08.03.2017 - Esther Werderinghaus -3 MinutenArbeitswelt gestalten
Seit 2012 vertreibt Emanuel Schmock erfolgreich Bio-Snacks unter dem Namen Mogli. Auf den anfänglichen Enthusiasmus folgte jedoch bald Ernüchterung. Der Unternehmer musste sich von einigen Mitarbeitern trennen und so manche Idee begraben. Heute kann er der Krise viel Positives abgewinnen.
Wir dachten, wir seien unschlagbar. Unter der Marke Mogli brachten wir vor ein paar Jahren 30 verschiedene Bio-Lebensmittel für Kinder auf den Markt, boten Kurse in Baumpflege, Baumpatenschaften, Kochrezepte, luden ein zu Waldexkursionen, in denen Familien lernen, wie man ohne Spielzeug Zeit verbringt, entwickelten ein Kindermagazin. Mit zwölf Mitarbeitern und ohne große Investoren wollten wir aus der Marke ein Universum machen.
Die Idee war eigentlich toll: Eltern sollten ein Bewusstsein dafür bekommen, dass ihre Kinder unbedingt in die Natur gehören. Ich wuchs auf einem Bio-Bauernhof in einer 68er-Kommune auf und war fast immer draußen. Meine Eltern waren so was wie Hippies, und ich besuchte nie einen Kindergarten. Mit sechs Jahren fuhr ich Trecker und half bei der Ernte. Das war eine schöne Zeit, die mich sehr geprägt hat. Heute sind Stadtkinder im Durchschnitt nur noch eine Stunde pro Tag draußen und kennen die Natur kaum, geschweige denn gesunde Ernährung.
Zitat:„Wir hatten uns völlig verzettelt.“
Emanuel Schmock
Damals arbeiteten wir bei Mogli ganze Nächte durch. Unsere Produkte fanden sich schnell in Supermärkten und Bioläden wieder. Irgendwann verkauften wir in 20 verschiedene Länder und wurden immer bekannter. Das war gut, doch während die Nachfrage stieg, mussten wir ja auch das Qualitätsniveau halten. Das ließ die Kosten in die Höhe schießen. Wir hatten einfach zu wenig Kapital und zu wenig Personal. Nebenbei war nicht mal klar, was eigentlich die Identität unserer Marke war. Wir boten so viel an, dass niemand mehr wusste, wofür wir stehen. Nach zwei Jahren stießen wir an unsere Grenzen.
Das Unternehmen führten wir bis dahin als Doppelspitze: Mein Kollege Armin Steuernagel übernahm die Finanzen, ich konzentrierte mich auf Ideen und Entwicklung. Ich wollte mehr Identität schaffen, mein Kollege größere Investoren einbinden, die über die Stoßrichtung von Mogli mitentscheiden durften. Und genau hier stießen Welten aufeinander. Es gab immer öfter Unstimmigkeiten über das Konzept von Mogli, und langsam verschwand die Euphorie, die uns anfangs so getragen hat. Es war ernüchternd.
Ein neues Konzept für Mogli
Trotzdem war es gut, dass wir gezwungen wurden, Konzept und Strategie neu zu überdenken. Denn nun trafen wir eine Entscheidung: Armin wurde Teilhaber von Mogli und kümmert sich heute mehr um seine anderen Unternehmen. Zwar schläft man ruhiger, wenn man sich die Verantwortung teilt, aber eine klare Ausrichtung ist früher oder später in jedem Unternehmen wichtig. Das war uns beiden klar. Für mich, der gern im Team entscheidet und den Konsens liebt, war es ein Lernprozess, die Meinung zu sagen, auch wenn sie andere vor den Kopf stößt. Ich trennte mich von einem Teil des Sortiments und schaltete einen Gang runter, nahm mir vor allem Zeit, um über das Markenprofil nachzudenken. Am meisten schmerzte es mich, dass ich mich von der Hälfte der Belegschaft trennen musste. Solche Entscheidungen fallen mir bis heute schwer. Aber genau daran ist das Unternehmen gewachsen.
Wir bieten mit Mogli nun hauptsächlich Snacks für unterwegs. Das passt zu unserer Botschaft, Kinder wieder mehr in die Natur zu bringen. Wir verfolgen das große Thema „Unterwegs sein“ und bieten in diesem Rahmen auch Waldtage, an denen Kinder nach Tierspuren suchen, Hütten bauen und barfuß über Moos und Erde laufen. Wir haben ein paar stille Investoren gefunden, aber sie haben keinen Einfluss auf unser Tun. So fühlt es sich richtig an.
Die Krise vor ein paar Jahren war heilsam für mich und das Unternehmen. Zwar arbeite ich immer noch viel. Aber ich habe meine Idee gerettet – und wir sind wieder zwölf Mann im Team.