§ 33: Übergang von Ansprüchen
Wie sind Kosten der Altersvorsorge bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Kosten der Altersvorsorge können vom Einkommen abgesetzt werden. Dabei ist der/dem Unterhaltspflichtigen eine möglichst große Wahlfreiheit bezüglich seiner Anlageform zu belassen (z.B. Lebensversicherung, Riesterrente, Grundeigentum etc.).
Bei gesetzlich Versicherten ist zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung ein Beitrag in Höhe von vier % des Bruttoeinkommens zulässig (vgl. 10.1 UhL Hamm, 10.1 UhL Bremen, 10.1.2 UhL Hamburg, 10.1.2 UhL Rostock, 10.1.2 UhL Celle, 10.1.2 UhL Schleswig-Holstein, 10.1.2 UhL Koblenz, 10.1.2 UhL Köln, a.A 10.2.1 SüdL: fünf % des Bruttoeinkommens).
Selbstständige können bis zu 20 % Ihres Bruttoeinkommens für eine Altersvorsorge aufwenden. Zusätzlich können weitere vier % des Bruttoeinkommens (analog zu gesetzlich Versicherten) anerkannt werden (vgl. 10.1 UhL Hamm, 10.1.2 UhL Celle, 10. UhL Schleswig-Holstein, 10.1.2 UhL Koblenz, 10.1.2 UhL Köln, a.A. 10.1 SüdL: 23 % des Bruttoeinkommens).
Höhere Absetzungen können vorgenommen werden, wenn die Altersvorsorge bereits eheprägend (in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt) war (ggf. dann nur bis zur Rechtskraft der Scheidung) oder sehr hohe Einkünfte erzielt werden.
Beim Kindesunterhalt sind Absetzungen nur zulässig, soweit der Mindestunterhalt (1. Stufe der Düsseldorfer Tabelle) gesichert ist.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 22.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330048
Wie sind arbeitgeberseitige Abfindungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Bei arbeitgeberseitigen Abfindungen ist wie folgt zu unterscheiden:
Findet die unterhaltspflichtige Person gleich im Anschluss an die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses eine adäquate Beschäftigung, welche ein vergleichbares Einkommen einbringt, ist die Abfindung bei der Berechnung des unterhaltsrechtlichen relevanten Einkommens nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 02.06.2010, Az.: XII ZR 138/08 und vom 18.04.2012, Az.: XII ZR 65/10).
Wird keine adäquate Beschäftigung gefunden (z.B. bei einem geringeren Einkommen oder dem Bezug von Lohnersatzleistungen), ist die Abfindung grundsätzlich bis zur Höchstgrenze des bisherigen unterhaltsrechtlichen Bedarfs der unterhaltsberechtigten Person zur Aufstockung des verringerten Einkommens anzusetzen. (BGH, Urteil vom 18.04.2012, Az.: XII ZR 65/10). Bleiben die Einkünfte aus einem neuen Arbeitsverhältnis dauerhaft hinter den bisherigen Einkünften zurück, so kann eine Aufteilung auf einen längeren Zeitraum und damit die Unterschreitung des bisherigen Bedarfs der Unterhaltsberechtigten angezeigt sein (BGH, Urteil vom 18.04.2012, Az.: XII ZR 65/10).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 02.06.2010 (Az.: XII ZR 138/08); BGH Urteil vom 18.04.2012 (Az.: XII ZR 65/10)
Stand: 27.11.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330049
Wie ist die Arbeitnehmersparzulage bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Vgl. auch vermögenswirksame Leistungen
Die Arbeitnehmersparzulage (Ausgleichszahlung des Arbeitgebers für eine Sparleistung des Arbeitnehmers) stellt keine unterhaltsrechtliche Einnahme aus Arbeitsleistung dar, sondern eine Einnahme, welche erst durch die Sparleistung des Arbeitnehmers erzielt wird (BGH, Urteil vom 25.06.1980, Az.: IVb ZR 530/80). Folglich wird Sie weder sozialversicherungs-, steuerrechtlich- noch arbeitsrechtlich als Bestandteil des Arbeitseinkommens gewertet.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 25.06.1980 (Az.: IVb ZR 530/80)
Stand: 22.06.2017
WDB-Beitrags-Nr.: 330050
Wie ist Arbeitslosengeld bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Das Arbeitslosengeld stellt eine unterhaltsrechtliche Einnahme dar; ggf. ist an die Senkung des Selbstbehalts zu denken.
Die SüdL (21.4 SüdL, Stand 01.01.2016; ggf. Fußnote berücksichtigen), die UhL Hamm (21.4 UhL Hamm, Stand 01.01.2016) und die UhL Frankfurt (21.4 UhL Frankfurt, Stand 01.01.2016) erlauben beim Ehegattenunterhalt eine Reduzierung des Selbstbehalts. Eine Reduzierung auf den notwendigen Selbstbehalt ist gemäß der UhL Rostock möglich (21.4 UhL Rostock, Stand 01.01.2016). Es sind die örtlichen Leitlinien zu berücksichtigen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 01.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 330046
Wie ist mit Anspruchsübergängen unter Bezugnahme auf § 56 IfSG umzugehen, nachdem die "Weisungen zum Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Pakete) sowie ergänzende Regelungen (Loseblattsammlung)" archiviert wurden?
Auch nach Archivierung der oben genannten Weisungen mit Weisung 202306012 vom 28.06.2023 gelten die darin unter "Kapitel 2.12.3 Übergang von Ansprüchen" benannten Sonderregelungen in Bezug auf die besonderen Verjährungsfristen bei Anspruchsübergängen fort. Die Sonderregelungen werden zur besseren Sichtbarkeit im Folgenden dargestellt:
Es kommt für bestimmte Ausnahmefälle ein übergegangener Anspruch nach § 33 SGB II i. V. m. § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht. Nach § 33 SGB II gehen Ansprüche gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, auf die gE über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen keine SGB II-Leistungen erbracht worden wären. Hierunter können auch Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG fallen, da diese zu berücksichtigendes Einkommen darstellen und dadurch die zu gewährenden SGB II-Leistungen mindern. Die Auszahlung der Entschädigung erfolgt bei Arbeitnehmern längstens für 6 Wochen durch ihre Arbeitgeber und bei Arbeitnehmern ab der siebten Woche bzw. bei Selbständigen durch die für die Entschädigung nach § 56 IfSG zuständige Behörde (§ 56 Absatz 5 IfSG). Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Bei den Leistungsträgern nach dem IfSG handelt es sich nicht um Leistungsträger i. S. d. § 12 SGB I. Demzufolge ergibt sich grundsätzlich auch kein Anspruch nach §§ 102 ff. SGB X. In Betracht kommt allenfalls ein Anspruchsübergang gemäß § 33 SGB II. Allerdings bezieht sich der Anspruch nach § 56 IfSG nicht auf Sozialleistungen, sondern auf einen Verdienstausfall. Daher kommen nur sog. Erwerbsaufstockerinnen und Erwerbsaufstocker in Betracht, die einen Verdienstausfall haben. Im Fall behördlich angeordneter Kita- oder Schulschließungen nach § 56 Absatz 1a IfSG oder wenn deren Betreten, auch aufgrund einer Absonderung, untersagt wurde kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Entschädigungsanspruch zum Ausgleich des Verdienstausfalls für die Sorgeberechtigten der betreuungsbedürftigen Kinder bestehen. Gleiches gilt bei der Schließung von Einrichtungen zur Betreuung für Menschen mit Behinderungen. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern tritt der Arbeitgeber längstens für 6 Wochen in Vorleistung und zahlt den Lohn weiter. Demzufolge hat dann der Arbeitgeber auch den Entschädigungsanspruch gegen die nach § 56 IfSG zuständigen Rechtsträger. Nur, wenn der Arbeitgeber (rechtswidrig) nicht in Vorleistung geht oder bei Selbständigen und bei Entschädigungen nach § 56 Absatz 1a IfSG (Schließung von Einrichtungen) ab der siebten Woche, kann sich ein Anspruch für die Betroffenen ergeben, der dann auf die gE übergeht. Hierbei dürfte es sich um Ausnamefälle handeln, in denen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund weggefallenen Lohnes gezahlt werden müssten. Anträge nach § 56 Absatz 11 i. V. m. Absatz 5 IfSG sind innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit, dem Ende der Absonderung oder nach dem Ende der vorübergehenden Schließung bzw. Untersagung des Betretens der Einrichtung nach § 56 Absatz 1a Satz 1 IfSG bei der zuständigen Behörde zu stellen. Neben länderspezifischen Ausführungshinweisen bietet das Infoportal IfSG nähere Informationen zur Anwendung von § 56 IfSG.
Stand: 06.07.2023
WDB-Beitrag Nr.: 330094
Wie ist Ausbildungsvergütung bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Ausbildungsvergütung stellt ein unterhaltsrechtliches relevantes Einkommen dar.
