Intro
Sebastian Keil: Corinna Mönke arbeitet seit über 25 Jahren bei der Hamburger Sparkasse. Sie ist Ausbilderin in der Personalabteilung und stellvertretende Leiterin einer Filiale. Die Mutter von zwei Jungs hat schon sehr früh in ihrer Laufbahn die Ausbilder Eignungsprüfung abgelegt und ist heute Ausbildungsbeauftragte in der Region Ost. Auf ihrem Xing Profil steht als Stellenbezeichnung Lerncoach. Sie selbst hat nie aufgehört zu lernen und hat sich in den letzten Jahren zur Bankfachwirtin und Bank Betriebswirtin fortgebildet. In dieser Rolle ist sie bei der Haspa auch für den Girls und Boys Day zuständig. Und darüber wollen wir heute mit dir sprechen. Wir haben uns im Vorfeld auf das Du geeinigt. Herzlich willkommen, Corinna Mönke!
Corinna Mönke: Hallo.
Schön, dass du da bist. Ich hab viele Fragen zum Girls und Boys Day mitgebracht. Zunächst mal würde mich interessieren, wie der Girls und Boys Day bei euch im Unternehmen aussieht.
Wir haben da ganz viel freie Hand von unserem Arbeitgeber bekommen und jeder kann das für sich so ein bisschen organisieren, wie er möchte. Das heißt, er kann auch die Anzahl von Schüler und Schülerinnen selber bestimmen und eben auch den Ablauf. Da können wir ganz individuell tatsächlich auf die Schüler eingehen.
Okay, das ist ja ein von der Politik ins Leben gerufenes Programm. Ich habe mal geschaut, seit 2001 haben da über 2 Millionen Mädchen daran teilgenommen. Letztes Jahr gab es 91.000 Plätze für Mädchen. Warum macht ihr das bei euch? Man muss es ja nicht machen.
Nö. Es gibt ja mehrere Aspekte, warum wir das machen. Also zum einen, weil wir Kollegen teilweise auch einfach einen Gefallen tun wollen, dass ihre Kinder sich den Arbeitsplatz der Eltern mal angucken dürfen. Und dann gibt es natürlich auch den Grund, dass wir Bewerber suchen. Wir freuen uns ja auf gute Bewerbungen von Auszubildenden. Und da ist natürlich die Hoffnung, wenn es denen bei uns gefallen hat, dass sie ein paar Jahre später, sich bei uns für eine Ausbildung bewerben. Und der dritte Aspekt ist natürlich, jeder Schüler kann natürlich bei uns auch Kunde werden und lernt die Bank dann eben von der anderen Seite kennen.
Okay. Laufen denn die Schüler:innen einfach? Also was macht ihr denn für die Girls und Boys, die dort kommen?
Das ist auch tatsächlich sehr unterschiedlich und sehr individuell. Wir haben hier 1 bis 3 Schüler tatsächlich hier sitzen gehabt in den Jahren vor Corona und da haben wir natürlich gefragt, was die für Erwartungen haben. Und je nachdem, ob die sich tatsächlich für die Ausbildung oder für den Alltag interessieren, haben wir eben einfach geguckt, was können wir mit denen machen. Also die haben aktiv an Kunden mitgearbeitet, die haben den Kassenverkehr sich angeguckt, der für Schüler total spannend und interessant ist, was in einer Bank für Gelder rausgehen, den Tresor sich angeguckt mit der dicken, fetten Tür. Das sind dann natürlich spannende Einblicke, die man als Kunde nicht unbedingt bekommt. Und dann gucken wir eben, was sie gerne wissen wollen. Also wenn es wirklich um Ausbildungsinteresse geht, dann stellen wir unsere Berufsbilder vor, so ein bisschen im Frage Antwort Spiel oder recherchieren mal auf der Homepage. Oder wir erklären eben leichte Zahlungsverkehr-Sachen, also da, wo eben das Interesse auch da ist.
Das heißt also an dem Tag, das ist ja dieses Jahr der 27. April, ist auch klar, dass die Betreuer quasi dafür freigestellt sind, sich mehr oder weniger ausführlich um die Schüler:innen zu kümmern.
Genau. Ich guck dann immer, dass ich einen jüngeren Betreuer tatsächlich an dem Tag für die da habe. Mit Glück vielleicht auch einen Azubi, damit die auch so ein bisschen auf Augenhöhe kommunizieren können. Und dann ist die Person freigestellt, kann aber natürlich auch die tägliche Arbeit ganz normal nachgehen und den Girls und Boys Teilnehmer einfach mitnehmen.
Wie alt sind denn die Schüler:innen, die bei euch so kommen?
Ach so, im Durchschnitt 12-13 Jahre, würde ich sagen.
