11.04.2023 - Matthias Haft -10 MinutenZukunft der Arbeit
Auch bei Einzelhändlern haben die Methoden der New Work Einzug gehalten. Wieso es künftig ohne die eine oder andere moderne Maßnahme gar nicht gehen wird, welches Potential zur Personalsicherung in New Work steckt und wie verbreitet das Konzept im Einzelhandel bereits ist, lesen Sie im Beitrag.
Der Einzelhandel ist kein mysteriöser Sonderfall, bei dem die Methoden moderner Arbeit von vornherein zum Scheitern verurteilt wären. Auch wenn man diesen Eindruck angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten großer Warenhaus-Ketten gewinnen könnte. Tatsächlich ist Einzelhandel natürlich nicht nur der große Konsumtempel in der Innenstadt, sondern ein breites Spektrum – zwischen Innenstadt und Vorort, zwischen Spezialgeschäft und Generalist, zwischen Filiale und Onlineshop.
Da verwundert es nicht, dass New Work bei Handelsunternehmen einen sehr unterschiedlichen Stellenwert – und damit verbunden: Dringlichkeit – hat. Aber immerhin 71 Prozent von ihnen betrachten die mit New Work verbundenen Methoden als ein must have, als „notwendige Voraussetzung, um zukunftsfähig zu bleiben“, wie es in einer aufschlussreichen 2021er Studie des EHI Retail Institute heißt. So schwammig das Konzept New Work sein mag, so offen ist es im Gegenzug. New Work kann in der täglichen Praxis vieles bedeuten, so auch im Einzelhandel.
Digitalisierung, Demografie und Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Gegner von New Work weisen das Konzept oft mit dem Hinweis zurück, dass es im eigenen Unternehmen nicht umsetzbar, dabei teuer und arbeitsrechtlich problematisch sei. (Von den befragten Handelsunternehmen stimmten übrigens nur 6 Prozent der Aussage zu, New Work sei zu teuer; arbeitsrechtliche Schwierigkeiten sahen hingegen tatsächlich mehr als 40 Prozent). New Work sei also letztlich nur etwas für digitale Unternehmen oder Start-ups, jedenfalls nichts für ein traditionelles Familienunternehmen mit einer komplexen hierarchischen Struktur. Denkt man sich nun noch ein bundesweit verteiltes Filialnetz hinzu wie bei vielen Einzelhändlern, scheinen die Vorbedingungen für die Etablierung von New Work tatsächlich alles andere als günstig zu sein.
Doch zwei Dinge geraten hierbei aus dem Blick: Zum ersten bedeutet New Work nicht zwingend eine allumfassende Transformation, in deren Zuge jeder Aspekt des Unternehmens auf linksrum gedreht werden müsse. Vielmehr sammelt sich unter dem Begriff New Work eine Reihe einzelner Maßnahmen, die auch unabhängig voneinander angegangen und umgesetzt werden können. Zum zweiten – und das ist wohl der viel entscheidendere Aspekt – verschwinden die Notwendigkeiten, aus denen heraus die Forderungen nach New Work entstehen, nicht einfach so: Digitalisierung, aber auch Mitarbeiterbeteiligung und Mitsprache sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind die dauerhaften Realitäten, die New Work vorantreiben.
Um als Dienstleister und als Arbeitgeber konkurrenzfähig bleiben zu können, werden mindestens einzelne New-Work-Methoden eingeführt werden müssen. Allein schon aus Gründen des Selbstschutzes. Das haben viele Unternehmen erkannt. Noch fruchtbringender scheint es, die Methoden im Rahmen einer umfassenden Transformationsstrategie anzuwenden. So haben über die Hälfte der vom EHI Retail Institute befragten Unternehmen nicht nur eine, sondern fast alle der vom Institut gelisteten New-Work-Maßnahmen eingeführt.