Dieses Einkommen ist um einen sogenannten ausbildungsbedingten Mehrbedarf gemäß der Düsseldorfer Tabelle (Anmerkung 8) zu kürzen, soweit die unterhaltsberechtigte Person bei einem Elternteil lebt. Bei der Bemessung kann ein Betrag von 100,00 Euro zu Grunde gelegt werden (vgl. Düsseldorfer Tabelle A 8; a.A. UhL Frankfurt 10.2.3, UhL Dresden 10.2.3: fünf % Pauschale bzw. konkreter Nachweis; UhL Hamburg 10.2.3 und UhL Rostock 10.2.3: konkreter Nachweis). Zusätzlich können berufsbedingte Aufwendungen abgezogen werden (s. Eintrag berufsbedingte Aufwendungen).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 03.06.2019
WDB-Beitrag Nr.: 330054
Wie sind Auslandszulagen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Auslandszulagen gehören grundsätzlich zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen, sind aber - nach einer Würdigung der gesamten Umstände - nicht in voller Höhe zu berücksichtigen, da diese auch tatsächliche Mehraufwendungen ausgleichen sollen. Abzusetzen sind die tatsächlichen Mehraufwendungen des Unterhaltspflichtigen (BGH, Urteil vom 18.04.2012, Az.: XII ZR 73/10). Dabei kann eine Anrechnung von 1/3 des Einkommens zu Grunde gelegt werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.12.2012, Az.: 2 UF 223/09).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 18.04.2012 (Az.: XII ZR 73/10); OLG Frankfurt Urteil vom 07.12.2012 (Az.: 2 UF 223/09)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330055
Wie sind BAföG-Leistungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
BAföG-Leistungen werden zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als Darlehen gewährt. BAföG Zahlungen sind unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen, auch für den als Darlehen gewährten Teil (BGH, Urteil vom 29.06.2011, Az.: XII ZR 127/09).
Die Darlehensleistungen vermindern daher in vollem Umfang den aktuellen Bedarf der unterhaltsberechtigten Person und sind deshalb (gleichmäßige Aufteilung auf beide Elternteile) vom Bedarf der unterhaltsberechtigten Person in Abzug zu bringen. Die Antragstellung BAföG ist zumutbar, so dass bei Unterlassen der Antragstellung der unterhaltsberechtigten Person ggf. fiktives Einkommen auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen hinzugerechnet werden kann (BGH, Urteil vom 24.10.1979, Az.: IV ZR 171/78). Die Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG sind nicht auf den Bedarf anzurechnen. Rückzahlungsraten auf das BAföG Darlehen können vom Einkommen der unterhaltspflichtigen Person abgesetzt werden, wenn diese Raten fällig sind und ein Nachweis über die tatsächliche regelmäßige Zahlung erfolgt ist.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 29.06.2011 (Az.: XII ZR 127/09); BGH Urteil vom 24.10.1979 (Az.: IV ZR 171/78)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330051
Welche Bedeutung hat die Beistandschaft?
Die Beistandschaft ist eine spezielle Form der gesetzlichen Vertretung und ist in den §§ 1712 f. BGB geregelt. Alleinsorgeberechtigte und alleinerziehende Elternteile können unter der Voraussetzung, dass das Kind minderjährig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, beim Jugendamt schriftlich eine kostenlose Beistandschaft für ihr Kind beantragen. Das Jugendamt vertritt das Kind gesetzlich als Beistand
a) bei der Feststellung der Vaterschaft und/oder
b) bei der Geltendmachung des Kindesunterhaltes.
Das elterliche Sorgerecht wird jedoch durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt. Ist der Unterhalt streitig, so vertritt der Beistand das Kind in einem gerichtlichen Unterhaltsverfahren und leitet ggf. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches ein. Zur Geltendmachung der Unterhaltsansprüche durch den Beistand gehören sämtliche Ansprüche aus den §§ 1601 ff. BGB (einschließlich der Rückstände). Die Ansprüche können gegenüber sämtlichen in Frage kommenden Unterhaltsverpflichteten, also sowohl gegenüber dem Vater und/oder der Mutter, als auch nachrangig verpflichteter Verwandten geltend gemacht werden.
Das Jugendamt (Beistand) klagt den Unterhalt im Namen des Kindes ein, vereinnahmt diesen Unterhalt und zahlt ihn dann anschließend an den Berechtigten aus. Aufgrund dieser zufließenden Einnahmen verfügt das Kind über Einkommen, welches nach § 11 SGB II angerechnet wird.
Zahlt ein Träger Bürgergeld an das Kind aus, so geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Leistung über.
Stand: 01.01.2023
WDB-Beitrag Nr.: 330013
Wie sind Kosten für berufsbedingte Aufwendungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Berufsbedingte Aufwendungen liegen vor, wenn Ausgaben durch die Berufstätigkeit notwendig anfallen, welche sich klar vom den privaten Lebenshaltungskosten trennen lassen (z.B. Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, Beiträge zu Berufsverbänden, Gewerkschaftsbeiträge).
Berufsbedingte Aufwendungen können im Rahmen einer pauschalen Lösung in Höhe von fünf Prozent des Nettoeinkommens geschätzt werden (Anm. 3. Düsseldorfer Tabelle). Bei dieser pauschalen Lösung muss grundsätzlich kein Nachweis durch die unterhaltspflichtige Person erbracht werden (teilweise andere Ansicht: 10.b bzw. 10.2 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien, Absetzungen nur mit konkretem Nachweis).
Höhere Aufwendungen können mit Nachweis abgezogen werden, soweit diese im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung angemessen sind (Kriterien: Sicherung Mindestunterhalt (1. Stufe der Düsseldorfer Tabelle), berufliche Belange, Ausbau des ÖPNV, befristeter Arbeitsvertrag etc.). So können z.B. hohe Fahrkosten unangemessen sein, wenn ein Umzug zumutbar ist.
Bei selbstständigen unterhaltspflichtigen Personen erfolgt kein Abzug der berufsbedingten Aufwendungen, da diese bereits bei den betrieblichen Ausgaben berücksichtigt sind.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 22.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330052
Wie sind Blindengeldleistungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Blindengeldleistungen stellen eine Einnahme dar und sind abzüglich der tatsächlichen Mehraufwendungen auf die Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person anzurechnen (OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2003, Az.: UF 181/02).
Dabei ist § 1610 a BGB zu beachten: Die Blindengeldleistung stellt eine Sozialleistung dar, bei welcher widerlegbar vermutet wird, dass die Blindengeldleistungen durch schadensbedingte Mehraufwendungen verzehrt werden.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; OLG Hamm Urteil vom 19.02.2003 (Az.: UF 181/02)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330053
Wie sind Leistungen des Jobcenters für Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen nach § 33 SGB II zu berücksichtigen?
Die Kosten der Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt eines Säuglings sind grundsätzlich durch die Jobcenter zu verfolgen. Die Auslagen für eine Säuglingserstausstattung können bis zu einer Pauschale von 1.000,00 EUR von der unterhaltspflichtigen Person verlangt werden, wenn nicht die Einkommensverhältnisse überdurchschnittlich sind (OLG Koblenz, Urteil vom 12.05.2009, Az.: 11 UF 24/09; OLG Celle, Beschluss vom 20.10.2008, Az.: 10 WF 336/08).
Der Erstausstattungsbedarf ist als Sonderbedarf (Legaldefinition in § 1613 Abs. 2 BGB: ein „unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf “) gemäß § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB einzustufen (OLG Koblenz, Urteil vom 12.05.2009, Az.: 11 UF 24/09; OLG Celle, Beschluss vom 20.10.2008, Az.: 10 WF 336/08). Durch das Merkmal Sonderbedarf kann Erfüllung auch für die Vergangenheit gefordert werden, ohne dass der Unterhaltspflichtige zuvor in Verzug gesetzt sein muss (vgl. § 1613 Abs. 2 BGB).
Grundsätzlich haften zum Zeitpunkt der Entstehung des Sonderbedarfs die Elternteile gemeinsam. Für die Leistungsfähigkeit ist der Zeitpunkt der Entstehung des Sonderbedarfs entscheidend. Ist der Unterhaltsschuldner zu diesem Zeitpunkt nur teilweise leistungsfähig, kann eine Aufteilung der Forderung auf mehrere Raten vorgenommen werden. Dabei ist eine Begrenzung auf max. 4 bis 6 Raten des verfügbaren Einkommens über dem Selbstbehalt vorzunehmen (Ebert: Mehrbedarf und Sonderbedarf in der Unterhaltsberechnung NZFam 2016, 439, 442).
