03.11.2023 - Katja Feuerstein -4 MinutenArbeitswelt gestalten
Diesmal im Programm: eine Runde Jobtrends-Bingo. Faktor A hat für Sie die aktuellen Arbeitsmarkttrends durchleuchtet. Was Gespenster, Kissen und Dating damit zu tun haben, erfahren Sie im Beitrag.
Quiet Quitting, Job Ghosting & Co. – heute erhält jeder Modetrend ein schönes, englisches Buzzword. Dieser Trend hat auch den Arbeitsmarkt erfasst. In bekannter „Shitwoch“-Manier begrüßen wir Sie diesmal herzlich zu einer Runde Jobtrends-Bingo! Dazu hat Faktor A die derzeit nervigsten Jobtrends gesammelt. Das müssen Sie wissen. Kurbel los!
Die Top-Jobtrends
Diverse Arbeitsmarktrends lehren Arbeitgeber aktuell das Fürchten. Und das sind ausgerechnet jene, bei denen man nicht weiß, ob man lachen oder schreien soll. Also, Vorsicht!
1. Job Ghosting: Wenn Arbeitgeber Gespenster sehen
Die Geister, die ich rief, werde ich nicht wieder los. Schön wär’s! Bei diesem Jobtrend sehen Arbeitgeber ihre Auserwählten nur noch von hinten. Was beim Dating der absolute Alptraum ist, findet nunmehr Einzug ins Recruiting: Bewerbende werden laut Personaler*innen stetig unverbindlicher und springen einfach ab. Ob gleich am Anfang des Bewerbungsprozesses, nach dem ersten Job-„Date“ oder vor Stellenantritt. Sie erscheinen nicht, reagieren nicht auf Rückrufe oder Nachrichten, bleiben eine Erklärung schuldig. Sie lösen sich sprichwörtlich in Luft auf. Puff.
2. Rage Applying: Der Ballermann für Gefrustete
Was haben Ballerspiele und Bewerben gemeinsam? Wenn es nach Rage Applying geht, jede Menge. Da wird geballert, was das Zeug hält. Nur nicht mit Munition, sondern mit Bewerbungen. Aus Frust über die aktuelle Jobsituation ballern Beschäftigte wahllos eine nach der anderen raus. Nach dem Motto „Viel hilft viel“ und Hauptsache schnell weg hier. Qualität zweitrangig, Fehlschüsse inklusive. Aua.
3. Career Cushioning: Ein Kissen für alle Fälle
Kissen gefällig? Auch beim Carreer Cushioning finden sich Analogien zum Dating. In der Gewissheit, dass es da draußen unzählige Möglichkeiten gibt, halten sich Beschäftigte stets ein Hintertürchen offen. Ein Plan B für die Karriere sozusagen. Und, wenn Plan A versagt, fällt man trotzdem weich. Hach.
4. Jobhopping: Bäumchen wechsele dich
Ewige Treue? War gestern. Was früher noch verpönt war, ist heute normal geworden: Arbeitnehmende werden immer wechselwilliger. Blieben diese früher häufig ein Leben lang beim selben Arbeitgeber, halten Sie heute parallel die Augen offen, ob da nicht eventuell doch ein besseres Jobangebot auf dem Markt ist. Sie suchen aktiv nach Unternehmen, die ihnen angemessene Rahmenbedingungen bieten. Zudem wird von Arbeitgebern ein echtes Interesse an der Person erwartet. Mindestens. Sonst, hops.
5. Blind Signing: Die Katze im Sack
Und, wenn sie einmal hops gegangen… Bloß weg, das denken sich die Beschäftigten auch hier. Doch Frust macht ja bekanntlich blind. Da unterschreibt man gerne vorschnell und unüberlegt einen neuen Arbeitsvertrag, was einem hinterher mächtig auf die Füße fallen kann, wenn man merkt, dass es nicht passt. Für Arbeitgeber kostspielig und für beide Seiten maximal frustrierend. Womit wir wieder bei Punkt 2 und der Ballerei wären. Mi-Auh.
6. Bare Minimum Monday: Burnout-Prophylaxe zum Wochenstart
Nach einem harten Wochenende nur das Nötigste tun? Und das auf maximal zwei Stunden Arbeitszeit verteilen? Klingt zu schön, um wahr zu sein? Um diese ruhige Kugel schieben zu können, muss man vor allem eins sein: privilegiert. Denn in erster Linie profitieren hiervon Beschäftigte mit typischen Bürojobs oder solche, bei denen bestimmte Aufgaben auch mal zurückgestellt werden können. So lässt sich die Arbeitswoche wohltemperiert starten. Aber erzählen Sie das mal dem Feuerwehrmann oder der Feuerwehrfrau. Der Burner.
