12.11.2024 - Matthias Haft -5 MinutenArbeitswelt gestalten
Viele Unternehmen müssen innovativ sein, um sich am Markt behaupten zu können. Doch die alltäglichen Arbeitsbedingungen und -methoden sind meist wenig förderlich für den kreativen Prozess. Mit welchen Strategien Sie als Arbeitgeber Innovationen einen Schub geben können, lesen Sie bei Faktor A.
Wenn Menschen an Innovation und Erfindung denken, haben sie oft unwillkürlich ein ganz bestimmtes Bild des Genies im Kopf, wahlweise jung oder alt, stets männlich. Da sitzt der dreijährige Mozart am Klavier. Goethe und sein literarisches Alter Ego Faust wandern unruhig durch die Studierstube. Einstein revolutioniert quasi im Alleingang die Physik. Und in den USA läuten Bill Gates, Steve Jobs und Co. in ihren Garagen das Informationszeitalter ein. So tradiert das Bild des Genies ist, so falsch ist es auch. Innovation ist in den allermeisten Fällen eine Gemeinschaftsleistung, bei der verschiedene Kenntnisse und Fähigkeiten zusammengeführt werden.
Was etwas nüchtern klingen mag, ist tatsächlich eine gute Nachricht – auch für Sie als Arbeitgeber, wenn Sie Innovationen in Ihrem Unternehmen fördern wollen. Sie müssen mit Ihren Recruiting-Maßnahmen nicht den nächsten Steve Jobs finden. Welche Aussicht auf Erfolg hätte so ein Unterfangen schon? Stattdessen müssen Sie lediglich Mitarbeitende finden, die im Team funktionieren. Selbst das kann natürlich zur Herausforderung werden.
Innovationsstandort Deutschland
Allen Unkenrufen zum Trotz findet in Deutschland viel Innovation statt. Wie der Bundesbericht Forschung und Innovation 2024 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) festhält, werden in Deutschland jährlich so viele weltmarktrelevante Patente pro Kopf angemeldet wie in nur wenigen anderen Ländern: 383 im Jahr 2021 pro 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner. Im EU-Schnitt sind es nur 171. In China liegt der Wert bei 52, in den USA bei 205. Aber es gibt auch Länder, in denen noch mehr innovative Patente angemeldet werden. Spitzenreiterin ist die Schweiz, mit 657 Patenten pro 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner.
Zum Gesamtbild gehört aber auch, dass Deutschland in den vergangenen 15 Jahren eine leicht rückläufige Tendenz bei den Patentanmeldungen verzeichnet. Für einen Industriestandort verblüffend: Der Anteil von Patenten der forschungsintensiven Industrie an allen Patentanmeldungen bleibt recht deutlich hinter dem außereuropäischen Wettbewerb zurück. Und so sank der Welthandelsanteil mit forschungsintensiven Waren aus Deutschland in elf Jahren um mehr als zwei Prozentpunkte auf zuletzt etwas unter zehn Prozent.
5 Tipps, um im Unternehmen Innovationen zu fördern
Innovation zu fördern heißt also letztlich, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu fördern. Nur so kann relevante Technologie von Morgen mitgestaltet werden. Nur so lassen sich wirtschaftliche Abhängigkeiten vermeiden. Und auch im Kleinen ist Innovativität ein wichtiger Faktor für jedes Unternehmen: Innovation ermöglicht Wettbewerbsvorteile und sichert kreative Fachkräfte, etwa aus dem MINT-Bereich.
Gründe genug also, um sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Unternehmen Innovationen fördern können. Faktor A hat deshalb fünf Tipps zusammengestellt, die Ihnen und Ihrem Unternehmen dabei helfen können, innovativ zu sein.
Tipp 1: Sorgen Sie für die nötigen Grundlagen!
Obwohl nicht abschließend geklärt ist, was Kreativität eigentlich ist, kann man sich gut darauf einigen, dass Kreativität die Fähigkeit ist, Neues zu schaffen. Denkt man betriebswirtschaftlich, sollte dieses Neue auch noch nützlich sein und gebraucht werden, letztlich einen Markt haben. Um Neues schaffen zu können, das gebraucht wird, muss Wissen dazu vorhanden sein, was nicht neu ist oder was nicht gebraucht wird. Das Wissen um die Lücken, in denen etwas Neues entstehen kann, ist unerlässlich. Eine wichtige Grundlage, die Sie im Unternehmen daher schaffen sollten, ist die Vernetzung von Personal, das dazu beitragen kann, diese Lücken zu identifizieren. Womöglich sind das nicht immer nur diejenigen Mitarbeitenden, die bisher mit der Produktentwicklung betraut waren. Vielleicht können hier auch Kolleginnen und Kollegen aus dem Marketing helfen, die die Zielgruppen besonders gut kennen. Oder das Kundenservice-Team hat sich, nachdem es immer wieder die gleichen Beschwerden von Kundinnen und Kunden gehört hat, Gedanken gemacht, die es gern teilen möchte.