Stand: 22.01.2021
WDB-Beitrag Nr.: 330045
Wie sind Darlehenstilgungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Grundsätzlich gilt, dass durch eine umfassende Interessenabwägung die Berücksichtigungsfähigkeit von Schulden geprüft werden muss. Kriterien hierfür können sein:
- Zweck der Schuld,
- Zeitpunkt der Entstehung,
- Kenntnis von der unterhaltspflichtigen Person über Grund und Höhe der Schuld,
- Möglichkeit der unterhaltspflichtigen Person das Leistungsvermögen wiederherzustellen,
- schutzwürdige Belange Dritter,
- Vorliegen eines verständigen Grunds für die Eingehung der Verbindlichkeiten und
- Sicherung des Mindestunterhalts bei minderjährigen Kindern (BGH, Urteil vom 25.10.1995, Az.: XII ZR 247/94).
Tilgungen können in der Regel nur abgesetzt werden, soweit diese vor Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung eingegangen wurden. Eine Ausnahme bilden Verbindlichkeiten deren Eingehung unausweichlich und notwendig war (hier liegt die Beweislast beim Unterhaltsschuldner). Zahlungen auf Unterhaltsrückstände sind unterhaltsrechtlich nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlich anfallenden Tilgungen, die Erheblichkeit und die Berücksichtigungsfähigkeit trägt dabei derjenige, der sich auf die Verbindlichkeiten beruft, da diese zu einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit führen.
Beim Trennungs- und nachehelichen Unterhalt sind ehebedingte Verbindlichkeiten (bis zum Zeitpunkt der Trennung) bei einem vernünftigen Tilgungsplan in der Regel abzusetzen, solange der Schuldendienst eheprägend (in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt) war und nicht zu einer Vermögensmehrung führt. Allerdings kann eine Schuldentilgung im Rahmen einer Altersvorsorge berücksichtigt werden.
Beim Betreuungsunterhalt kann eine Absetzung von Darlehenstilgungen grundsätzlich ebenfalls erfolgen. Eine Absetzung ist jedoch nur möglich, wenn die Verbindlichkeiten vor Kenntnis der Unterhaltsverpflichtung und für tatsächlich notwendig zu erachtende Bedürfnisse eingegangen wurden.
Beim Unterhalt minderjähriger Kinder ist aufgrund der verschärften Haftung nach § 1603 Abs. 2 BGB der Mindestunterhalt sicherzustellen, so dass Schuldentilgungen grundsätzlich nur bis zur Grenze des Mindestunterhalt anerkannt werden können (BGH, Urteil vom 06.02.2002, Az.: XII ZR 20/00). Den Unterhaltspflichtigen trifft die Verpflichtung eine Tilgungsstreckung oder Stundung herbeizuführen, ggf. sogar das Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten.
Beim Unterhalt volljähriger Kinder trifft den Unterhaltspflichtigen die Pflicht Tilgungsstreckungen oder Stundungen herbeizuführen und ggf. das Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten (BGH, Urteil vom 23.12.2005, Az.: XII ZR 114/03).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 25.10.1995 (Az.: XII ZR 247/94); BGH Urteil vom 06.02.2002 (Az.: XII ZR 20/00); BGH Urteil vom 23.12.2005 (Az.: XII ZR 114/03)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330057
Welche Daten des unterhaltspflichtigen Elternteils dürfen von den Jobcentern an die Unterhaltsvorschussstellen des Jugendamts im Rahmen eines Amtshilfeersuchens übermittelt werden?
Die in § 6 Abs. 5 UhVorschG genannten Daten dürfen auf Anfrage der Unterhaltsvorschussstellen an diese übermittelt werden. Eine Verpflichtung der Jobcenter, eigeninitiativ Daten nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zu übermitteln, besteht hingegen nicht.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330043
Wie sind Elterngeldleistungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Das Elterngeld wird nur bei der Bestimmung des unterhaltsrechtlich relevanten Bedarfs herangezogen, soweit es einen Betrag von 300,00 Euro (BGH, Urteil vom 18.04.2012, Az.: XII ZR 73/10) bzw. bei verlängertem Elterngeldbezug einen Betrag von 150,00 Euro überschreitet. Bei Mehrlingsgeburten ist der Mehrlingszuschlag in Höhe von 300,00 Euro zusätzlich zu berücksichtigen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 18.04.2012 (Az.: XII ZR 73/10)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330058
Wie sind Erbschaften bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Zuflüsse aus einer Erbschaft stellen Vermögen dar. Anzurechnen sind nur die Erträge aus geerbtem Vermögen, nach Abzug von Werbungskosten und Steuern.
Zur Berücksichtigung vgl. Vermögen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 03.06.2019
WDB-Beitrag Nr.: 330059
In welchen Fällen besteht ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Jugendamt?
Wird das Jugendamt lediglich im Rahmen der Beistandschaft tätig, erbringt es keine (vorrangige) Eigenleistung. Es leitet ausschließlich den Unterhaltsanspruch weiter. Daher besteht kein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X.
Zahlt ein Träger SGB II-Leistungen an das Kind aus, so geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Träger der Leistung über.
Hat das Kind einen Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen und sollte eine Antragstellung auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) noch nicht erfolgt sein, so ist darauf hinzuwirken, dass diese unverzüglich nachgeholt wird. Falls erforderlich, ist der Antrag gemäß § 5 Abs. 3 SGB II durch den Träger zu stellen. Zugleich ist dem Jugendamt (Unterhaltsvorschuss-Stelle) gegenüber ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X anzuzeigen. Werden Leistungen nach dem UhVorschG bewilligt, ist dieser Anspruch zu realisieren.
Laut Urteil des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) 5. Senat vom 14.10.1993 (Az: 5 C 10/91) besteht zwischen den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und den Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ein Nach- und Vorrangverhältnis im Sinne des § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330015
Wie sind Fahrkosten bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Berufsbedingte Fahrkosten sind bei einer konkreten Absetzung von berufsbedingten Aufwendungen einkommensmindernd zu berücksichtigen:
Grundsätzlich sind von der unterhaltspflichtigen Person öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Eine Nutzung des privaten PKW ist möglich, wenn die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar ist, der Mindestunterhalt (1. Stufe der Düsseldorfer Tabelle) gesichert ist oder es den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Bei der Anerkennung der privaten PKW Nutzung ist die monatliche Belastung in Anlehnung an § 5 II Nr. 2 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz wie folgt zu berechnen: 0,30 Euro /Entfernungskilometer x 2 (Hin-und Rückfahrt) x 220 Arbeitstage./.12 Monate (10.2.2 aller Unterhaltsleitlinien der OLGs, a.A. 10.2.2 UhL Koblenz: 10 Euro/Entfernungskilometer/Monat, ab dem 31. Kilometer: 5 Euro/Entfernungskilometer/Monat)
Bei längeren Fahrten kann ab dem einfachen 31. Entfernungskilometer die Absetzung auf 0,20 Euro pro km gesenkt werden.
Mit der Absetzung dieser Fahrtkosten vom Einkommen sind in der Regel sämtliche Betriebskosten, Anschaffungs- und Reparaturkosten abgegolten. Eine weitere Absetzung dieser Kosten ist nicht zulässig.
Bei unverhältnismäßig hohen Fahrkosten kann ein Wechsel des Wohnorts zum Arbeitsplatz zumutbar sein (BGH, Urteil vom 02.01.1988, Az.: ZR 117/96).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 02.01.1988 (Az.: ZR 117/96)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330060
Wie sind Feiertags-und Sonntagszuschläge bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Feiertags- und Sonntagszuschläge sind grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn diese berufstypisch sind und das im Beruf des Pflichtigen übliche Maß nicht überschreiten (BGH, Beschluss vom 13.03.2013, Az.: XII ZB 650/11).
Bei Zuschlägen über dieses Maß hinaus, bietet sich eine Anrechnung von 2/3 der Zuschläge an, so dass 1/3 beim Unterhaltspflichtigen anrechnungsfrei verbleibt (OLG München, Urteil vom 08.12.1981, Az.: 4 UF 247/81).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Beschluss vom 13.03.2013 (Az.: XII ZB 650/11); OLG München Urteil vom 08.12.1981 (Az.: 4 UF 247/81)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330056
Wie ist ein Nutzungsvorteil eines Firmen-KFZ bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Zurverfügungstellung eines Firmen-Kfz durch den Arbeitgeber, welches auch privat durch den Arbeitnehmer genutzt werden darf, stellt einen bei der Unterhaltsberechnung zu beachtenden Nutzungsvorteil dar (BGH, Urteil vom 16.07.2008, Az.: XII ZR 109/05), soweit die unterhaltspflichtige Person sich entsprechende Aufwendungen erspart. Der Betrag ist im Einzelfall, unter Beachtung der steuerlichen Mehrbelastung, zu schätzen (Kriterien können dabei sein: Kostentragung des Treibstoffs, der Versicherung und der Steuern). Privatfahrten können durch Fahrtenbuch oder durch die steuerrechtliche 1 % Regelung berücksichtigt werden. Ggf. ist der entsprechende Nutzungsvorteil auf dem Lohnbeleg ausgewiesen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 16.07.2008 (Az.: XII ZR 109/05)
Stand: 23.12.2021
WDB-Beitrag Nr.: 330063
Wie sind Geldbußen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Geldbußen oder Geldstrafen sind in der Regel nicht einkommensmindernd anzuerkennen, weil es sich dabei regelmäßig um vermeidbare Ausgaben handelt (vgl. Heiß/Born, Unterhaltsrecht, 3. Kapitel, Rz.212).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 26.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330064
Wie sind erbrachte Leistungen für Bildung und Teilhabe gegenüber der unterhaltspflichtigen Person nach § 33 SGB II geltend zu machen?