Okay, also tatsächlich so 6.-7. Klasse meistens. Ja, und ich erinnere das von meinen eigenen Kindern, dass es gar nicht so leicht war, einen Platz zu finden für den Girls und Boys Day. Wie viele Bewerber nehmt ihr denn auf und wie sucht ihr die aus?
Das ist tatsächlich auch von Einheit zu Einheit unterschiedlich. Also hier bei uns in der Einheit. Wir sind eine relativ kleine Einheit. Ich nehme fast jeden. Also mehr wie drei Anfragen hatten wir auch noch nicht unbedingt. Und ich finde, ob ich mich jetzt mit einem Teenager unterhalte oder mit dreien, das ist für mich nicht mehr Aufwand. Also ich würde sicherlich irgendwo einen Cut machen. Bei 4-5 fünf glaube ich, da reicht das dann auch irgendwann. Aber das ist abhängig tatsächlich von der Einheit, wer die Betreuung übernimmt und wie die Personalsituation an dem Tag ist.
Okay, das heißt, wir können schon mal empfehlen, in [Hamburg] Curslack kann man sich bewerben.
Genau. Ich habe auch noch keine Bewerbung für dieses Jahr vorliegen.
Okay, und das Einzugsgebiet ist dann aber schon relativ lokal. Also die umliegenden Schulen.
Ja, also bei uns ist tatsächlich eine Sondersituation, weil der HVV [Hamburger Verkehrsverbund] hier auch sehr unglückliche Fahrzeiten teilweise hat. Aber es ist schon so, dass das im Gesamthaus eben schon im Einzugsgebiet ist.
Was nehmen denn, glaubst du, die Schüler:innen mit, wenn sie so einen Tag bei euch verbracht haben?
Also ich hoffe sehr, dass die mitnehmen, dass wir nahbar sind, weil viele kaufmännische Berufe und da zählt der Bankberuf ja auch mit zu, hat sicherlich einen Ruf der ihm vorauseilt und wir sind eigentlich ja genau so wie jeder andere Mensch, die Spaß an der Arbeit haben, Quatsch machen, lachen und eben andere Leute beraten zu Finanzthemen. Und da hoffen wir immer, dass wir so ein bisschen nahbar werden, dass sie so ein paar Einblicke in das Berufsbild bekommen und dass sie vielleicht das eine oder andere für sich auch privat mitnehmen. Weil im Schulsystem ist ja nicht vorgesehen, dass Jugendliche unbedingt was über den Zahlungsverkehr lernen. Und das ist natürlich so unsere Hoffnung, dass die für sich dann eben auch mitnehmen, wie funktioniert ein Girokonto oder auch ein Sparbuch.
Ja, wichtiger Punkt. Die Frage was ist brutto und netto und so, das ist da eigentlich ein extra Programm. Was mich so ein bisschen interessiert bei Berufen ist der Aspekt der Darstellung nach außen so ein bisschen. Klar, wenn man in handwerklichen Berufen arbeitet, dann hat man vielleicht so oft den Overall an und ich glaube, als ich vor, weiß ich nicht 25 Jahren mein erstes Konto eröffnet habe, da sind mir ganz viele Menschen in Anzug und Kostüm begegnet. Was ich mir vorstellen könnte, ist bei der heutigen Jugend ja nicht ganz so attraktiv. Hat sich das vielleicht verändert in den letzten 25 Jahren?
Tatsächlich! Da haben wir einen ganz modernen fortschrittlichen Vorstand, der vor einigen Jahren ein Gespräch mit Auszubildenden hatte und die hatten mit ihm gesprochen, dass das schon sehr spießig wäre mit Krawatte und dunklen Anzügen. Und da hat der Vorstand, glaube ich, eine Nacht drüber geschlafen und hat dann tatsächlich entschieden, dass wir bei uns im Haus im Business Casual Style herumlaufen. Das heißt, die Männer haben keine Krawatten mehr an, Sakkos und Hemden sind gern gesehen, aber die dunklen Kostüme und Anzüge, die du kennst, die sind eigentlich alle und verstauben bis zur nächsten Silberhochzeit.
Es ist wahrscheinlich viel Wahres dran. Ich würde gerne noch mal zurückkommen auf die Begründung: Warum macht ihr das eigentlich? Ihr öffnet eure Türen am Girls und Boys Day und ladet die Kids ein, in der Hoffnung, dass Interesse am Beruf geweckt wird. Ganz konkret. Vielleicht kannst du darauf noch mal eingehen. Ist es dann auch so, dass die Menschen, die die Begleitung machen, darauf gebrieft werden, dass sie da entsprechend sich verhalten sollen, damit der Beruf interessant wird. Damit da vielleicht auch am Ende eine gute Quote bei rumkommt?