7. Job Crafting: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt
Der Job passt nicht? Dann wird er passend gemacht, ist hier die Devise. Jobplanung ist ja immer auch Lebensplanung. Und die hat gefälligst mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zusammenzupassen. Da wird der aktuelle Job so verändert, dass er optimal zur eigenen Persönlichkeit passt, etwa hinsichtlich der Arbeitszeit, Aufgaben oder Arbeitsbeziehungen. Pippi Langstrumpf lässt grüßen.
8. New Leadership: Ich backe mir meinen Chef
Backe, backe Kuchen. Was beim Job Crafting geht, funktioniert analog für die Führungsetage. Hier wird der Spieß einmal umgedreht: Denn Mitarbeitende entscheiden selbst, für welche Führungskraft sie arbeiten wollen. Ob der Kuchen immer aufgeht? Na, dann bitte mit Sahne.
9. Coffee Badging: Für einen Kaffee ins Büro
Einmal wisch und wieder weg ist hier die Devise. Da muss ein schneller Alibi-Kaffee mit den Kolleg*innen genügen. Und einmal Gesicht zeigen für den Chef dazu. Hybrid-Worker erscheinen gerade lange genug im Büro, um sich (mit ihrem Mitarbeiterausweis) einzuloggen, einen Kaffee zu trinken und am Arbeitsplatz gesehen zu werden – und kehren dann zur eigentlichen Arbeit ins Homeoffice zurück. Spart Zeit und Geld. Dabei geht´s weniger um Drückebergerei, sondern stillen Protest gegen Präsentismus und Büropflicht: Wenn der Arbeitgeber kein produktives Umfeld bietet oder die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben nicht gewährleistet, schaffen sie sich es eben selbst. Notfalls mit einer Extra-Portion Koffein. Schlürf.
10. Quiet Quitting: Kein Burnout ist auch keine Lösung
Noch nie gehört? Liegt eventuell daran, dass dieser Trend ziemlich leise abläuft. Wenn Beschäftigte die Schnauze voll haben, droht die stille Kündigung. Die kann so schlimm sein, dass diese gar nichts mehr sagen, sondern nur noch Dienst nach Vorschrift schieben. Mitunter steckt dahinter Selbstschutz: In diesem Fall stellen Arbeitnehmende ihre Work-Life-Balance über Mehrarbeit, Überstunden & Co., um nicht auszubrennen. Sie leisten nur das vertraglich Vereinbarte, setzen klare Grenzen. Das stille Leiden kann aber auch Protest sein, getreu der Maxime: Wenn ich hier sowieso nicht gehört werde, dann sage ich gar nichts mehr. Psst.
11. Quiet Firing: Ene, mene, muh und raus bist du
Jetzt wird´s fies: die ultimative Antwort auf Quiet Quitting ist so simpel wie blöd. Arbeitgeber versuchen, unliebsame Quiet Quitter einfach loszuwerden. Statt die Ursachen zu bekämpfen, macht man lieber kurzen Prozess. Wenn sich dieser doch länger hinzieht und die Betroffenen nicht von selbst gehen, werden härtere Geschütze aufgefahren: Rausekeln, gezieltes Bore-out, die Palette ist schier unendlich. Das ist nicht nur kurzsichtig, sondern auf lange Sicht schädlich für das Unternehmen. Zudem haben Opfer von Quiet Firing ein hohes Rage-Applying- und Blind-Signing-Potenzial. Ups.
Fehlalarm oder Gefahr für Unternehmen?
Medien, die über „Quiet Quitting“ und „Rage Applying“ berichten, titeln gerne vom „Trend, vor dem Arbeitgeber jetzt zittern“. Panikmache ist sicherlich ein wenig übertrieben. Einiges ist auch einfach neu aufgegossen, gab es in dieser oder anderer Form schon einmal. Dennoch ist das Risiko für Unternehmen, gute Mitarbeitende zu verlieren, in Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel nicht zu unterschätzen. Außerdem schläft die Konkurrenz nicht. Arbeitgeber müssen sich aufgrund der Verschiebung des Kräftegleichgewichts am Arbeitsmarkt heute etwas einfallen lassen, um Personal zu gewinnen und zu halten.
Prinzipiell ist die Gleichung jedoch gleichgeblieben: Mitarbeitende, die ihre Jobs gerne machen und Freude daran haben, sind insgesamt zufriedener und produktiver. Sie sind eventuell auch motivierter, über das vertraglich Vereinbarte hinaus zu arbeiten. Gut bezahlte und gut behandelte Beschäftigte, die sich wertgeschätzt und wohl fühlen, sind immer die besten – egal, ob gerade wieder ein Trend am Arbeitsmarkt herumgeistert oder nicht. Doch dafür müssen Arbeitgeber nicht nur wachsam bleiben, sondern eben auch etwas tun.