Jonas Rein: Liebe Hörerinnen und Hörer, unser heutiger Gast im Faktor A Podcast ist Gründerin und Geschäftsführerin Frederike Probert. In den vergangenen 20 Jahren machte sie sich als erfolgreiche Unternehmerin in der digitalen Industrie und als Technologieexpertin einen Namen. Mit Mission Female bietet sie seit Anfang 2019 ein brancheübergreifendes Netzwerk für Managerinnen und Fachexpertinnen, in dem der persönliche, vertrauliche und verbindliche Austausch im Fokus steht. Privat lebt Probert mit ihrem Mann und Hund Fiete in Hamburg und in den USA. Sie ist passionierte Cross-Golferin, reist gerne um die Welt, isst am liebsten spanische Tapas zu einem guten Glas Rotwein und hat – trotz aller Klischees – eine bedenkliche Schwäche für Schuhe. Herzlich willkommen im Faktor A Podcast, Frau Probert.
Frederike Probert: Herzlichen Dank!
Jonas Rein: Sie sind Gründerin von Mission Female, einem Wirtschaftsnetzwerk für Frauen. Wie kam es zu dem Netzwerk und welche Ziele werden verfolgt?
Frederike Probert: Oh, ich könnte jetzt unglaublich weit ausholen. Ich versuche es mal kurz zu fassen, denn wir haben ja nicht ganz so viel Zeit. Ich komme ursprünglich aus einer sehr männerdominierten Branche, nämlich der Technologieindustrie für die Digitalwirtschaft und war dort 20 Jahre lang tätig. Entweder für große amerikanische Konzerne oder für Start ups, die ich dann aus den USA nach Zentraleuropa und insbesondere Deutschland gebracht habe. Ich habe auch meine eigenen Unternehmen in dem Bereich gegründet und ich war immer und überall die einzige Frau. Und das habe ich in den ersten Jahren meiner Karriere gar nicht gemerkt und ich habe es auch gar nicht registriert. Wo es für mich dann aber fast schon kritisch wurde, war tatsächlich in den oberen Entscheidungsebenen im Management, wo ich auf einmal immer überall die einzige Frau war, und mich gefragt habe, warum. Und daraus ist dann Mission Female entstanden aus der Grundidee heraus, dass es viele tolle Frauen gibt, die auch in der Situation sind, dass sie immer und überall die einzige sind, am Besprechungstisch oder auf den Konferenzen. Und genau das verändern wir ganz aktiv mit Mission Female, indem wir Entscheiderinnen zusammenbringen aus unterschiedlichen Branchen und uns gemeinsam dann Aktionen und Initiativen überlegen, wie wir die Gesamtheit von Frauen in der Wirtschaft, in Politik, Gesellschaft, Medien, aber auch Kultur erhöhen können, um entsprechend auch mehr Einfluss zu bekommen.
Jonas Rein: Wie gehen Sie dabei vor? Was gibt es denn in der Praxis für Möglichkeiten, Frauenkarrieren zu stärken?
Frederike Probert: Ganz, ganz viele aus unterschiedlichen Perspektiven, also insbesondere natürlich in der Politik. Wenn wir jetzt mal das Thema Frauenquote zum Beispiel ansprechen, oder das Führungspositionengesetz, was eher in Richtung Aufsichtsrats- und Vorstandsbbesetzung geht. Ich glaube, der politische Rahmen ist eine gute Voraussetzung, um dieses Ziel zu verfolgen. Die Unternehmen und Arbeitgeber können natürlich auch sehr, sehr viel machen, um Positionen paritätisch zu besetzen und auch dafür zu sorgen, dass Teams sehr divers und heterogen aufgestellt sind. Denn am Ende des Tages – das dürfen wir nicht vergessen – beweisen Studien, dass heterogene Teams einfach am besten funktionieren und die besten Ergebnisse liefern. Und darauf kommt es am Ende des Tages auch an.
Jonas Rein: Warum wird denn aus Ihrer Erfahrung der Weg nach ganz oben Frauen oft versperrt?