Schulausflüge sind vom Regelbedarf nach §§ 1610 Abs. 1, 1612a BGB umfasst. Dieser Regelbedarf deckt grundsätzlich sämtliche allgemeinen Lebenskosten ab, so dass Kosten von Schulausflügen grundsätzlich nicht geltend gemacht werden können. Allerdings gilt, je niedriger die Unterhaltsverpflichtung nach der Düsseldorfer Tabelle ist, desto eher werden Sonderausgaben nicht mehr durch den Unterhaltsbetrag gedeckt und können zusätzlich verlangt werden. Im Fall einer Geltendmachung bedürfen diese Kosten keiner eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/ Inverzugsetzung.
Mehrtägige Klassenfahrten können in tatsächlicher Höhe geltend gemacht werden. Sie zählen zu dem sogenannten Sonderbedarf des § 1613 Abs. 2 BGB und bedürfen damit keiner eigenen Rechtswahrungsanzeige/ Inverzugsetzung.
Kosten der Schülerbeförderung sind vom Regelbedarf nach §§ 1610 Abs. 1, 1612a BGB umfasst und können als Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Allerdings gilt, je niedriger die Unterhaltsverpflichtung nach der Düsseldorfer Tabelle ist, desto eher werden Sonderausgaben nicht mehr durch den Unterhaltsbetrag gedeckt und können abzüglich des Eigenanteils geltend gemacht werden. Sie bedürfen keiner eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/Inverzugsetzung.
Die Aufwendungen für Schulbedarfe (100,00 EUR im Kalenderjahr) sind vom Regelbedarf gemäß §§ 1610 Abs. 1, 1612a BGB umfasst und können als Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Allerdings gilt, je niedriger die Unterhaltsverpflichtung nach der Düsseldorfer Tabelle ist, desto eher werden Sonderausgaben nicht mehr durch den Unterhaltsbetrag gedeckt und Aufwendungen für den Schulbedarf können bei der unterhaltsberechtigten Person in vollem Umfang geltend gemacht werden. Sie bedürfen keiner eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/ Inverzugsetzung.
Die Kosten für Nachhilfestunden sind bei gelegentlichem Bedarf vom Regelbedarf nach §§ 1610 Abs. 1, 1612a BGB umfasst und können als Teil der allgemeinen Lebenshaltungskosten grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Allerdings gilt, je niedriger die Unterhaltsverpflichtung nach der Düsseldorfer Tabelle ist, desto eher werden Sonderausgaben nicht mehr durch den Unterhaltsbetrag gedeckt, so dass die Kosten für gelegentliche Nachhilfestunden bei der unterhaltsberechtigten Person in vollem Umfang geltend gemacht werden können. Sie bedürfen keiner eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/ Inverzugsetzung.
Liegt ein längerer Bedarf vor, ist ein Mehrbedarf gemäß § 1610 Abs. 2 BGB anzunehmen. Diese Kosten können ebenfalls bei der unterhaltspflichtigen Person geltend gemacht werden. Sie bedürfen im Zeitpunkt der Gewährung einer eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/Inverzugsetzung.
Mitgliederbeiträge und Beiträge für Kunst und Musikunterricht, sind als Mehrbedarfe gemäß § 1610 Abs. 2 BGB einzugruppieren. Diese Kosten können ebenfalls bei der unterhaltspflichtigen Person geltend gemacht werden. Sie bedürfen im Zeitpunkt der Gewährung einer eigenständigen Rechtswahrungsanzeige/ Inverzugsetzung.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330044
Wie sind Gewerkschaftsbeiträge bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Gewerkschaftsbeiträge und Beiträge zu Berufsverbänden sind einkommensmindernd zu berücksichtigen, soweit der Betrag im Verhältnis zum Einkommen angemessen ist (eine Unangemessenheit wurde bei Überschreiten der 5,5 % Hürde verneint, vgl. KG Berlin, Urteil vom 13.07.1978, Az.: 15 UF 952/78).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; KG Berlin Urteil vom 13.07.1978 (Az.: 15 UF 952/78)
Stand: 26.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330065
Wie sind Gratifikationen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Gratifikationen (z.B. Weihnachtsgeld, Abschlusszuwendungen, jährliche Sonderzuwendungen; Prämien etc.) sind Teil der Arbeitsvergütung und sind in der Regel anteilig auf das gesamte Nettojahreseinkommen (mithin zwölf Monate) umzulegen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 26.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330061
Wie sind Kosten einer privaten und beruflichen Haftpflichtversicherung bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung sind in der Regel nicht vom Einkommen abzusetzen, da diese Kosten bereits im Selbstbehalt enthalten sind. Der Selbstbehalt stellt zur Sicherung des Existenzminimums den Eigenbedarf der unterhaltspflichtigen Person dar, mithin die Grenze der Leistungsfähigkeit.
Eine beruflich veranlasste Haftpflichtversicherung ist als berufsbedingte Aufwendung in der Regel abzusetzen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 26.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330062
Führt allein die Untätigkeit des Berechtigten zur Verwirkung von rückständigem Unterhalt?
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 31. Januar 2018 – XII ZB 133/17 erneut betont, dass allein aufgrund der Untätigkeit des Berechtigten keine Verwirkung von rückständigem Unterhalt eintritt.
Grundsätzlich kommt eine Verwirkung nach dem allgemeinen Grundsatz von § 242 BGB in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht auf längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte.
Voraussetzung für eine Verwirkung sind das Vorliegen von Zeitmoment und Umstandsmoment.
Für das Zeitmoment wird der Ablauf von nur etwas mehr als einem Jahr als ausreichend erachtet. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem das Recht erstmalig hätte geltend gemacht werden können. Die eingetretene Verwirkung aufgelaufener Unterhaltsrückstände führt im Übrigen nicht zu einer Verwirkung des zukünftigen Unterhalts.
Selbst wenn das Zeitmoment erfüllt sein würde, muss zusätzlich das Umstandsmoment hinzukommen. Hierfür müssen besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Nach Auffassung des BGH (Az XII ZB 133/17) kann die bloße Untätigkeit für sich genommen das Umstandsmoment nicht begründen. Entscheidend ist, ob bei objektiver Beurteilung der Verpflichtete dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Ob also der Schuldner sich darauf einrichten durfte, dass er mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauche.
Schlichtes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs, kann daher kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslösen. Dies gilt auch für eine unterlassene Fortsetzung einer bereits begonnenen Geltendmachung. Daher genügt es für das Umstandsmoment beim Schuldner auch nicht, wenn der Gläubiger entgegen seiner Ankündigung seinen Anspruch zunächst nicht beziffert.
Gegenteiliges könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn der Anspruch ausgehend von der Auskunft eines ausgewiesenen, unterhalb des Selbstbehalts liegenden Einkommens, ersichtlich mangels Leistungsfähigkeit nicht gegeben gewesen wäre.
Im Übrigen gelten diese Grundsätze auch für titulierte Unterhaltsansprüche. Daher kann aus der bloßen Nichtgeltendmachung der Forderung kein Vertrauenstatbestand beim Schuldner im Sinne des Umstandsmoments der Verwirkung erwachsen.
Ein Schuldner der durch bewusstes Verzögern der Auskunft und Verschleppung des Verfahrens eine Verwirkung provoziert, genießt wegen Treuwidrigkeit keinen Vertrauensschutz.
Auch bei unterlassener Einforderung einer Erhöhung des dynamischen Unterhalts durch den Gläubiger ist keine Verwirkung gegeben. Dem Schuldner kann zugemutet werden, die geschuldeten Unterhaltsbeträge selbst zu errechnen.
Beim Mindestunterhalt müssen im Übrigen besondere Gründe das Vorliegen des Zeit- und Umstandsmoments begründen. Der Pflichtige kann trotz Zeitablaufs nicht darauf bauen, das minderjährige Kind, sei nicht auf Unterhalt angewiesen.
Bei der Verwirkung handelt es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung (keine Einrede), die der Unterhaltsschuldner jedoch vortragen muss, damit das Gericht diese ggf. von Amts berücksichtigen kann. Die Darlegungs- und Beweislast für die konkreten Voraussetzungen der Verwirkung trägt der Schuldner.
