10.11.2021 - Akiko Lachenmann -5 MinutenMitarbeiter qualifizieren
Ein Geschäftsführer und eine Ausbildungsleiterin berichten, wie ihre Betriebe von der Assistierten Ausbildung profitiert haben.
Stefan Kaster geht bei der Suche nach Azubis eigene Wege. „Ich warte schon lange nicht mehr auf Bewerber“, sagt der Geschäftsführer von SAM, einem Hersteller von Sondermaschinen in Mainz. Vielmehr gehe er auf potenzielle Kandidaten zu. „Das funktioniert, weil ich mit der AsA rechnen kann.“
Die Assistierte Ausbildung – kurz AsA – ist ein Förderinstrument der Bundesagentur für Arbeit für Auszubildende und ihre Ausbildungsbetriebe. Das fängt bei der Suche nach einem Betrieb an und geht bis hin zur Prüfungsvorbereitung. Die Maßnahmen reichen von zielgerichteten Nachhilfeangeboten bis hin zu sozialpädagogischer Unterstützung.
Konzentration auf relevante Fähigkeiten
Seit Jahren nimmt Kaster die AsA rege in Anspruch. Statt zu inserieren, kooperiert er mit Ausbildungsberatern in den Schulen, die ihn auf mögliche Azubis für den Ausbildungsberuf Feinwerkmechaniker hinweisen. „Das sind in der Regel junge Männer, die zwar in der Schule schlecht abschneiden, dafür aber andere Qualitäten mitbringen“, sagt er. „AsA gibt mir die Freiheit, mich auf die Eigenschaften der Bewerber zu konzentrieren, die für meinen Betrieb relevant sind. Die Prüfungen kriegen wir dann trotzdem hin – mit Nachhilfe im Rahmen der AsA.“
Wie Kaster konkret vorgeht, beschreibt er am Beispiel von Endri Tafili, 18, der jetzt im zweiten Lehrjahr ist. „Endri ist mit 15 Jahren allein aus Albanien nach Deutschland gekommen, er lebte in einem Heim und besuchte eine Gesamtschule in Mainz“, erzählt Kaster. Als er den Hinweis bekam, dass der Schüler sich als Azubi eignen könnte, lud er ihn ein, zehn Tage lang im Betrieb zu hospitieren. „Wir schauten, ob er zusägen und Metall feilen kann, ob er sorgfältig arbeitet“, erzählt er. Der junge Mann stellte sich geschickt an. Kaster stellte ihn nicht nur ein, er half ihm auch bei der Suche nach einer eigenen Wohnung.
Regelmäßiger Austausch über die Leistungen in der Schule
Seitdem besucht Tafili zweimal pro Woche die Mainzer Bildungseinrichtung Geniefabrik, wo er vor allem Nachhilfe in Mathe bekommt. „Das ist meine Schwäche“, sagt Tafili, „aber dank der Nachhilfe konnte ich bisher alle Prüfungen bestehen.“ Kaster ist immer im Bilde darüber, ob sein Azubi „auf Kurs ist“, wie er zu sagen pflegt. „Die Chancen stehen gut, dass er den Ausbildungsweg weitergeht bis hin zum Meister.“
Kasters Motivation, benachteiligten Jugendlichen eine Chance zu geben, hat auch mit seinem eigenen Werdegang zu tun. „Ich wurde zu früh eingeschult und hinkte in der Schule immer hinterher“, erzählt Kaster, der die Hauptschule besuchte und heute Diplom-Betriebswirt ist. Daher wisse er, dass Noten nicht immer wiedergeben, wozu Menschen fähig sein können.
Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit, machte sich kürzlich selbst ein Bild davon, wie die Unterstützung im Arbeitsalltag bei SAM ihre Wirkung entfaltet. „Ich appelliere an die Unternehmen, die Besetzungsschwierigkeiten haben, auch benachteiligten Jugendlichen eine Chance zu geben, da können wir als BA auch ganz konkret unterstützen. Wir haben die Bedingungen für die assistierte Ausbildung noch besser auf die individuellen Bedarfe der Unternehmen und jungen Menschen ausgerichtet. Es lohnt sich, frühzeitig an das Unterstützungsangebot zu denken, auch um mögliche Ausbildungsabbrüche zu vermeiden“, so Terzenbach.
AsA unterstützt auch bei familiären Problemen
Dass AsA weit über die reine Nachhilfe hinaus gehen kann, zeigt das Beispiel von Sonja Merkle (Name geändert), die bei der Bäckereikette Achim Lohner GmbH & Co. KG mit Sitz in Polch, in der Nähe von Koblenz, eine Ausbildung zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk gemacht hat. „Sie brachte den AsA-Flyer zum Bewerbungsgespräch mit“, erinnert sich Ausbildungsleiterin Katharina Schlaf.
Die Auszubildende hatte nicht nur Probleme beim Lernen, sie war auch schüchtern und teilte sich kaum mit. „Später erfuhren wir dann, dass sie es zu Hause nicht leicht hat“, erzählt Schlaf. Die Mutter war alleinerziehend, hatte ein kleines Kind zu versorgen und konnte sich kaum um Sonja kümmern. Manchmal musste das Mädchen zu Hause aushelfen. „Das war auch ein Grund, warum Sonja manchmal Fehlzeiten hatte.“ Die Betreuer des Bildungsträgers hielten engen Kontakt zu Sonja und erkundigten sich regelmäßig nach ihrem Befinden. „Sie übernahmen ein wenig die Rolle der Eltern“, beschreibt Schlaf. „Ich glaube, das half Sonja, den Ausbildungsweg bis zum Ende zu gehen.“
Für die Bäckerei hat es sich gelohnt, die AsA in Anspruch zu nehmen. „Natürlich nimmt die Maßnahme etwas Zeit in Anspruch – man tauscht sich mit den Betreuern aus und muss Azubis auch mal entbehren, wenn ein Meeting bei der Bildungseinrichtung ansteht“, erzählt Schlaf. Dafür müsse man sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob der Azubi die Prüfungen besteht. „Gerade kleine Betriebe haben oft nicht die Kapazität, Azubis beim Lernen zu helfen.“
Auch Stefan Kaster kann anderen Betrieben nur empfehlen, sich über die Möglichkeiten von AsA zu informieren. „So viele Betriebe orientieren sich immer noch an Abschlüssen und Schulnoten.“ Er empfiehlt, selbst die Fühler auszustrecken und sich „mit dem Menschen“ zu beschäftigen. „Das klingt anstrengend und ist es auch manchmal“, sagt er. Aber ein guter, zuverlässiger Nachwuchs ist die beste Zukunftsgarantie für einen Betrieb.