Also ich kann von keinem Kollegen erwarten, dass er sich verstellt und das möchte ich auch gar nicht. Also eigentlich sind meine Kolleg:innen alle sehr authentisch und zeigen einfach das wahre Leben und das wahre Leben macht Spaß. Es macht Spaß in der Bank zu arbeiten, es macht Spaß über tolle, interessante, komplexe Themen zu reden. Also meine Kollegen sollen wirklich nur das zeigen, was sie wirklich täglich erleben, mit den Schattenseiten, nicht jeder Kunde ist immer freundlich zu einem Bankangestellten. Aber es gibt auch viele ganz, ganz tolle Kunden, die unseren Beruf einfach phänomenal machen. Und das sollen die Kolleg:innen, den Schülerinnen und Schülern natürlich einfach vermitteln, ohne sich zu verstellen.
Hast du persönlich besondere Erlebnisse an Girls, die da mal bei euch waren, wo ihr einen schönen Tag hattet oder wo an dem Tag was Besonderes passiert ist?
Ein positives Erlebnis, meinst du?
Ja. Oder vielleicht auch ein aufregendes? Ich meine jetzt keinen Banküberfall oder.
Nein, das kommt auch nicht so oft vor. Wir sind ja nicht im Fernsehen. Im wahren Leben passiert so was, toi, toi, toi, sehr selten. Also, ich habe tatsächlich ein junges Mädel, sehr viele Jahre begleitet. Die hat auch zwei Jahre hintereinander bei uns das Praktikum gemacht und wird sich, glaube ich, auch nächstes Jahr bei uns bewerben für eine Ausbildung. Dann ist sie endlich alt genug und hat ihre Schule fertig und darf dann bei uns anfangen. Das ist natürlich ein ganz tolles Erlebnis, wenn man bei Schüler:innen merkt, die das wirklich wollen und Spaß haben. Und der größte Traum ist, in die Bank zu kommen. Das ist natürlich ein Hammererlebnis und das erfreut einen dann natürlich, weil man auch ein bisschen was richtig gemacht hat. Es gibt aber auch immer kleine Jungs, die einfach keine Lust haben und einfach das machen, weil sie es machen müssen und das Interesse dann nicht so groß ist in dem Augenblick. Das ist dann natürlich so, dass man dann denkt so schade, aber die Zeit verbringen wir dann trotzdem gemeinsam miteinander.
Okay. Das heißt aber, die Empfehlung des Vorstandes, dem Girls und Boys Day Raum zu geben, trägst du auch aus voller Überzeugung mit, um den jungen Menschen quasi den Rahmen zu geben, sowohl den Beruf kennenzulernen als auch vielleicht das Produkt kennenzulernen und auch überhaupt mal ins Berufsleben reinzuschnuppern?
Auf jeden Fall. Das ist total toll. Also eigentlich müsste das öfter im Jahr passieren, dass die jungen Menschen mitkriegen, was so passiert in der Wirtschaft, im Handwerk und wo auch immer.
Ich bin da deiner Meinung. Sehr schön. Hast du noch besondere? Du hast jetzt schon gesagt, bei euch in Curslack wäre noch Platz. Hast du noch andere Dinge, die du vielleicht den Zuhörern hier mit auf den Weg geben möchtest, die ja auch Arbeitgeber sind und vielleicht darüber nachdenken, Plätze für Girls und Boys Day zur Verfügung zu stellen.
Also Girls und Boys Day und Praktikanten sind ja generell schon eine Belastung, weil diese Zielgruppe von Menschen einfach ja noch nicht viel weiß über den Beruf. Und es ist ein Invest, aber ein Invest in die Zukunft. Und ich würde mir wünschen, dass viele Firmen, Schüler und Schülerinnen diese Möglichkeit einfach öfter erlauben, auch wenn es ein Ballast vielleicht in dem Augenblick ist. Aber ich glaube, dass es eine mittelfristige Investition ist, die sich lohnt.
Danke schön. Ja, ich würde sagen, wir kommen jetzt zu unseren berühmten letzten Worten, wie wir sie nennen. Also noch ein paar Rapid-Fire-Fragen. Machen wir drei Stück davon, um ein bisschen noch mehr zu erfahren, wer Corinna ist. Du bist bereit? Okay, dann fange ich an! An meinem Job mag ich am meisten, dass…?
Dass ich jeden Tag mit anderen Menschen zu tun habe.
Wenn ich mal ein Motivationsloch habe, dann hilft es mir…?
Mich bei meinen Kollegen auszukotzen, einen Kaffee zu trinken und weiter zu machen.
Das ist schön. Schön, wenn man solche Kollegen hat, die dazu hören. Und im Berufsleben hätte ich gern von Anfang an gewusst, dass…?
Dass nicht jeden Tag die Sonne scheint, aber sie immer wiederkommt.
Auch wunderschön. Dankeschön.
Gerne.
Vielen Dank. Ja, herzlichen Dank, Corinna. Das war ein tolles Gespräch.
Ich danke dir.