Um eine Verwirkung zu verhindern sind eine Aufforderung zur Auskunftserteilung, die Bezifferung, die Zahlungsaufforderung, periodische Mahnungen und regelmäßige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Bedeutung. Auch vorbereitende Handlungen, wie das Einräumen von Stellungnahmefristen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung können eine Verwirkung verhindern.
Hinweise: § 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH, Beschluss vom 31.01.2018 – XII ZB 133/17
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330093
Wie sind Einkünfte aus illegaler Beschäftigung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Einkünfte aus einer illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeit) sind, sofern sie erbracht wurden, als Einkommen anzurechnen. Allerdings sollten zuvor Steuern und Sozialabgaben und ggf. bezogene SGB II Leistungen in Abzug gebracht werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.07.2012, Az.: 9 UF 292/11).
Zu beachten ist, dass es sich um Einkünfte handelt, die durch einen Verstoß gegen ein gesetzliches Gebot erwirtschaftet werden. Daher kann eine Aufgabe dieser Beschäftigung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Daher bietet sich eine Anrechnung nur bei Unterhalt für die Vergangenheit an.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; OLG Brandenburg Beschluss vom 26.07.2012 (Az.: 9 UF 292/11)
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330068
Wie sind Krankengeldzahlungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Krankengeldzahlungen haben eine Lohnersatzfunktion und sind damit, ggf. nach Abzug eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs, unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Krankengeld ist nicht als Sozialleistung zu werten, so dass die Vermutung des § 1610 a BGB nicht greift (BGH, Urteil vom 19.11.2008, Az.: XII ZR 129/06).
Bei einem Krankengeldbezug der unterhaltspflichtigen Person kann im Fall von Kindesunterhalt eine Absenkung des Selbstbehalts auf nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige erfolgen. Die SüdL (21.4 SüdL, Stand 01.01.2016), die UhL Hamm (21.4 UhL Hamm, Stand 01.01.2016) und die UhL Frankfurt (21.4 UhL Frankfurt, Stand 01.01.2016) erlauben beim Ehegattenunterhalt eine Reduzierung des Selbstbehalts. Eine Reduzierung auf den notwendigen Selbstbehalt ist gemäß der UhL Rostock möglich (21.4 UhL Rostock, Stand 01.01.2016). Ggf. können die örtlichen Leitlinien berücksichtigt werden.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 19.11.2008 (Az.: XII ZR 129/06)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330069
Wie sind Kosten für einen krankheitsbedingten Mehrbedarf von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die Kosten eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs (sowohl psychische und physische Erkrankungen) sind für nachgewiesene, medizinisch notwendige und den allgemeinen Lebensbedarf übersteigende Ausgaben einkommensmindernd zu berücksichtigen, soweit diese nicht durch eine Versicherung abgedeckt sind.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330070
Wie ist Kurzarbeitergeld und Winterausfallgeld bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Kurzarbeitergeld und Winterausfallgeld haben eine Lohnersatzfunktion und sind vollumfänglich unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330066
Wie sind Leistungszulagen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Leistungszulagen, die regelmäßig Bestandteil des Einkommens sind (z.B. Leistungszulage wegen langjähriger Betriebszugehörigkeit), unterliegen der vollen unterhaltsrechtlichen Anrechnung.
Leistungszulagen, die ausnahmsweise gezahlt werden, um besondere Leistungen zu würdigen (z.B. Erfindungen, Patente, Lizenzen etc.) sind wie Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit zu behandeln und nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB anzurechnen (BGH, Urteil vom 25.06.1980, Az.: IVb ZR 530/80). Kriterien können hierbei die Sicherung des Mindestunterhalts, eheliche Lebensverhältnisse, Ausmaß des wahrgenommenen Umgangsrechts, Alter und körperliche Konstitution der unterhaltspflichtigen Person etc. sein.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 25.06.1980 (Az.: IVb ZR 530/80)
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330067
Wie sind Lottogewinne bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Zuflüsse aus einem Lottogewinn stellen Vermögen dar. Hiervon sind nur die Erträge aus regelmäßigen Zinseinkünften, nach Abzug von Werbungskosten und Steuern, dem unterhaltsrechtlichen Einkommen hinzuzurechnen.
Vergleiche Vermögen
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 03.06.2019
WDB-Beitrag Nr.: 330073
Wie sind Mieteinkünfte bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Mieteinkünfte sind nach Abzug der auf den Mieter nicht umlagefähigen Nebenkosten und der Instandhaltungsrücklage dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen. Die Instandhaltungsrücklage ist nur im Rahmen der Angemessenheit vom unterhaltsrelevanten Einkommen abzuziehen (Grenze: übertriebener Vermögensaufbau). Zudem können die Zins- und Tilgungsraten für die Immobilie im Rahmen der Altersvorsorge berücksichtigt werden.
Bei einer vermieten Immobilie sind die erzielten Mieteinnahmen abzgl. der nicht umlagefähigen Betriebskosten und Einkommenssteuern auf das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen hinzuzurechnen. Eine Absetzung für Abnutzung (AfA) ist nicht anzusetzen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330074
Wie sind Mietkosten bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die laufenden Mietkosten inklusive Nebenkosten werden allgemein zu der privaten Lebensführung gerechnet. Die Kosten der privaten Lebensführung sind bei der Bemessung des Selbstbehalts berücksichtigt, so dass die Mietkosten grundsätzlich keinen Einfluss auf die Bestimmung des individuellen Selbstbehalts haben.
Geringere Mietkosten
Bei geringeren Mietkosten ist der Selbstbehalt grundsätzlich nicht zu reduzieren; es obliegt vielmehr der Dispositionsfreiheit der unterhaltspflichtigen Person, wie die belassenen Mittel eingesetzt werden (BGH, Urteil vom 23.08.2006, Az.: XII ZR 26/04; BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az.: XII ZR 63/00, OLG Braunschweig, Beschluss vom 18.10.2012, Az.: 1 UF 158/12). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann gemacht werden, wenn der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes ansonsten nicht gesichert ist (BGH, Urteil vom 09.01.2008, Az.: XII ZR 170/05, OLG Köln, Beschluss vom 11.09.2009, Az.: 4 WF 130/09).
Höhere Mietkosten
Bei höheren Mietkosten kann der Selbstbehalt erhöht werden, wenn die Wohnkosten den im Selbstbehalt befindlichen Wohnkostenanteil übersteigen und hierbei nicht unangemessen sind. (21.4 Uhl Thüringen 21.5 UhL Hamburg, 21.5 UhL Bremen).
Wird die Immobilie von mehreren Personen genutzt, ist der Nutzungsanteil des Pflichtigen an dieser festzustellen. Bei Erwachsenen erfolgt die Anrechnung in der Regel nach Köpfen, bei Kindern mit einer Pauschale von 20 % des Barunterhaltsanspruchs (21.5.2 SüdL, 21.5 UhL Köln).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 23.08.2006 (Az.: XII ZR 26/04); BGH Urteil vom 25.06.2003 (Az.: XII ZR 63/00); OLG Braunschweig Beschluss vom 18.10.2012 (Az.: 1 UF 158/12); BGH Urteil vom 09.01.2008 (Az.: XII ZR 170/05); OLG Köln Beschluss vom 11.09.2009 (Az.: 4 WF 130/09)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330075
Wie sind Nachtarbeitszuschläge bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Zuschläge für Nachtarbeit sind unterhaltsrechtlich als Einkommen anzurechnen, wenn sie berufstypisch sind und in einem geringeren Umfang geleistet werden (BGH, Beschluss v. 13.03.2013, Az.: XII 650/11). Oftmals ist die Nachtarbeit im Rahmen der normalen Berufstätigkeit zu leisten (z.B. Bäckerhandwerk, Schichtbetrieb im Bereich der Daseinsvorsorge etc.).
Bei Zuschlägen über dieses Maß hinaus, erfolgt die Anrechnung nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB. Kriterien können hierbei die Sicherung des Mindestunterhalts, eheliche Lebensverhältnisse, Ausmaß des wahrgenommenen Umgangsrechts, Alter und körperliche Konstitution der unterhaltspflichtigen Person etc. sein.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Beschluss v. 13.03.2013 (Az.: XII 650/11)
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330071
Wie sind Nebenkosten bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Die im Rahmen eines Mietverhältnisses anfallenden Nebenkosten können vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen nicht abgesetzt werden. Die Nebenkosten eines Mieters sind grundsätzlich im Mietanteil des Selbstbehalts enthalten, so dass weitere Wohnnebenkosten nicht berücksichtigt werden können.
