Die Form folgt der Funktion

Das besondere Beratungskonzept der Sparkasse Oberpfalz Nord in Weiden bedurfte einer besonderen Raumgestaltung. Entstanden sind moderne Büroräume, bei denen Diskretion und Offenheit keine Gegensätze mehr sind.


20.04.2022 - Antonia Kemper -4 MinutenArbeitswelt gestalten

​Das besondere Beratungskonzept der Sparkasse Oberpfalz Nord in Weiden bedurfte einer besonderen Raumgestaltung. Entstanden sind moderne Büroräume, bei denen Diskretion und Offenheit keine Gegensätze mehr sind. Gestalter Jürgen Schlag erklärt, auf welche Punkte bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes eingegangen wurde.

Die Sparkasse Oberpfalz Nord hat das weltweit erste, voll digitalisierte Beratungskonzept einer Bank entwickelt und dafür 2018 in Weiden einen eigenen Standort errichtet. Dort können sich die Kunden entweder am Telefon, per Internetchat oder persönlich mit ihrem festen Ansprechpartner austauschen; die übliche Bankeinrichtung wie Schalter oder Kontoauszugsdrucker sucht man hier vergeblich. Stattdessen ist jeder Quadratmeter der Kundenbetreuung gewidmet. Die erfolgt vor allem über digitale Wege, aber auch im persönlichen Gespräch – so, wie der Bankkunde es möchte, jederzeit von Montag bis Freitag zwischen 9 und 19 Uhr. Feste Kundenbetreuung statt unpersönlichen Hotlines sowie örtliche und zeitliche Flexibilität sind die Kernaspekte des neuartigen Beratungskonzeptes – und verlangen eine Einrichtung, die sowohl den digitalen als auch analogen Ansprüchen gerecht wird.

Zusammen mit dem Architekten Christoph Thomas haben die auf Büroräume spezialisierten Innenarchitekten des Nürnberger Büros „Designfunktion“ die Gestaltung der 288 Quadratmeter großen Fläche in einem Neubau übernommen. Zu den Aufgaben des Teams rund um Designfunktion-Geschäftsführer Jürgen Schlag gehörte nicht nur die Möblierung der Zweigstelle, sondern auch ein Farbkonzept sowie die Planung von Licht und Akustik des Open Space für zwölf Mitarbeiter. „Hier gibt es fast keine Räume; es ist eine offene Welt, in die die Kunden eingeladen werden“, erläutert Schlag: „Je nach Thema findet die Besprechung dann eher gesellig auf dem Sofa statt oder vertraulich in einer abgeschirmten Umgebung. Die Form folgt der Funktion – und die Einrichtung der Aufgabe.“

Der Eingangsbereich

Wer für eine persönliche Beratung die Sparkasse betritt, wird von einem transparenten, großzügig gestalteten Raum empfangen. Nur ein einziger, von drei Seiten mit Glaswänden abgeschlossener Raum steht für Besprechungen mit erhöhter Diskretion zur Verfügung. Außen, an seiner Rückwand, hängt ein Multimediabildschirm für Präsentationen und Vorträge, davor befinden sich mobile „Pop up-Stools“ in verschiedenen Farben.

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© Martin Kreuzer

Warte- und Besprechungszone

Die Sofakombination samt Beistelltisch im hinteren Bereich – gehalten in den zuvor für die Sparkasse festgelegten Farben Grau, Rot und Weiß – bietet sich für lockere Gespräche bei Kaffee oder Tee an oder auch als optisch entspannter Ort für Kunden, um eventuelle Wartezeiten zu überbrücken.

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© Martin Kreuzer

Die Besprechungsinsel

Der rote Teppichboden macht aus der Besprechungsinsel mit Stehtisch und -hockern eine Art Marktplatz – und das Zentrum der Sparkasse. „Hier treffen sich alle Berater und bereiten ihre Kundengespräche vor“, erläutert Designfunktion-Geschäftsführer Schlag. „Es ist der ideale Platz für die Kommunikation untereinander, zum Beispiel für Fragen wie: Was würdest du tun? oder: Wie würdest du dieses oder jenes Problem lösen? Ein Platz, an dem man voneinander lernen kann; das finde ich klasse.“

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© Martin Kreuzer

Raum im Raum

Visuell und akustisch abgeschirmt sitzen sich Kunden und Berater für ein semivertrauliches Gespräch in kleinen organisch geformten Boxen gegenüber. Wünscht man es ganz diskret, schließt man zusätzlich die Akustikvorhänge – und nichts dringt nach außen. „Man kann Wände weglassen, aber nicht das Budget“, sagt Schlag, Geschäftsführer von Designfunktion in Nürnberg. Warum? Akustikvorhänge sind teuer (wenn auch deutlich günstiger als das Einziehen von Wänden für Zweier- und Dreierbüros). In den Vorhängen sind Metallplatten eingearbeitet, um auch dunkle Stimmen akustisch wirksam zu reduzieren. „Beratung braucht Abstand“, weiß Schlag. Und wenn nicht räumlich, so doch phonetisch.

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© Martin Kreuzer

Einzel- und Teamarbeitsplätze

An den Doppelarbeitsplätzen werden die Kundengespräche vorbereitet; Beratungen finden hier aber keine statt. Zusätzlich gibt es akustisch abgeschirmte Einzelarbeitsplätze, an denen virtuell per Telefon oder Chat übers Internet informiert wird. Schallschluckend wirken auch die mit Stoff bezogenen akustischen Deckenpaneele, die teilweise von dem 63 Meter langen, geschwungenen Lichtband integriert werden. Alle Arbeitsplätze sind so ausgestattet, dass der Berater seinen Laptop nur in eine Dockingstation schiebt und sich einloggt, um über alle Daten verfügen zu können. „Das heißt, die Mitarbeiter gehen an diesem Innovation Lab der Sparkasse immer dorthin, wo sie ihre jeweilige Aufgabe am besten erledigen können“, erklärt Schlag das für die Sparkasse erarbeitete Konzept. „Schließlich ist das Open Office wie eine Wohnung gestaltet: Wer konzentriert arbeiten will, nutzt das Arbeitszimmer; für den Austausch mit anderen trifft man sich in der Küche, und für gute Gespräche geht man ins Wohnzimmer.“

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Faktor-A-Serie

Das ideale Büro

Weniger Fluktuation, mehr Bewerber, größerer Umsatz – eine gelungene Arbeitsplatzgestaltung kann viele positive Wirkungen haben. In unserer vierteiligen Serie „Das ideale Büro“ zeigen wir Unternehmen, die sich intensiv mit ihrer Büroeinrichtung auseinandergesetzt haben:

Teil 1 – Expertengespräch mit Andreas Schubert: der Bürotrend des nächsten Jahrzehnts
Teil 2 – Beispiel CMS Hasche Sigle Berlin: die Wirtschaftskanzlei mit Wohlfühlbüro
Teil 3 – Beispiel Sparkasse Weiden: Die Form folgt der Funktion
Teil 4 – Beispiel Yves Rocher: offenes Büro, bessere Kommunikation


Titelfoto: © Martin Kreuzer