05.12.2023 - Matthias Haft -4 MinutenArbeitswelt gestalten
Für viele Menschen ist das Weihnachtsgeld fester Bestandteil ihres finanziellen Haushalts. Um die Betriebstreue zu stärken und um neue Talente anzuwerben, sollten Arbeitgeber deshalb auch auf die Zahlung eines 13. Monatsgehalts setzen.
Alle Jahre wieder gibt es Weihnachtsgeld – zumindest für Tarifbeschäftigte, könnte man mit Blick auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hanns-Böckler-Stiftung hinzufügen: Im vergangenen Jahr haben zwar fast 86 Prozent der Tarifbeschäftigten ein Weihnachtsgeld erhalten, bei den Beschäftigten ohne Tarifvertrag konnten sich jedoch nur 42 Prozent über das zusätzliche Einkommen freuen.
Dabei zeigt sich nicht nur ein Gefälle zwischen Beschäftigten mit und Beschäftigten ohne Tarifvertrag. Gefälle bestehen außerdem zwischen West- und Ostdeutschland, zwischen Männern und Frauen, zwischen Vollzeit und Teilzeit sowie zwischen befristeter und unbefristeter Anstellung.
Arbeitnehmende, die eine Weihnachtsgratifikation erhalten, verwenden das zusätzliche Einkommen für sehr unterschiedliche Dinge. Der eine oder die andere wird es in Weihnachtsgeschenke investieren. Oft fließt das 13. Monatsgehalt aber auch in profanere Dinge: Jährlich anfallende Beiträge, Gebühren und Versicherungsprämien. Manche nutzen das Geld auch für Sondertilgungen laufender Kredite. Gerade in Zeiten hoher oder steigender Zinsen nutzen sie die Möglichkeit, die Restschuld zu verringern und dadurch ihre Zinslast zu senken.
Damit spielt das Weihnachtsgeld oft eine tragende Rolle in der finanziellen Haushaltsplanung ganzer Familien. Wenig verwunderlich also, dass in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov aus dem Jahr 2021 54 Prozent der Befragten das Weihnachtsgeld als diejenige Zusatzleistung angaben, die sie von ihrem Arbeitgeber am liebsten erhalten würden – mit deutlichem Vorsprung auf Platz 1. Da Arbeitgeber auch ein Interesse daran haben sollten, ihren Angestellten ein finanzielles Wohlbefinden zu ermöglichen, spricht also einiges dafür, dem Weihnachtsgeld mehr Beachtung zu schenken. Wie wichtig das Thema Finanzen ist, zeigt auch der Jahresbericht zum DGB-Index Gute Arbeit für 2023. Demnach ist die Zufriedenheit der Arbeitnehmenden mit ihrem Gehalt in diesem Jahr stark gesunken. Ein Grund: Preissteigerungen, die durch weniger stark steigende Gehälter nicht ausgeglichen werden.
Weihnachtsgeld: das Zünglein an der Waage
Dass dem mitunter nicht so ist, zeigt ein Blick in die Jobsuche der Bundesagentur für Arbeit. Wer hier nach „Weihnachtsgeld“ sucht, erhält Stand heute (30. November 2023) über alle Branchen und Berufe hinweg ca. 141.000 Suchtreffer. In so vielen aktuellen Stellenanzeigen taucht der Begriff mindestens einmal auf. Demgegenüber stehen allerdings 770.000 Stellenanzeigen, in denen „Weihnachtsgeld“ nicht erwähnt wird. Nun bedeutet das natürlich nicht, dass bei all diesen Stellen kein Weihnachtsgeld gezahlt wird. Es deutet aber daraufhin, dass viele Arbeitgeber, Recruiting-Dienstleister und Personalabteilungen diesem Benefit keinen allzu großen Stellenwert beimessen.
Gut möglich, dass die befristet in Teilzeit angestellte Arbeitnehmerin aus Ostdeutschland die Relevanz ganz anders bewertet. Denn laut erwähnter Umfrage der Hanns-Böckler-Stiftung erhält sie mit hoher Wahrscheinlichkeit aktuell kein Weihnachtsgeld. Und während sie aufgrund ihrer Befristung offen für einen neuen Job ist, schaut sie sich die konkreten Benefits anderer Unternehmen ganz genau an. Unternehmen, die in Stellenanzeigen mit schwammigen und austauschbaren Floskeln im Ungefähren bleiben, haben dann schnell das Nachsehen.
Ein 13. Monatsgehalt für die Betriebstreue
Weihnachtsgeld als bloßes Recruiting-Instrument zu betrachten, greift jedoch viel zu kurz und geht auch an Sinn und Zweck des Benefits vorbei. Immerhin können Unternehmen in hinsichtlich der Personalsituation entspannteren Zeiten ja auch nicht einfach das Weihnachtsgeld wieder abschaffen, nur weil sie sich plötzlich vor Bewerbungen nicht mehr retten können.
Der eigentliche Zweck des Weihnachtsgelds ist ja, die Mitarbeitendenbindung zu erhöhen. Die gesamte Belegschaft hat ein weiteres Jahr daran mitgewirkt, die unternehmerischen Ziele zu erreichen. Die Belohnung hierfür ist das Weihnachtsgeld. Dieser Ausdruck der Wertschätzung, des Respekts und der Anerkennung der Leistungen erhöht bei der Belegschaft die positive Identifikation mit dem Unternehmen und sorgt dadurch für eine stärkere Bindung an den Arbeitgeber. Auch im bereits erwähnten Jahresbericht betont der DGB die Wichtigkeit der adäquaten finanziellen Entlohnung im Allgemeinen: „Wenn [...] Beschäftigte ihr Einkommen nicht als leistungsgerecht empfinden, stellt dies eine psychische Belastung dar“.
Arbeitgeber, die über die Einführung eines Weihnachtsgelds nachdenken, sollten dies aus den richtigen Gründen tun. Nur um kurzfristig Personal zu akquirieren, ist vermutlich nicht der beste Ansatz.