09.02.2022 - Barbara Domschky -4 MinutenArbeitswelt gestalten
Zuletzt aktualisiert: 20.06.2023
Noch vor ein paar Jahren war die Zukunft seiner Metzgerei, wie die so vieler Nahversorger auf dem Land, ungewiss. Heute macht Claus Böbel aus dem fränkischen Rittersbach die Hälfte seines Umsatzes über seinen Onlineshop. Sein Erfolgsrezept: „Nicht lange nachdenken, einfach machen.“
Als am 6. August 1991 im Europäischen Kernforschungszentrum CERN die erste Webseite online ging, stand Claus Böbel wahrscheinlich gerade in seiner Metzgerei und machte Salami. Hätte jemand dem Metzgermeister aus Franken damals erzählt, dass diese Erfindung einmal das Fortbestehen seines Familienbetriebs sichern würde – er hätte es wohl nicht geglaubt.
Böbels Großvater Georg gründete die Metzgerei in den 1950er-Jahren, seit 2008 betreibt Claus Böbel sie mit seiner Frau Monika und acht Angestellten. Die Geschäfte laufen gut – vor allem dank des Internets. „Ohne das könnten wir an diesem Standort, in einem kleinen Dorf mitten auf dem Land, nicht mehr überleben“, sagt der 51-Jährige. Die Hälfte des Umsatzes erzielt er mittlerweile über den Onlineverkauf seiner Produkte.
Rund 95 Prozent der Bestellungen kommen aus Deutschland, die restlichen Prozent aus dem Ausland. Viele der Kunden sind „Exilfranken oder -bayern“, die sich damit ein Heimatgefühl nach Hause liefern lassen. Der Laden an der Hauptstraße des 350-Einwohner-Dorfs ist zu einer Art Flagship-Store geworden. Immer wieder machen Onlinekunden oder andere Interessierte, die über Social Media von ihm gehört haben, im Urlaub auf einen Zwischenstopp in der Metzgerei halt. Sie schätzen das Regionale, das romantisch Fränkische und die authentische Art des Betriebs, die mittlerweile zu einem Teil des Gesamtkonzepts geworden sind.
„Ein Apfelbaum muss auch wachsen“
Vor der Idee mit dem Onlineshop gab es für den Familienbetrieb eigentlich nur zwei Möglichkeiten: irgendwann mit der alten Kundschaft aussterben – oder neue Wege gehen. 1997 ließ sich Böbel für 50 DM seine erste Webseite mit Adresse, Telefonnummer und Kontaktformular ins Netz stellen. 2004 folgte der erste Onlineshop mit selbst erfundenen „Wurstbriefen“, Grußkarten mit zu Blumen gefalteten Salamischeiben oder Herzen aus gepressten Pfefferstechern. Warum nicht mal was Ungewöhnliches, dachte er sich. Seine Devise damals wie heute: „Nicht lange nachdenken, sondern einfach mal machen.“
Doch erst weitere drei Jahre später, nachdem der Verkauf über das Internet mit neuer Technik professionalisiert worden war, ging der Shop richtig los. „Ein Apfelbaum muss auch wachsen, bis er Früchte trägt“, lautet seine Antwort auf all jene, die lieber schnelle Erfolge sehen wollen.