Reden, um gehört zu werden

Eine gute Präsentation ist nicht selbstverständlich. Faktor A gibt Tipps, damit die nächste Präsentation gelingt.


25.08.2014 - Territory -7 MinutenMitarbeiter qualifizieren

Etwa 30 Millionen Präsentationen werden jeden Tag weltweit gehalten. 84 Prozent davon allerdings gelten als langweilig bis einschläfernd, 97 Prozent als verbesserungswürdig. Lediglich drei Prozent begeistern. Was aber ist an denen anders? Und wie hält man überhaupt einen guten Vortrag?

Es dürfte nicht allzu viele Führungskräfte und Unternehmer geben, die noch nie in der Powerpoint-Hölle schmoren mussten. Schließlich wird bei fast jedem wichtigen Meeting, bei fast jedem Vortrag, Branchentreffen oder Termin mit Kunden, bei fast jeder Messe oder Konferenz diese Form der Präsentation genutzt. Und die Redner? Haben oft genug ihr Thema überfrachtet. Vor allem aber ihre Folien. Statt sich darauf zu beschränken, ihre Ideen zu visualisieren und ihre Kernaussagen zu betonen, beamen sie viel zu viel Text in zu vielen verschiedenen Schrifttypen, –größen und –farben auf die Leinwände, zeigen zahllose Diagramme und kleinteilige Charts, klicken sich durch bunte Animationen, verwirrende Multimediaeffekte und langatmige Videoclips.

Doch das Problem dabei ist nicht das Computerprogramm, das mehr optische Möglichkeiten bietet als man inhaltlich nutzen sollte. Das Problem ist: „Die wenigsten Redner fragen sich: ‚Was von dem, was ich über meine Idee, mein Produkt erzählen möchte, ist wirklich relevant für meine Zuhörer?‘“, sagt Präsentationscoach Michael Gerharz. Der interessiere sich nämlich nicht für die exakten technischen Details wie die des Algorithmus, mit dem sich die Batterielaufzeit um 7,3 Prozent steigern lasse. „Der will wissen: ‚Was habe ich davon?‘“ Dieser Perspektivwechsel sei für einen gelungenen Vortrag ebenso entscheidend wie die Konzentration auf die Kernbotschaft, die man fast immer in zwei, drei Sätzen formulieren könne. „Der Vortragende hat alles richtig gemacht, wenn die Zuhörer am nächsten Tag die Veranstaltung genau mit diesen zwei, drei Sätzen für ihre Kollegen oder den Chef zusammenfassen. Ein guter Vortragender versucht nicht, alles zu erzählen, was er weiß, sondern mit seiner Kernbotschaft neugierig auf mehr zu machen.“

Knappe Kernbotschaften kreativ vermitteln

Gerharz, der im Bereich Kommunikationssysteme promoviert und am Fraunhofer Institut im strategischen Marketing gearbeitet hat, coacht Führungskräfte und Mitarbeiter von DAX-Konzernen, Banken und Softwarehäusern ebenso wie von Pharmaunternehmen oder Selbstständige. „In den Workshops geht es dabei immer darum: ‚Wie schaffe ich es, auf den Punkt zu kommen?’ und ‚Wie gelingt es mir, meine Begeisterung für mein Produkt in anderen zu wecken?’“, erklärt der 39-Jährige. Am eindringlichsten glücke dies durch das Erzählen von Geschichten und Analogien. Dadurch ließen sich viel leichter Emotionen erzeugen als durch Daten und Fakten. „Wir alle sind viel weniger Kopfmenschen, als wir vielleicht meinen. Im Gegenteil: Wir sind fühlende Menschen, die auch denken können. Das gilt für den Vorstandsvorsitzenden genauso wie für Softwareentwickler oder die Personalchefin.“

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© Niklas Briner - „Wir sind viel weniger Kopfmenschen, als wir meinen“, sagt Kommunikationsexperte Gerharz.

