13.09.2023 - Katja Feuerstein -8 MinutenMitarbeiter finden
Was im angloamerikanischen Raum schon seit Jahren Trend ist, gibt es nun auch in Deutschland: Mit der STAFFINGpro Expo erhält die Zeitarbeits- und Personaldienstleistungsbranche eine eigene Leuchtturmveranstaltung. Faktor A hat dazu bei Podiumsteilnehmerin Petra Füller nachgefragt. Sie vertritt die BA am 18.10.
Im Jahresdurchschnitt 2022 waren knapp 830.000 Leiharbeitnehmer*innen in Deutschland entweder sozialversicherungspflichtig oder nur geringfügig beschäftigt – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein leichtes Plus von 14.000 (+2 Prozent). In der Arbeitnehmerüberlassung gab es im Mai 2023 684.700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das waren 34.000 oder 4,8 Prozent weniger als im Vorjahresvergleich. Schon vor Corona hatte die Leiharbeit teils mit einem Beschäftigungsrückgang zu kämpfen, bedingt durch die Transformation in der Automobilindustrie. Doch die Nachfrage ist weiter hoch, allen voran in Logistik und Industrie. Denn der Arbeits- und Fachkräftemangel schlägt auch hier voll zu.
Eine Branche in der Transformation
Laut Lünendonk-Studie verzeichneten die Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland im ersten Quartal 2023 ein durchschnittliches Wachstum von neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, getrieben von Preis- und Lohneffekten sowie hohem Personalbedarf auf Kundenseite. Auch die Prognosen für das zweite Quartal fallen mit durchschnittlich acht Prozent optimistisch aus. Qualifizierte Fachkräfte sind besonders gefragt. Der Bedarf ist so hoch, dass zwei Drittel der Zeitarbeitsfirmen inzwischen Personen im Rentenalter überlassen, sogenannte Silver Worker. Als hoch motivierte und qualifizierte Fachkräfte helfen sie, die Folgen des demografischen Wandels abzumildern. Auch in der Rekrutierung von Zeitarbeitskräften im Ausland sehen viele eine Lösung gegen den Personalmangel. So wurden 2022 knapp 14 Prozent aller Zeitarbeitskräfte aus dem Ausland rekrutiert, ein Plus von 3,9 Prozentpunkten im Vorjahresvergleich. Und fast drei Viertel der Personaldienstleistungsunternehmen planen, ihre Rekrutierungen im Ausland zu verstärken.
Die Leitmesse für Staffingfirmen geht in Runde Zwei
Zu den zentralen Aufgaben der BA gehört auch die Beratung von Arbeitgebern in Fragen der Fachkräftezuwanderung. Speziell für die Personaldienstleistungsbranche gibt es die Koordinierende Stelle Zeitarbeit (KSZ). Die KSZ ist erste Ansprechpartnerin für Unternehmen und Arbeitgeberverbände für alle Themen rund um Zeitarbeit. Im Fokus steht auch hier das Fachkräfte-Incoming aus dem Ausland und die Fachkräfte-Entwicklung. Grund genug, bei der STAFFINGpro Expo in Wiesbaden mitzureden.
STAFFINGpro Expo – die Themen und Trends der Zeitarbeit auf einem Event
Der Mangel an Talenten treibt auch die Staffing-Branche um: Wie konkurrenzfähig bleiben in Zeiten von Digitalisierung? Wie gelingt gutes Employer Branding, wie ein mobiles Bewerbungsmanagement? Wie werde ich als Zeitarbeitsfirma durch Social Media Tools sichtbar für Talente? Welche Datenflüsse muss ich optimieren? Und was sind nochmal Active Sourcing und Master Vendor Solutions und wozu brauche ich die?
Die STAFFINGpro HR Services & Staffing Industry Expo am 18. Oktober gibt diesen Fragen eine Plattform: Sie ist die erste und größte Messe nur für die Branchen Personaldienstleistung und Personalberatung. Nach der Deutschlandpremiere 2022 wird die STAFFINGpro Expo 2023 zum zweiten Mal in Folge stattfinden – durchgeführt vom HRM Institute. Sie richtet sich speziell an Führungskräfte. Auf der Fachmesse können sich diese wertvolle Insights und Impulse für ihre tägliche Arbeit holen, über künftige Entwicklungen informieren und Netzwerken. Das Publikum kann sich dabei auf zahlreiche renommierte Ausstellende und ein hochkarätiges Line-up freuen.
Ausstellungsschwerpunkte sind branchenspezifische Recruiting- und Software Lösungen, Talentmanagement-Tools sowie Employer-Branding-Solutions. Besucher*innen haben die Chance, die Messe mitzugestalten – als Aussteller*innen, Speaker*innen oder Sponsor*innen. Mehr als 50 Ausstellende präsentieren innovative, technologiegetriebene Produkte und High-End-Lösungen im Bereich Human Resources. Das Event bietet die Möglichkeit, alle relevanten Branchenlösungen an einem Tag persönlich kennenzulernen. Dadurch erhalten Teilnehmende einen kompakten Einblick in die praktische Umsetzung der angebotenen Lösung.