Frederike Probert: Ich glaube, es ist gar nicht eine aktive Versperrung. Es ist einfach ein kontinuierlicher Prozess, wie wir insbesondere auf den entscheidenden Ebenen im Management oder in der Geschäftsführung mehr Frauen positionieren können. Es gibt in den unterschiedlichen Karriere Phasen, gibt es unterschiedliche Begründungen? Ich glaube zum Beispiel, wenn Frauen anfangen im Job, die kommen vielleicht von der Uni oder aus der Ausbildung und positionieren sich in den ersten fünf bis acht Jahren in den Jobs, machen sie häufig den Fehler, dass sie zu fleißig sind. Das mag natürlich aus Arbeitgeberperspektive jetzt suboptimal klingen, aber am Ende des Tages ist es so, weil viele männliche Kollegen dann in den jüngeren Berufsjahren die Ressourcen auf das Netzwerken, Aufbau von Allianzen, Ausweitung des Kontaktnetzwerks investieren und Frauen immer denken, sie würden dann über die Leistung endlich mal gesehen werden und machen dann abends häufig eher die Ablage als vielleicht mit Kolleg:innen sich zu vernetzen. Das ist zumindest in der Anfangsphase von vielen Frauen noch ein Grund oder ein Baustein für die zukünftige Karriere.
Jonas Rein: Was sind denn die größten Hürden für weibliche Führungskräfte?
Frederike Probert: Ich nenne es mittlerweile den Exotinnenmalus zu eliminieren, nämlich genau dieses Phänomen, dass… Die hard facts sind klar, es gibt weniger Frauen als Männer in den entscheidenden Positionen, wenn wir gerade in Richtung Vorstand und Aufsichtsrat gehen, insbesondere. Und es geht darum, auch in der medialen Wirkung nicht immer darzustellen, dass es etwas ganz besonderes ist, dass eine Frau es jetzt geschafft hat. Ja, ich nenne mal ganz gerne das Beispiel von Jennifer Morgan und SAP, was ja jetzt nicht unbedingt eine Erfolgsstory war, denn innerhalb der Covid-Krise gab es dann Jennifer Morgan auf einmal nicht mehr in der Führungsriege. Aber letztendlich ist es ein schönes Beispiel dafür, dass, wenn Frauen sehr erfolgreich sind in dem, was sie tun, immer über ihr Geschlecht dargestellt werden. Dann ist man die reißerische Story: Oh, da ist eine Frau in der Geschäftsführung. Und genau das gilt es einfach zu neutralisieren. Denn am Ende des Tages geht es darum, was die Personen leisten in ihrem Job und dass sie einfach sehr, sehr gut sind in dem, was sie tun. Und da sollte es egal sein, ob es Männer oder Frauen sind.
Jonas Rein: In Deutschland lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Jahr 2021 bei gerade einmal 24,6 Prozent. Was muss aus Ihrer Sicht passieren, dass dieses Ungleichgewicht der Vergangenheit angehört?
Frederike Probert: Da können ganz, ganz viele Beteiligte an einem Strang ziehen. Also zum einen sollten nicht nur die Politiker entsprechend die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, aber auch die Unternehmen eine Atmosphäre, eine Unternehmenskultur schaffen, in denen es normal ist, für Frauen auch Karriere zu machen und wo es intrinsisch motiviert, einfach auch vollkommen klar ist, dass einfach diejenigen, die den Job am besten machen, miteinander arbeiten und dementsprechend auch aufsteigen. Dann gibt es auch etwas, was natürlich die Einzelperson machen können. Ich glaube sehr, sehr stark daran, dass die Karrieren über die jeweiligen Netzwerke, über die man verfügt, getrieben werden. Und je größer das Netzwerk und je qualitativer das Netzwerk auch ist, mit unterschiedlichen Kontakten auch außerhalb der Branche, zum Beispiel, mit unterschiedlichen Expertisen, desto schneller kommt man auch nach oben und ist auch erfolgreicher. Sich immer nur auf die Leistung zu verlassen, zieht da leider nicht langfristig.
Jonas Rein: Wenn man abermals die Statistik bemüht, fällt einem auf, dass sich Deutschland im Tabellenkeller Europas wiederfindet, wenn es um die Besetzung von weiblichen Führungskräften geht. Haben Sie Insights, warum in Serbien, Litauen, Polen oder Bulgarien es Frauen einfacher haben, Führungspositionen einzunehmen?
