autos, die oft mit zusätzlichen Kosten für die Arbeitgebenden verbunden sind. Doch eine Mobilitätsforscherin kennt Wege, die die betriebliche Mobilitätswende auch ohne großen finanziellen Mehraufwand voranbringen – und die damit auch für kleine und mittelständische Betriebe einfach umsetzbar sind.
„Wichtig ist erst einmal, dass Firmen das betriebliche Mobilitätsmanagement als ihre Aufgabe begreifen“, sagt Anne Klein-Hitpaß. Sie ist Leiterin des Forschungsbereichs Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin. Ist diese Grundlage gegeben, gebe es viele verschiedene Konzepte, die Arbeitswege der Angestellten nachhaltiger zu gestalten. Sie weist darauf hin, dass vor allem der Pendelverkehr ein großes Problem darstelle, denn er macht einen beträchtlichen Teil des CO2-Ausstoßes aus. Deshalb liege dort auch der wichtigste Anknüpfungspunkt: „Anstelle des Autos gibt es andere Möglichkeiten, zur Arbeit zu kommen. Und wo das Auto unbedingt nötig ist, lassen sich Wege durch Mitfahrgelegenheiten bündeln.“
Diese anderen Wege sind für Klein-Hitpaß vor allem der ÖPNV und Fahrräder. Das Argument, dass es in ländlichen Regionen oft nur einen unzureichenden ÖPNV gibt, lässt sie gelten – nicht jedoch, dass man deshalb automatisch auf das Auto angewiesen sei. Denn 29 Prozent der Arbeitswege seien kürzer als fünf Kilometer, 20 Prozent lägen zwischen fünf und zehn Kilometern – zusammengerechnet ist das also fast die Hälfte aller Arbeitswege. Und hier könnten elektrisch unterstützte Fahrräder wie Pedelecs ein Gamechanger sein, sagt Klein-Hitpaß: „Selbst bei Wegen bis 15 Kilometern wird das Pedelec so zu einer attraktiven Alternative zum Pkw – denn ich habe so immer Rückenwind.“
Mobilitätsgutschein statt Dienstwagen
Wo es einen ÖPNV gibt, können Arbeitgeber:innen ein Job-Ticket als Incentive bei Neuanstellungen oder Lohnerhöhungen anbieten. So haben Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit, kostenlos und mit nachhaltigen Alternativen zur Arbeit zu kommen. Und vor allem schlägt Klein-Hitpaß vor, neben dem Dienstwagen auch andere Möglichkeiten aufzuzeigen: „Oft ist der Aufstieg in eine bestimmte Gehaltsstufe mit einem Dienstwagen verbunden. Stattdessen könnten Arbeitgeber:innen einen Mobilitätsgutschein ausstellen.“ Diesen könnten die Arbeitnehmer:innen dann frei für ein Beförderungsmittel ihrer Wahl verwenden. „Statt des Autos kaufen sich die Menschen dann vielleicht das teure E-Bike, das sie sonst nicht angeschafft hätten. Oder sie buchen eine BahnCard 100.“ Diese Möglichkeiten überhaupt zu eröffnen, könne schon viel bewirken, sagt Klein-Hitpaß.
Gerade beim Fahrrad spielt neben den ökologischen Aspekten auch die Gesundheit eine große Rolle. „Wer häufig mit dem Rad fährt, ist seltener krank“, sagt Klein-Hitpaß. Und wenn ein niedriger Krankenstand herrscht, wirkt sich das auch betriebswirtschaftlich positiv aus.