Kreativität kommt nicht auf Kommando. Ideen kann man nicht erzwingen. Und der Heureka-Moment wird sich nicht unbedingt in den fünf Minuten zwischen zwei Meetings einstellen, nur weil man angestrengt über Innovationen nachdenkt. Es braucht Zeiten, in denen sich Mitarbeitende für den kreativen Prozess herausziehen können – immer dann, wenn die Muse anklopft. Nehmen sich Mitarbeitende die Zeit für kreative Arbeit, sollten sie dafür jedoch nicht „bestraft“ werden, indem sie anschließend für ihr Tagesgeschäft zu wenig Zeit übrig haben. Kreative Arbeit ist ebenso kein Grund für Überstunden. In Ihrer Personalplanung sollten Sie also Puffer für kreative Arbeitsphasen von vornherein einplanen. Wie wäre es zum Beispiel damit, einfach für alle Mitarbeitenden pauschal ein paar Stunden in der Woche für Kreatives zu blocken? Und damit ist nicht nur gemeint, der Belegschaft das Recht auf Kreativblöcke einzuräumen. Was zählt, ist, dass Sie auch ermöglichen, dass die kreative Arbeit wahrgenommen werden kann: Überlastetes Personal, das vor lauter To Dos und Doppelbelastungen nur mit Mühe durch den Arbeitstag kommt, wird weder Zeit noch Motivation aufbringen, kreativ tätig zu werden.
Tipp 2: Schaffen Sie kreative Räume!
Selbst wenn man die Zeit für kreative Arbeit hat, bietet der eigene Arbeitsplatz oft keine förderliche Atmosphäre. Und auch Vernetzung funktioniert von da aus nicht so gut. Deshalb sollten Arbeitgeber, die von Innovationen leben, kreative Räume schaffen. Diese Räume laden zum gemeinsamen Experimentieren, Ausprobieren, Testen und Gestalten oder einfach zum Kennenlernen ein. Hier erfahren Kolleginnen und Kollegen, was die anderen tun, auf welche Probleme sie in ihrer Arbeit stoßen und welche sie lösen. All das kann schon der Beginn des kreativen Prozesses sein.
Tipp 3: Verzichten Sie auf zu viele Vorgaben!
Vorgaben schränken ein und können so Innovationen verhindern. Das heißt natürlich nicht, dass Sie als Arbeitgeber damit leben müssen, wenn Ihre Belegschaft vor lauter sprudelnder Kreativität an etwas bastelt, das nicht zu Ihrem Unternehmen passt. Aber sehr wahrscheinlich wird einfach kein kreatives Team so weit vom Weg abkommen, dass anstatt des anvisierten neuen Verpackungsdesigns plötzlich ein Raketenantrieb herauskommt. Ein gut funktionierendes Team reguliert sich selbst, trifft Entscheidungen gemeinsam, und beschränkt sich dadurch automatisch – und zwar an den richtigen Stellen.
Sicher spricht nichts dagegen, Mitarbeitende auch mal völlig frei und kreativ arbeiten zu lassen. Dann entwickeln die Kolleginnen und Kollegen vielleicht einen neuen betriebsinternen Prozess, obwohl Sie als Arbeitgeber bisher gar nicht wussten, dass der aktuelle schlecht läuft. Oder die bisher übliche Strategie fürs Onlinemarketing wird über den Haufen geworfen. Da können schöne Ergebnisse herauskommen. Aber insbesondere da, wo es um Ihr Kerngeschäft geht, sind sicher auch Leitplanken fürs Experimentieren hilfreich.
Tipp 4: Lassen Sie nur die richtigen Fehler zu!
Fehler gehören zum kreativen Prozess dazu. Nicht umsonst heißt es Versuch und Irrtum. Darauf weist Gary P. Pisano, Professor für Betriebswirtschaft an der Harvard Business School, in einem Essay hin. Für ihn gibt es zwei Arten von Fehlern. Die, die entstehen, weil man sich in unbekanntes Terrain vorwagt, und aus denen man lernen kann. Und die Fehler, die nicht toleriert werden sollten, z. B. weil sie durch Fahrlässigkeit zustande gekommen sind. Einen Fehler zweimal zu begehen, ist fahrlässig, da unnötig. Gehört also in die zweite Kategorie. Auch nicht durchdachte Designs oder fehlerhafte Analysen gehören in diese Kategorie von Fehlern.
Tipp 5: Würdigen Sie Engagement!
Sich in einem spannenden Innovationsprojekt beruflich verwirklichen zu können, mag für den einen oder die andere Ihrer Mitarbeitenden Lohn genug sein. Aber Engagement ist nicht selbstverständlich. Und sollte daher auch belohnt werden. Finanzielle Belohnung kann ein zusätzlicher Motivationsfaktor sein und eine innovationsfreundliche Belegschaft fördern. Belohnungen – etwa in Form von Boni – können also auch einen geschäftlichen Nutzen bringen. Aber eigentlich gehört es einfach zu einer wertschätzenden Unternehmenskultur, Anerkennung zu zeigen und auch mal Danke zu sagen.