Bei den Nebenkosten eines Eigentümers ist zu differenzieren: Die umlagefähigen Nebenkosten sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, da diese bereits im Selbstbehalt enthalten sind (analog zum Mieter). Nicht umlagefähige Betriebskosten sind bei der Berechnung des Wohnwertvorteils zu berücksichtigen (s. Beitrag zum Wohnwertvorteil).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 29.06.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330072
Wie sind Pflegegeldleistungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Pflegegeldzahlungen aufgrund § 37 SGB XI, zählen grundsätzlich nicht zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen. Dabei ist § 1610 a BGB zu beachten, so dass die Pflegegeldzahlungen Sozialhilfeleistungen darstellen, bei welchen widerlegbar vermutet wird, dass sie durch Aufwendungen aufgebraucht werden (OLG Koblenz, Urteil vom 07.04.2005, Az.: 7 UF 999/04)
Pflegegeld nach dem Pflegegeldgesetz für die Betreuung eines Dritten, stellt gemäß § 13 Abs. 6 SGBXI in der Regel kein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen dar, da die Bereitschaft zur Pflege aufrecht erhalten werden soll und durch die Nichtanrechnung ein Anreiz geschaffen werden soll.
Pflegegeld für die Betreuung eines fremdem Kindes nach § 39 Abs.1 SGB VIII umfasst den notwendigen Unterhalt und die Kosten der Erziehung. Der Anteil für den notwendigen Unterhalt ist nicht anzurechnendes Einkommen. Laut den Unterhaltsleitlinien sind Leistungen der Pflegeversicherung nur ausnahmsweise als Einkommen der Pflegeperson zu berücksichtigen, § 13 Abs. 6 SGB XI. Berücksichtigungsfähiges Pflegegeld nach § 13 Abs. 6 SGB XI oder Pflegegeld nach anderen Rechtsvorschriften ist Einkommen der Pflegeperson höchstens mit dem Anteil, durch den Ihre Bemühungen abgegolten werden. (2.8 Uhl SüdL, 2.8 Uhl Hamburg, 2.8 Uhl Köln, 2.8 Uhl Thüringen, 2.8 Uhl Schleswig-Holstein)
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 23.08.2006 (Az.: XII ZR 26/04); BGH Urteil vom 25.06.2003 (Az.: XII ZR 63/00); OLG Braunschweig Beschluss vom 18.10.2012 (Az.: 1 UF 158/12); BGH Urteil vom 09.01.2008 (Az.: XII ZR 170/05); OLG Köln Beschluss vom 11.09.2009 (Az.: 4 WF 130/09)
Stand: 03.06.2019
WDB-Beitrag Nr.: 330078
Wie ist die Rangfolge von Unterhaltsansprüchen geregelt?
Die gesetzliche Regelung des § 1609 BGB regelt die Rangfolge der Unterhaltsansprüche:
Die Unterhaltsansprüche von minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern sind als erstes zu berücksichtigen.
Als nächstes sind Ansprüche aus Betreuungsunterhalt, Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt aufgrund der Betreuung eines Kindes, und Trennungs- und nachehelicher Unterhalt wegen langer Ehedauer zu beachten.
Weitere Trennungsunterhaltsansprüche und nacheheliche Unterhaltsansprüche sind erst im Anschluss zu bedienen.
Kinder, die nicht minderjährig sind bzw. den minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichgestellt sind, sind erst an 4. Stelle zu berücksichtigen.
An 5. Stelle sind Enkelkinder und weitere Abkömmlinge unterhaltsberechtigt, gefolgt von Eltern und weiteren Verwandten.
Rang | Unterhaltsanspruch |
1. Rang | Minderjährige Kinder und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleich gestellten Kindern |
2. Rang | Betreuungsunterhalt. Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes, Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt wegen langer Ehedauer |
3. Rang | Weitere Trennungsunterhaltsansprüche und nacheheliche Unterhaltsansprüche |
4. Rang | Kinder die nicht unter den 1. Rang fallen |
5. Rang | Enkelkinder und Abkömmlinge |
6. Rang | Eltern |
7. Rang | Weitere Verwandte |
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 06.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330079
Aufgrund welcher Rechtsgrundlagen können Auskünfte bei Behörden, Arbeitgebern und Dritten eingeholt werden, die zur Durchführung des § 33 SGB II benötigt werden?
Von anderen Sozialleistungsträgern und Behörden können ggf. Auskünfte über Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Rahmen der Amtshilfe verlangt werden (§§ 4-7 SGB X i. V. mit § 40 Abs. 1 SGB II). Wird diese Amtshilfe vom ersuchten Leistungsträger verweigert, so kann Auskunft nur unter den Voraussetzungen des § 74 Satz 1 Nr. 2 a SGB X erlangt werden. Zu beachten ist aber, dass der zuständige Träger den Unterhaltspflichtigen vorab unter Hinweis auf diese Übermittlungsbefugnis des anderen Trägers zur Mitwirkung aufgefordert hat und dieser dennoch seiner Verpflichtung nicht oder nicht ausreichend nachgekommen ist.
Die Auskunftspflicht der Finanzämter ergibt sich aus § 21 Abs. 4 SGB X i. V. mit § 40 Abs. 1 SGB II.
Soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich ist, hat auf Verlangen auch der Arbeitgeber des Dritten/Unterhaltspflichtigen über die Beschäftigung, insbesondere über das Arbeitsentgelt, Auskunft zu erteilen (§ 60 Abs. 3 Nr. 2 SGB II).
Der Dritte ist gemäß § 60 Abs. 2 SGB II verpflichtet, dem zuständigen Träger auf Verlangen entsprechende Auskünfte zu erteilen. Soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich ist, erstreckt sich der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch auf Art und Umfang der Leistungsverpflichtung des Dritten sowie auf damit in Zusammenhang stehendes Einkommen und Vermögen.
Bei der Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung ergibt sich der Umfang des öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruches nach § 60 Abs. 2 S. 3 SGB II aus § 1605 Abs. 1 BGB.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330004
Bei der Prüfung von Unterhaltsansprüchen werden beispielsweise die geschiedenen Ehegatten aufgefordert, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Dieses Auskunftsverlangen kann mittels Zwangsgeld durchgesetzt werden. Welcher Rechtsweg ist gegen die Androhung des Zwangsgeldes gegeben?
Gegen die Androhung eines Zwangsgeldes ist der Sozialrechtsweg gegeben.
Die Androhung eines Zwangsgeldes bestimmt sich gemäß § 40 Abs. 8 SGB II i. V. m. dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes (VwVG). Mit dem Zwangsmittel soll ein bestehender (Grund-)VA durchgesetzt werden, deshalb sind gegen das Zwangsmittel die gleichen Rechtsmittel zulässig, die gegen den (Grund-)VA zulässig sind (§ 18 Absatz 1 S. 1 VwVG). Im Übrigen ist der Sozialrechtsweg auch im Rahmen der einheitlichen gerichtlichen Zuständigkeit gegeben.
Hinweise: Siehe auch Eintrag "Zwangsgeld" zu § 60.
Stand: 29.05.2018
WDB-Beitrag Nr.: 330018
Kann eine Rückübertragung nach § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche unmittelbar auf den Beistand des Jugendamtes, welcher im Sinne von § 1712 BGB von einem Elternteil beantragt wurde, erfolgen?
Gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II können die SGB II-Leistungsträger den auf sie übergegangenen Anspruch im Einvernehmen mit dem Empfänger der Leistungen auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Anspruch abtreten lassen. Empfänger der SGB II-Leistungen und Anspruchsinhaber des Unterhaltsanspruchs war das Kind. Eine Rückübertragung ist auch nur auf das Kind (ursprünglicher Anspruchsinhaber), vertreten durch den Elternteil, möglich.
Im Übrigen ist der Beistand des Jugendamtes nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch nicht berechtigt, den Abtretungsvertrag für das Kind zu schließen, da der Wirkungskreis des Beistands nach § 1712 BGB gesetzlich definiert und einer erweiterten Auslegung nicht zugänglich ist. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil nach dem Forderungsrückerwerb gegebenenfalls die Geltendmachung und die prozessuale Durchsetzung wiederum dem Jugendamt obliegt.
Den Rückübertragungs- und Abtretungsvertrag kann daher lediglich der erziehungsberechtigte Elternteil als gesetzlicher Vertreter des Kindes abschließen. Erst dieser kann den Beistand mit der gerichtlichen Geltendmachung bzw. Durchsetzung der rückübertragenen Ansprüche beauftragen.
Hinweise: Siehe auch Einträge "Beistandschaft" und "Erstattungsanspruch gegenüber dem Jugendamt" zu § 33 SGB II.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330019
Wie sind Sachbezüge bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Sachbezüge durch den Arbeitgeber (z.B. verbilligter Warenbezug, Freiflüge etc.) sind grundsätzlich in Höhe der Eigenersparnis unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.10.2013, Az.: 8 UF 213/12).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; OLG Hamm Beschluss vom 07.10.2013 (Az.: 8 UF 213/12)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330080
Ist eine syrische Scharia-Scheidung in der Bundesrepublik Deutschland über EU-Recht anzuerkennen?