Frederike Probert: Ich glaube, diese Länder waren einfach schneller, was gesetzliche Vorgaben angeht. Also die Frauenquote gibt es ja auch noch gar nicht so lange. Insbesondere im Vorstand und im Aufsichtsrat kommen jetzt erst die entsprechenden Regulierungen politischer Natur zum Tragen. Das heißt, die anderen Länder haben, in dem sie viel, viel schneller reagiert haben, Deutschland gegenüber einen Vorsprung und Veränderung dauert immer Zeit. Das ist leider so, auch wenn ich sehr ungeduldig bin. Aber es dauert nun mal, bis man Implikationen von gesetzlichen Änderungen sieht. Und gerade im Bereich von Besetzung von Führungspositionen ist das natürlich auch der Fall. Und da haben die anderen Länder einfach einen Vorsprung uns gegenüber.
Jonas Rein: Sie waren in den USA bei AOL, Yahoo und Microsoft. Wie gelang es Ihnen, eine Karriere in einer männerdominierten Branche wie der Digitalwirtschaft hinzulegen?
Frederike Probert: Ich habe mir da nie Gedanken drüber gemacht. Ich habe einfach Spaß gehabt an dem, was ich dort tue. Und an den Projekten und Aufgaben bin ich dann auch gewachsen und dann letztendlich auch mit den Positionen, die immer höher wurden. Das hat mich herausgefordert. Es hat mir Spaß gemacht und ich bin sehr karriereambitioniert schon immer gewesen. Das heißt, mein Ziel war es sowieso schon immer erfolgreich zu sein. Insofern passte das und ich habe dieses Thema Männerdominanz in meiner Branche gar nicht gemerkt. In den ersten Jahren, also gerade als ich angefangen habe zu arbeiten oder auch im mittleren Management nicht. Aber dann, wie gesagt, in den Geschäftsführerpositionen, in Managementpositionen war es für mich ganz klar. Und es ist mir deutlich geworden, dieser Moment, als ich von Konferenzveranstaltern angefragt wurde, die wollten, dass ich auf der Bühne zu einem bestimmten Thema spreche, aber mit der Argumentation, dass sie noch keine anderen Frauen auf der Bühne haben. Okay. Und das fand ich natürlich persönlich jetzt nicht so unbedingt charmant, aber am Ende des Tages macht man es trotzdem. Letztendlich ist ja eine Bühnenpräsenz auch eine entsprechende Reichweite und Sichtbarkeit, die auch wieder wichtig ist für die Karriereentwicklung. Aber ich wollte das aktiv angehen, dieses Thema. Warum entsprechend immer nur so wenige Frauen in den Fachbereichen so präsent und sichtbar sind.
Jonas Rein: Ja, man gibt ja auch bestimmt einen anderen Frauen Mut sowas auch zu machen.
Frederike Probert: Genau richtig. Also Vorbilder sind natürlich ganz, ganz wichtig, weil man sich Vorbilder für die eigene Karriereplanung vornimmt. Aber auch grundsätzlich, medial ist es wichtig, erfolgreiche Frauen zu zeigen. Und dann auch wieder zu dem ersten Punkt: Nicht weil sie eine Frau sind, dass es eine Schlagzeile ist, sondern dass sie einfach sehr, sehr gut sind in dem, was sie tun. Und das es normal ist, dass eine Frau auch in der Führungsebene ist.
Jonas Rein: Wie unterscheidet sich denn das Arbeiten in einer Führungsposition in der USA im Vergleich zu Deutschland?
Frederike Probert: Das ist sehr maßgeblich, natürlich von der Person abhängig, aber auch von den Unternehmen. Ich glaube aber auch, dass wir dort aus einem rein kulturellen Hintergrund her eine andere „attitude“ haben, wie die Amerikaner sagen. Also da wird es gar nicht so prägnant überhaupt thematisiert. Da macht man sich gar nicht unbedingt so Gedanken darüber, wie viele Frauen auch im Management sind. Da ist es einfach Gesetz und es ist normal. Und ich glaube, es ist auch, um da ein bisschen tiefer zu gehen, einfach sehr kulturell verankert bei den Amerikanern, weil sie aus unterschiedlichen Nationen, Nationalitäten ja eigentlich generisch gekommen sind und es gewohnter sind als Europäer divers miteinander zu arbeiten. Und insofern ist das Geschlechtsthema ob Frau oder Mann letztendlich innerhalb des Schlagworts Diversität und auch dem Erfolg eines Landes, was sehr unterschiedlich aufgestellt ist, geschuldet.