Daneben gibt es Keynotes der namhaftesten Köpfe der Szene, wie Christoph Niewerth (COO von Hays) und Simone Straub (CEO der Personalberater Coach). Auf drei Bühnen werden gleichzeitig hochwertige Vorträge und Diskussionen geboten. Die Themen befassen sich mit den Zukunftstrends der Branche, der Digitalisierung von Prozessen sowie den Herausforderungen der künstlichen Intelligenz. Auf einer Podiumsdiskussion sprechen zudem Jens Große (iGZ), Daniela Chikato (talentrakete GmbH), Barbara Braehmer (intercessio GmbH) und Petra Füller (BA, KSZ).
Nachgefragt: Podiumsteilnehmerin Petra Füller antwortet
Die Bedeutung von Personalrecruiting, Talentmanagement und Employer Branding ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Hinzu kommt die Digitalisierung. Künftig wird das Identifizieren, Gewinnen und Binden der richtigen Köpfe noch entscheidender werden. Das weiß auch Petra Füller, Leiterin der KSZ. Bei der STAFFINGpro sitzt sie auf dem Podium.
Faktor A: Die STAFFINGpro Expo ist ein recht junges Event. Warum sollten Arbeitgeber*innen bzw. HR-Verantwortliche die Messe besuchen?
Petra Füller: Bei meinem Besuch der ersten STAFFINGpro im letzten Jahr habe ich viele sehr intelligente, innovative Lösungen mitnehmen können – sowohl für die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite. Schwerpunktthema war, wie aktuell in jeder Branche, natürlich das Thema „Digitalisierung“. Was mich besonders freute, war, dass hier auch die Fachkräfteentwicklung und -qualifizierung im Fokus standen. Beide Fokusthemen wurden dabei als Chance für die Branche hervorgehoben. Die Präsentation technischer Lösungen und live vorgeführter Tools „zum Anfassen“ sowie die bunte Mischung von Beiträgen auf den parallel bespielten Contentbühnen machen mich persönlich neugierig auf das diesjährige Event.
Welchen Mehrwert bietet die STAFFINGpro Expo gegenüber anderen Branchenevents?
Da sie sich speziell an die Personaldienstleistung und Personalberatung richtet, liegt der Fokus ganz klar auf den präsentierten Software- und Branchenlösungen. Eine Besonderheit gegenüber anderen Events sind auch die vielen Startups und jungen Branchenvertretenden.
Was erwarten Sie von der Veranstaltung?
Für die STAFFINGpro sollen gerade Entscheidungsträger*innen der Branche gewonnen werden. In Diskussionen und Fachvorträgen erwarte ich daher wieder viele Ideen und entscheidende Impulse für die perspektivische Zusammenarbeit und freue mich auf neue Netzwerkpartner*innen.
Das gilt auch für das Podium, das ich mit einem meiner Kernthemen „Qualifizierungsverbünde – Gemeinsam Talente entdecken“ ergänzen darf. Die Branche ist schon Trendsetter beim Einsatz von Qualifizierungsinstrumenten wie der Teilqualifikation hin zu einem Berufsabschluss, aber da geht noch mehr.
Was tut die BA, um die Zeitarbeits- und Personaldienstleistungsbranche zu unterstützen?
In der KSZ haben wir uns als Begleiterin der Branche folgende Ziele gesetzt: Das „K“ steht für „Kompetenz“ für alle Themen der Zeitarbeit – intern wie extern; das „S“ steht für „Service“. Als Serviceeinheit haben wir uns vorgenommen, die Kooperation an jeglicher Stelle zu verbessern – in einer Mediatorenrolle, um zwischen Personaldienstleistenden und Agentur zu vermitteln. Und mein persönlicher Schwerpunkt ist das „Z“ wie „Zukunft“. Als Partnerin wollen wir den Arbeitsmarkt der Zukunft für die Zeitarbeitsbranche mitgestalten.
Welche aktuellen (Recruiting) Trends gibt es in der Zeitarbeit und Personalvermittlung?
Die Branche setzt auf schnelles, aber persönliches Recruitment. Open Hiring oder die One-Click-Bewerbung sind hier die Mittel der Wahl. Flankiert wird dies durch den persönlichen, proaktiven Kontakt der Arbeitgeber*innen, teils direkt ergänzt durch eine Karriereberatung.
Welche Rolle spielen Influencer*innen, Blogger*innen und andere Netzakteure?
Als große Netzakteure sind hier sicher die beiden Branchenverbände iGZ und BAP mit ihrer sehr aktiven Verbandsarbeit zu nennen – seit Juni zusammen im Gesamtverband der Personaldienstleister vereint. Grundsätzlich ist die Branche sehr experimentierfreudig und agiert z. B. teils schon mit eigenen Avataren bei der Nachwuchssuche.
Welche aktuellen Tools und Software-Lösungen sollte jeder Personalberatende kennen? Gibt es „Must-haves“?
