Sommer, Sonne, Mails vom Chef

Im Urlaub sollen Mitarbeiter sich erholen. Dürfen Chefs diese wertvolle Zeit durch E-Mails und Anrufe unterbrechen?


14.06.2016 - Jochen Brenner -2 MinutenArbeitswelt gestalten

Die Urlaubssaison beginnt und Wochen der Erholung stehen bevor. Wenn da nicht die Mails wären, die Chefs ihren Angestellten in den Urlaub nachschicken würden. Was dürfen Sie als Vorgesetzter –­ und was nicht?

Der Urlaub beginnt mit einer letzten Amtshandlung: Sie schalten den Abwesenheitsassistenten für E­-Mails auf „Ein“. “Ihre E-­Mail wird nicht weitergeleitet. Bitte wenden Sie sich in dringenden Fällen an meinen Kollegen Herrn Müller.” Das kriegt nun jeder zu lesen, der Ihnen Mails schreibt, während Sie in der Karibik entspannen.

Ob die Erholung gelingt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine Umfrage des Reiseportals Travel24.com aus dem letzten Sommer zeigte, dass über die Hälfte der Arbeitnehmer im Urlaub berufliche Mails bearbeiten. Über 40 Prozent telefonieren mit Vorgesetzten oder Geschäftspartnern ­ meist ohne direkte Anweisung des Chefs. Immerhin zwölf Prozent haben ihren Urlaub auf Wunsch des Arbeitgebers sogar schon einmal abgebrochen.

Dass es nicht nur vom eigenen Verhalten abhängt, wie entspannt der Urlaub verläuft, zeigt eine Untersuchung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). 1002 Berufstätige hat der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen befragt. Das Ergebnis zeigt: Jeder Zehnte wird oft oder sogar immer vom Arbeitgeber, den Kollegen oder Kunden in seiner freien Zeit kontaktiert. 13 Prozent passiert das zumindest gelegentlich. Gedanklich abzuschalten gelingt vielen auch deshalb laut DGUV-­Befragung nicht. Fast jeder Zweite denkt zumindest gelegentlich in den Ferien an den Job.

Verpflichtende E­-Mail-­Pausen bei Daimler und Co.

Einige Firmen haben inzwischen gegengesteuert. Daimler konnte Aufmerksamkeit erregen, als der Konzern sein Programm „Mail on Holiday“ aus der Testphase Wirklichkeit werden ließ. Seit 2014 können alle Mitarbeiter ihre E-Mails im Urlaub löschen lassen. Nach der Rückkehr soll der virtuelle Schreibtisch sauber sein.

Bei Volkswagen gibt es eine E­-Mail­-Pause nach Feierabend, bei der Telekom haben sich leitende Angestellte verpflichtet, Mitarbeitern nach Dienstschluss, am Wochenende und im Urlaub keine Mails zu schicken. Auch andere Firmen wie Continental oder SAP haben spezielle Urlaubsprogramme entwickelt.

Mitarbeiter im Urlaub kontaktieren ­– ja oder nein?

Ob die Urlaubsruhe unverbindlich besprochen, in offiziellen Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen steht: Rechtlich darf ein Chef seinen Arbeitnehmer nicht aus dem Urlaub zurückholen. Und zwar selbst dann nicht, wenn es eine Klausel im Arbeitsvertrag gibt, die das erlaubt.

Eine solche Klausel ist unzulässig. Sie verstößt gegen zwingend geltendes Urlaubsrecht. Selbst im Notfall gilt also: Braucht der Chef dringend eine Arbeitskraft, ist es allein die Entscheidung des Arbeitnehmers, ob er die Ferien abbricht oder nicht.

Das bloße E-­Mail­-Schreiben ist dagegen schwer gesetzlich zu regeln. Arbeitnehmer müssen sie ja nicht lesen. Wer es dennoch tut, gerät schnell in den Sog, immer weitere Nachfragen abzuarbeiten. Grundsätzlich gilt, dass Chefs den Urlaub ihrer Mitarbeiter zu respektieren haben. In kleineren Betrieben kann man mit wenig Aufwand eine praktikable Lösung finden. In absoluten Notfällen schreibt der Chef eine kurze SMS mit einer Rückrufbitte. Die meisten Probleme sind dann oft persönlich und rasch lösbar.


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