Jonas Rein: Gibt es etwas, das Sie gerne Arbeitgebern sagen möchten, um diese zu ermutigen, Frauen mehr Chancen zu geben?
Frederike Probert: Bringt sie mit an den Tisch und beachtet sie auch für die entsprechenden Positionsbesetzungen, wenn es darum geht, neue Positionen zu besetzen oder innerhalb des Unternehmens neue Positionen zu schaffen. Geht einfach ganz autark und authentisch davon aus, dass natürlich auch Frauen in Erwägung gezogen werden müssen. Was gar nicht geht, in meinen Augen, sind eigene Initiativen innerhalb des Unternehmens nur für Frauen, die dann auch wieder Männer exkludieren. Wo dann in meinem Worst-Case-Szenario am Abend Feierabend-Prosecco-Veranstaltung im Forum veranstaltet wird für Frauen. Das ist für mich ein schlechtes Beispiel, um Frauen zu fördern, denn das tut genau das Gegenteil. Man schiebt Frauen wieder in eine Sonderrolle, in eine Position, wo sie nicht hingehören.
Jonas Rein: Sie sind Geschäftsführerin, Buchautorin, Speakerin, Investorin und Board Member in Unternehmen und Initiativen. Wie bekommt man all diese Tätigkeiten bestmöglichst unter einen Hut?
Frederike Probert: Mit guter Organisation (lacht). Dann geht es. Ich bin grundsätzlich eine Person, die sich sehr schnell langweilt, wenn ich nicht viele unterschiedliche Projekte auf dem Tisch habe. Es ist einfach in meiner DNA und ich glaube, das spiegelt sich auch einfach in meinem Lebenslauf wider. Viele unterschiedliche berufliche Situationen habe ich ausprobiert, in unterschiedlichen Ländern, als Unternehmerin, als Angestellte. Und ich glaube aber, dass die die Vielzahl der Erfahrungen, die man macht, aus diesen unterschiedlichen Positionen, dazu führt, dass man versteht, was man gut kann und was einem liegt und wo man auch erfolgreich dran ist. Und darauf habe ich mich dann in den letzten Jahren als Unternehmerin konzentriert. Und da ist dieser bunte Blumenstrauß aus genau dem, was Sie gerade gesagt haben, entstanden, was aber für mich die perfekte Kombination ist.
Jonas Rein: Ja wahrscheinlich dann auch diese Abwechslung, da ist diese Eintönigkeit nicht vorhanden.
Frederike Probert: Ganz genau richtig.
Jonas Rein: Ja, dann kommen wir jetzt zu unserer beliebten Rubrik „Die berühmten letzten Worte.“
Frederike Probert: Das hört sich ja dramatisch an.
Jonas Rein: Ist es aber gar nicht. Ich starte einen Satz, den Sie beenden, Frau Probert. Und dann geht es jetzt auch schon los.
Frederike Probert: Okay, auf geht’s.
Jonas Rein: An meinem Job mag ich am meisten, dass
Frederike Probert: ich selber entscheiden kann.
Jonas Rein: Wenn ich mal ein Motivationsloch habe, dann hilft es mir
Frederike Probert: mich mit anderen auszutauschen.
Jonas Rein: Im Berufsleben hätte ich gerne von Anfang an gewusst, dass
Frederike Probert: Frauen es schwerer haben als Männer und dass man sich anders positionieren muss.
Jonas Rein: Zuletzt beeindruckt hat mich.
Frederike Probert: Ich muss kurz überlegen, es gibt so viele Sachen gerade… Zuletzt beeindruckt hat mich das aktive Engagement von den Frauen im Mission Female Netzwerk für Unternehmerinnen. Sie haben sich nämlich dafür verschrieben, für ein Jahr Unternehmerinnen als Mentorinnen zu begleiten.
Jonas Rein: Und früher wollte ich eigentlich was ganz anderes werden, nämlich.
Frederike Probert: Tierärztin.
Jonas Rein: Ist ja auch sehr lobenswert.
Frederike Probert: Es ist irgendwie nicht dazu gekommen.
Jonas Rein: Frau Probert, besten Dank für das Gespräch!
Frederike Probert: Ich danke Ihnen. Vielen Dank!
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