Hier sehe ich vor allem Tools, die potenzielle Sprachbarrieren bei Bewerbenden abbauen helfen können. Gerade auf der STAFFINGpro habe ich Tools gesehen, die geniale Sprachgeneratoren zur Verfügung stellen. Ein Grund mehr, dieses Jahr auf die Messe zu kommen. Ich bin sicher, es gibt diesmal noch mehr Ausstellende dazu.
Wie schätzen Sie die künftigen Entwicklungen in der Branche ein?
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz mit einer Untersuchung begleitet und diese zeigt, dass es keine massive Auswirkung auf das Handeln in der Branche erzeugte. Da der Großteil der Zeitarbeitnehmer*innen immer noch in der Produktion eingesetzt ist und ein perspektivischer Abbau in der Automobilbranche in jedem Fall durch Bedarfe in anderen produzierenden Branchen aufgefangen wird, sehe ich die Zeitarbeitsbranche weiter als entscheidenden Player. Hinzu kommt, dass sie sich massiv mit dem Thema „Qualifizierung im Rahmen der Transformation des Arbeitsmarktes“ in Qualifizierungsverbünden beschäftigt.
Und speziell im Hinblick auf die Digitalisierung?
Die letzte und die aktuelle STAFFINGpro zeigen deutlich, dass sich die Branche ebenso intensiv mit den Themen Digitalisierung, künstliche Intelligenz & Co. auseinandersetzt.
Vor welchen Herausforderungen steht die Branche aktuell?
Das Thema „Image“ ist für die Zeitarbeitsbranche in Deutschland sicher immer noch ein Handlungsfeld, gerade angesichts des allgemeinen Arbeits- und Fachkräftebedarfs.
Krisen, Inflation & Co. – Arbeitnehmende sehnen sich zunehmend nach Stabilität und Sicherheit, besonders die Generation Z. Zeitarbeit haftet weiter ein negatives Image an, als Branche mit niedrigen Löhnen und ohne jede Aufstiegsoption. Hat Zeitarbeit noch Zukunft?
Ich denke, ja. Gerade die Transformationsprozesse der Arbeitswelt sind hier eine Chance für die Zeitarbeit. Sie kann für viele arbeitsuchende und arbeitslose Menschen eine Chance darstellen, in Unternehmen Fuß zu fassen, die derzeit aufgrund von Veränderungsprozessen noch nicht langfristig personell planen können oder wollen. Weiter ist die Branche gerade im Hinblick auf die immer stärker fokussierte Work-Life-Balance bereits jetzt eine Antwort auf die Wünsche der jüngeren Generation. Nicht zuletzt ermöglicht die Flexibilität der Branche auch Pendler*innen aus dem nahen Ausland Schichtpläne, die mit Familienheimfahrten kompatibel sind. Hier ist die Zeitarbeit oft viel weiter als die „normalen“ Arbeitgeber*innen.
Was brauchen Personaldienstleistende / Personalberatende heute, um sich im war for talents zu behaupten? Wie kann gutes Staffing gelingen?
Sie brauchen ihre Kundenunternehmen als Partner*innen. Überdies eine gemeinsame, strategische Personalentwicklung, die die aktuellen Auftragsbedarfe abdeckt und Raum für eine mittelfristige Personalentwicklung bietet, um langfristig gemeinsam Fachkräfte zu entwickeln. Der Weg ist hier sicher das Ziel. Im Rahmen meiner Netzwerkarbeit mit dem Branchenverband BAP und dessen Akademie gibt es hierzu u.a. eine hilfreiche Seminarreihe, die ich inhaltlich begleite: „Vom Personalgesteller zum Personalentwickler“.
Mit Blick auf die Branche, aber vielleicht auch darüber hinaus – wo sehen Sie die größten Hebel, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen?
Hier verweise ich gerne auf meinen Beitrag zur aktualisierten Broschüre „Arbeits- und Fachkräfte für Deutschland – Gemeinsam Chancen nutzen“ mit den 5 Handlungsfeldern: „Berufseinstieg erleichtern“, „Berufliche Weiterbildung stärken“, „Potentiale im Inland erschließen“, „Erwerbsbiographien stärken“ und „Zuwanderung erleichtern“. Ziel ist es, gemeinsam mit allen Netzwerkpartner*innen am Arbeitsmarkt fokussiert zu agieren und diesen perspektivisch gemeinsam zu entwickeln. Die Zeitarbeitsbranche ist sehr agil, flexibel und experimentierfreudig. Sie nimmt an vielen Stellen eine Trendsetter-Rolle ein. So z. B. bei der Pilotierung von bundesweiten Qualifizierungsverbünden zur beruflichen Weiterbildung oder auch im Rahmen der Integration von geflüchteten Menschen. Die individuelle Bewerberansprache samt Karriere-Coaching gepaart mit der Chance auf wohnortnahe Einsätze, flexible Arbeitszeitmodelle und dem breiten beruflichen Einsatzspektrum sind hier die Absprungbasis. Meine Botschaft wiederhole ich gerne: Gemeinsam geht sicher noch mehr!
Frau Füller, vielen Dank für das Gespräch!