Ein Ehepaar hatte in Syrien geheiratet und lebt derzeit in Deutschland. Beide besitzen sowohl die syrische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Mann ließ sich vor einem geistlichen Gericht in Syrien scheiden, indem er eine einseitige Erklärung zum Ende seiner Ehe abgab.
Eine Scharia-Scheidung ist grundsätzlich nicht in Deutschland anzuerkennen.
Eine durch ein Scharia-Gericht protokollierte Ehescheidung muss über EU-Recht nicht in Deutschland anerkannt werden.
Der EuGH hat am 20.12.2017 hierzu entschieden (Az. C-372/16), dass die Rom-III-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1259/2010), nicht das auf die Privatscheidungen anwendbare Recht bestimmt. Von der Verordnung werden nur Ehescheidungen erfasst, die von einem staatlichen Gericht oder einer öffentlichen Behörde ausgesprochen wurden.
Die Scheidung hat somit nur Gültigkeit, wenn sie nationalem Recht folgt. Hierzu hält § 107 FamFG ein isoliertes Anerkennungsverfahren bereit, welches von den jeweiligen Landesjustizverwaltungen (bzw. soweit übertragen, beim Präsidenten des OLG) durchgeführt wird. Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben diese Befugnisse gem. § 107 Abs. 3 FamFG bisher übertragen.
Als Privatscheidungen werden solche Scheidungen bezeichnet, die nicht durch Hoheitsakt erfolgen. Hierunter fallen Ehescheidungen religiöser Instanzen oder sonstiger nichtstaatlicher Stellen. Eine solche Art der Privatscheidung ist die Scheidung nach islamischem Recht.
Im Inland vorgenommene Privatscheidungen sind aus deutscher Rechtssicht ohne Wirkung auf den Bestand der Ehe (Scheidungsmonopol der deutschen Gerichte). Dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine Privatscheidung von Ausländern handelt, die nach dem Scheidungsstatut ihres Heimatstaates wirksam ist (vgl. Beschluss des BGH vom 14.10.1981 – IVb ZB 718/80).
Daher besteht ein etwaiger Trennungsunterhaltsanspruch trotz Scharia-Scheidung fort.
Hinweise: FW § 33 SGB II, § 33 SGB II; § 107 FamFG
EuGH vom 20.12.2017 - C-372/16, EuGH NZFam 2016, 789
Stand: 09.01.2018
WDB-Beitrag Nr.: 330092
Wie sind Spesen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Spesenzahlungen des Arbeitgebers sind nach Abzug der tatsächlichen Aufwendungen, vermindert um die häusliche Ersparnis, dem Einkommen hinzuzurechnen (vgl. 1.4 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien). In der Regel kann ein Einkommen von 1/3 angesetzt werden.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 06.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330076
Wie sind Splittingvorteile bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Der Splittingvorteil aus einer Wiederverheiratung der unterhaltspflichtigen Person kommt der geschiedenen Ehepartnerin/dem geschiedenen Ehepartner, als nacheheliche Entwicklung, nicht zu Gute, da dieser Vorteil auf der neuen Ehe beruht und daher auch bei dieser Beziehung verbleiben soll (BGH, Urteil vom 07.12.2011, Az.: XII ZR 151/09).
Im Falle einer Trennung bzw. Scheidung der zweiten Ehe, ist das vorhandene Einkommen auf drei Bedürftige aufzuteilen. Bei dieser Dreiteilung des vorhandenen Einkommens wird der Splittingvorteil allerdings berücksichtigt, da eine gleichrangige Unterhaltspflicht durch eine neue Ehe automatisch zur Reduzierung der Unterhaltsansprüche aus der ersten Ehe führt (BGH, Urteil vom 07.12.2011, Az.: XII ZR 151/09).
Beim Kindesunterhalt ist der Splittingvorteil hingegen zu berücksichtigen, da beim Kindesunterhalt das tatsächliche Einkommen, unabhängig von dessen Herkunft, entscheidend ist (BGH, Urteil vom 23.05.2007, Az.: XII ZR 245/04 und Urteil vom 17.09.2008, Az.: XII ZR 72/06).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 07.12.2011 (Az.: XII ZR 151/09); BGH Urteil vom 23.05.2007 (Az.: XII ZR 245/04); BGH Urteil vom 17.09.2008 (Az.: XII ZR 72/06)
Stand: 06.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330077
Wie sind Stipendien bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Grundsätzlich sind Stipendien zu den Einkünften hinzuzurechnen. Allerdings wird mit der Vergabe eines Stipendiums häufig eine Zweckbestimmung vorgenommen (so z. B. beim Büchergeld), so dass eine Anrechnung zu unterbleiben hat.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 10.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330083
Wie sind Streikgeldzahlungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Streikgeldzahlungen haben eine Lohnersatzfunktion und sind damit, unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Eine vorübergehende Minderung der Leistungsfähigkeit durch Reduzierung des Einkommens auf die Höhe der Streikgeldzahlungen bei der unterhaltspflichtigen Person ist zur Erreichung besserer Arbeitsbedingungen von der unterhaltsberechtigten Person hinzunehmen.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 10.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330084
In welchem Umfang ist eine bestehende oder drohende Hilfebedürftigkeit (Vergleichsberechnung gemäß § 33 Absatz 2 Satz 3 SGB II) der unterhaltspflichtigen Person bei einer Titelumschreibung nachzuweisen?
Im Rahmen der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche ist gemäß § 33 Absatz 2 Satz 3 SGB II im Rahmen einer sogenannten Vergleichsberechnung sicherzustellen, dass die unterhaltspflichtige Person und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II sind bzw. durch den errechneten Unterhalt werden. Der Unterhaltsanspruch geht daher nur insoweit auf die JC über, soweit Einkommen und Vermögen der unterhaltspflichtigen Person und der Bedarfsgemeinschaft das nach § 11 SGB II zu berücksichtigende Einkommen und das nach § 12 SGB II berücksichtigende Vermögen nicht übersteigen.
Bei einem Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung (sogenannte Titelumschreibung) stellt sich die Frage, inwieweit die Vergleichsberechnung bzw. der ihr zu Grunde liegenden Tatsachen nachzuweisen sind.
Der Bundesgerichtshof hat sich nunmehr mit dem Beschluss vom 08. Mai 2019 – XII ZB 560/16 der Auffassung des Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 09. Oktober 2017 – 8 WF 128/07) angeschlossen. Bei der Umschreibung eines Unterhaltstitels muss die Beachtung der Schuldnerschutzvorschrift des § 33 Absatz 2 Satz 3 SGB II nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden; es genügt die Versicherung des Leistungsträgers, von der Voraussetzung für eine bestehende oder drohende sozialrechtliche Hilfebedürftigkeit des Unterhaltsschuldners keine Kenntnis zu haben.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; OLG Stuttgart (Beschluss vom 09. Oktober 2007 – 8 WF 128/07); BGH (Beschluss vom 08. Mai 2019 – XII ZB 560/16)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330047
Wie sind Trennungsbedingte Verbindlichkeiten bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Werden durch eine Trennung Anschaffung für Hausrat, sonstige Einrichtungsgegenstände und sonstige Gegenstände (z. B. PKW) notwendig, so sind solche Darlehensverbindlichkeiten im angemessenen Rahmen einkommensmindernd zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 15.03.2006, Az.: XII ZR 30/04).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 15.03.2006 (Az.: XII ZR 30/04)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330085
Wie sind überobligatorische Nebentätigkeiten bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Einkünfte aus einer überobligatorischen Nebenbeschäftigung liegen vor, wenn die unterhaltspflichtige Person Einkünfte aus einer Arbeit erzielt, welche sie eigentlich gar nicht ausüben müsste. Diese Einkünfte sind bei der Bestimmung des Einkommens der unterhaltspflichtigen Person grundsätzlich heranzuziehen (1.3 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien). Die Anrechnung dieser überobligatorischen Vergütung ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB vorzunehmen. Kriterien können z.B. die wöchentliche Arbeitszeit, Sicherung des Mindestunterhalts, eheliche Lebensverhältnisse, Ausmaß des wahrgenommenen Umgangsrechts, Alter und körperliche Konstitution der unterhaltspflichtigen Person etc. sein.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 07.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330081
Wie sind Überstundenvergütungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Überstundenvergütungen sind bei der Bestimmung des Einkommens der unterhaltspflichtigen Person grundsätzlich in voller Höhe heranzuziehen (BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az.: XII ZR 63/00 und vom 31.10.2012, Az.: XII ZR 30/10), 1.3 aller unterhaltsrechtlichen Leitlinien. Dies insbesondere, wenn Überstunden nur im geringem Umfang anfallen oder das für den Beruf der unterhaltspflichtigen Person übliche Maß nicht überschreiten. So werden z.B. bei Berufskraftfahrern Überstunden in Höhe von 25 % der normalen Arbeitszeit als berufstypisch angesehen (OLG Hamm, Urteil vom 05.02.1999, Az.: 5 UF 207/98). Überschreiten die Überstunden das übliche Maß, ist die Vergütung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB anzurechnen. Kriterien können z.B. die wöchentliche Arbeitszeit, Sicherung des Mindestunterhalts, eheliche Lebensverhältnisse, Überstunden zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtungen etc. sein.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 25.06.2003 (Az.: XII ZR 63/00): BGH Urteil vom 31.10.2012 (Az.: XII ZR 30/10); OLG Hamm Urteil vom 05.02.1999 (Az.: 5 UF 207/98)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330082
Wie sind Urlaubsabgeltungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Verzichtet eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer auf ihren/seinen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch und lässt sich eine Abgeltung für diesen Verzicht auszahlen, stellt die entsprechende arbeitgeberseitige Zahlung überobligatorisches Einkommen dar. Diese sind nicht als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu berücksichtigen, da eine besondere Anstrengung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers vorliegt (OLG Hamm, Urteil vom 15.10.2004, Az.: 11 UF 22/04).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; OLG Hamm Urteil vom 15.10.2004 (Az.: 11 UF 22/04)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330088
Es soll geprüft werden, ob ein Unterhaltsanspruch eines Leistungsbeziehers auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchenden nach § 33 SGB II übergegangen ist. Der Unterhaltspflichtige ist jedoch nicht bereit, erforderliche Auskünfte zu erteilen.
Der Dritte ist gemäß § 60 Abs. 2 SGB II verpflichtet, dem zuständigen Träger auf Verlangen entsprechende Auskünfte zu erteilen.
Neben der Einleitung eines OWIG-Verfahrens nach § 63 SGB II ist es außerdem zulässig Verwaltungszwang (§ 6 VwVG) auszuüben, z.B. durch ein Zwangsgeld gem. § 11 VwVG. Das Auskunftsverlangen nach § 60 SGB II stellt einen Verwaltungsakt i.S. des § 31 SGB X dar, der auch im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden kann.
Während das OWiG-Verfahren der Sanktionierung der Auskunftsverweigerung dient, bietet das Zwangsgeldverfahren dem Leistungsträger die Möglichkeit, die begehrte Auskunft auch tatsächlich zu erlangen.
Hinweise: Siehe auch Eintrag "Zwangsgeld" zu § 60.
Stand: 17.01.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330016
Wie sind vermögenswirksame Leistungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Der Anteil des Arbeitgebers an der vermögenswirksamen Leistung und die staatliche Zulage zur vermögenswirksamen Leistung (sog. Arbeitnehmersparzulage) sollen das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen nicht mindern, diese sollen der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer voll belassen werden.
Der Sparanteil der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers an den vermögenswirksamen Leistungen mindern das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen grundsätzlich nicht, da ansonsten ein Vermögensaufbau auf Kosten der unterhaltsberechtigten Person betrieben werden könnte. Die Beiträge können aber im Rahmen einer zulässigen Altersvorsorge oder bis zur Grenze der Angemessenheit abgesetzt werden (vgl. 10.6 UhL Dresden, 10.6 UhL Koblenz, 10.6 UhL Celle, 10.6 UhL Schleswig-Holstein, 10.6 UhL Hamm, 10.6 UhL Hamburg, 10.6 UhL Rostock, 10.6 UhL Brandenburg, 10.6 UhL Frankfurt, 10.6 UhL Naumburg, 10.6 UhL Köln).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 12.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330086
Wie sind Wohngeldzahlungen bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Wohngeldzahlungen sind anzurechnen, soweit diese nicht erhöhte Wohnkosten (z.B. wegen einer vorliegenden Behinderung etc.) abdecken (vgl. 2.3 UhL Köln, 2.3 SüdL, 2.3 UhL Naumburg, 2.3 UhL Frankfurt, 2.3 UhL Brandenburg, 2.3 UhL Rostock, 2.3 UhL Hamburg, 2.3 UhL Bremen, 2.3 UhL Hamm, 2.3 UhL Schleswig-Holstein, 2.3 UhL Celle, 2.3 UhL Koblenz, 2.3 UhL Dresden, 2.3 UhL Thüringen). Meist wird der mit Wohngeld gewährte Mehrbedarf auch im Unterhaltsrecht zu gewähren sein. Soweit dies der Fall ist, decken die Wohngeldzahlungen einen höheren Mehrbedarf und sind unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 19.06.2013, Az.: XII 39/11).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil vom 19.06.2013 (Az.: XII 39/11)
Stand: 23.12.2020
WDB-Beitrag Nr.: 330087
Wie ist ein Wohnwertvorteil bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Bei einer selbstgenutzten Immobilie ist sowohl beim Unterhaltsberechtigten, als auch beim Unterhaltspflichtigen der Wohnwertvorteil zu bestimmen:
Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus wird als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie monatliches Einkommen behandelt. Zu beachten ist hierbei, dass der Wert die Belastungen übersteigen muss, die unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung, durch die allgemeinen Grundstückskosten und -lasten, durch Zinsraten und durch sonstige nicht nach § 556 BGB umlagefähige Kosten entstehen. Die Leitlinien der Oberlandesgerichte sehen nach dem Beschluss des BGH vom 18.01.2017. Az. XII ZB 118/16 „einen berücksichtigungsfähigen Schuldendienst“ als abzugsfähig vor. Das OLG Hamm beispielsweise konkretisiert, dass der den Wohnvorteil übersteigende Tilgungsanteil im Rahmen der sekundären Altersvorsorge zu berücksichtigen sein kann.
Es wird von der erzielbaren Miete ausgegangen (objektiver oder voller Wohnwert). Es kann ggf., wenn es nicht möglich oder zumutbar ist die Immobilie zu vermieten oder zu veräußern, stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver oder angemessener Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder bis zum endgültigen Scheitern der Ehe in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.
Für die Berechnung des Wohnwerts kann als Richtlinie, der für die jeweilige/n Stadt/Landkreis veröffentlichte Marktbericht für Immobilien bzw. Mietspiegel herangezogen werden.
Einfacher Wohnwert bedeutet z. B.: Nicht modernisiertes, jedoch instand gehaltenes Altobjekt, Lage in gemischt genutztem Gebiet (Mischgebiet) mit alter Bausubstanz, beim freistehenden Einfamilienhaus Typ des Siedlerhauses mit Erd- und ausgebautem Dachgeschoss.
Mittlerer Wohnwert bedeutet z. B.: Ein Objekt, welches in Bausubstanz und Ausstattung einem durchschnittlichen Standard entspricht und sich in einem allgemeinen Wohngebiet befindet.
Guter Wohnwert bedeutet z. B.: Gut ausgestattetes Wohnobjekt mit guter Bausubstanz und ruhige Wohnzone eines reinen Wohngebiets.
Sehr guter Wohnwert bedeutet z. B.: Hochwertiges Objekt mit erlesener Ausstattung in einer sehr guten Wohnlage.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 21.07.2021
WDB-Beitrag Nr.: 330089
Wie sind Zinseinkünfte bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Zinseinkünfte und Einkünfte aus Kapitalvermögen stellen Einkommen dar und sind abzgl. der Steuern und der Werbungskosten ab dem Zeitpunkt der Geldanlage (nicht dem Auszahlungszeitpunkt der Zinsen) zu berücksichtigen (BGH, Urteil v 08.06.1988, Az.: IVb ZR 68/87).
Beim Ehegattenunterhalt erfolgt eine Berücksichtigung nur soweit das Vermögen eheprägend ist.
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II; BGH Urteil v 08.06.1988 (Az.: IVb ZR 68/87)
Stand: 12.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330090
Wie sind Zuwendungen Dritter bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen?
Für die Entscheidung über die Anrechnung von freiwilligen Zuwendungen Dritter (z. B. kostenloses Wohnen) ist der Wille des Dritten entscheidend.
Soll durch die Zuwendung der eigene persönliche Bedarf der unterhaltspflichtigen Person gesichert werden, ist die Zuwendung den Einkünften der unterhaltspflichtigen Person nicht hinzuzurechnen. Sollen die Zuwendungen der unterhaltspflichtigen Person gerade die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung ermöglichen, so sind sie den Einkünften hinzuzurechnen (8 UhL Thüringen, 8 UhL Dresden, 8 UhL Koblenz, 8 UhL Celle, 8 UhL Schleswig-Holstein, 8 UhL Hamm, 8 UhL Bremen, 8 UhL Hamburg, 8 UhL Rostock, 8 UhL Brandenburg, 8 UhL Frankfurt, 8 UhL Naumburg, 8 SüdL, 8 UhL Köln)
Allerdings können bei einem Mangelfall im Rahmen einer Billigkeitsabwägung die freiwilligen Zuwendungen auch gegen den Willen des Dritten zum Einkommen gezählt werden (vgl. 8 UhL Hamm).
Hinweise:
§ 33 SGB II; FW § 33 SGB II
Stand: 12.07.2017
WDB-Beitrag Nr.: 330091