Um spannende Geschichten mit seinen Klienten zu entwickeln, nutzt Gerharz das Prinzip der Heldenreise wie es schon Homers „Odyssee“, aber auch Kinofilmen wie „Star Wars“ zugrunde liegt. „Lässt man sein Publikum durch emotionale Geschichten und Bilder mitfühlen und weckt zuerst das Verlangen nach Informationen, bevor man die Details erklärt, ist es viel eher bereit, sich auf den Redner und seine Ideen einzulassen.“ Das gehe auch mit einer Powerpoint-Präsentation, doch manchmal sei eine Rede ganz ohne Multimediaelemente, stattdessen mit Modellen, einem Flipchart oder ganz frei die bessere Wahl. „Immer sollten Botschaft und Publikum im Vordergrund stehen. Nie die Folien. Die sollen das Gesagte ja nur unterstützen“, betont Gerharz.

Eine gute Präsentation ist authentisch und strukturiert

Das bestätigt auch Katrin Markworth. Die 40-Jährige gestaltet als Interface-Designerin bei der digitalen Kommunikationsagentur Interone Benutzungsoberflächen von Webseiten und Apps für Kunden wie BMW, Lufthansa Technik, N24 und für Banken. Vor denen hält die Hamburgerin auch regelmäßig Powerpoint-Präsentationen, um Konzepte vorzustellen, die Arbeitsweise ihres Teams oder den Projektstand. „Eine Präsentation wird immer dann richtig gut, wenn man voll und ganz von seinem Thema überzeugt und authentisch ist“, so ihre Erfahrung. „Die Leidenschaft, die hineinfließt, macht den Unterschied.“ Speziell für Kunden gäbe es als Ausgangsmaterial eine Standardstruktur, von der aber natürlich auch abgewichen werden könne. Sie folgt den Empfehlungen der wohl weltweit bekanntesten Präsentation über Präsentationen: Unter dem Titel „Death by powerpoint (and how to fight it)“ (Tod durch Powerpoint, und wie man ihn vermeiden kann) hatte der Moskauer Berater Alexei Kapterev sie 2007 bei Slideshare.net eingestellt. Knapp 4,5 Millionen Male wurde sie dort bislang geklickt.

Bevor Markworth das Computerprogramm überhaupt öffnet, um die ersten Folien zu erstellen, entwickelt sie handschriftlich auf einem großen Zettel einen groben Plan: Was ist das Ziel der Präsentation – und was sind die Bausteine auf dem Weg dahin? „Zu Beginn werden die Aufgabe, das Problem und das Thema kurz umrissen“, beschreibt sie das Strukturprinzip, dem jede Interone-Präsentation folgt. „Anschließend wird ein Lösungsvorschlag vorgestellt mit drei, vier stützenden Argumenten, mehr kann man sich ohnehin nicht merken, eventuell werden noch mögliche Alternativen genannt samt ihrer Vor- und Nachteile, und zum Schluss gibt es ein überzeugendes Fazit sowie einen Ausblick auf die nächsten Schritte.“ Zwischendurch dürfe die Kernaussage als roter Faden immer wieder mal aufblitzen, müsse aber spätestens am Ende plakativ genannt werden.

Folien inhaltlich stark und einfach formulieren

„Eine richtig gute Präsentation zu bauen, dauert schon ein paar Tage“, sagt Markworth. Gute Vorbereitung ist wichtig. Regeln, wie viele Folien die dann enthalten dürfe oder solle, gebe es bei Interone keine. Nur die, dass jede inhaltlich stark sein müsse. „Und grundsätzlich gilt natürlich, dass pro Folie nur ein Thema, ein Argument oder Problem behandelt wird. Dass alles so einfach wie möglich formuliert wird. Und auch, dass die Standardschriftgröße von 18 Punkt unverändert bleibt.“ Durch die intensive Vorbereitung arbeitet sich Markworth so tief in ihr Thema ein, dass sie es ohne Stichwortzettel sowohl in 45 als auch in zehn Minuten präsentieren kann und in der Lage ist, jede Frage zu beantworten. „Trotzdem“, sagt sie: „Wenn es ein sehr wichtiger Termin ist, übe ich den Vortrag mindestens ein-, zweimal vorher – am liebsten laut und im Beisein von Kollegen.“

Mit Leidenschaft erfolgreich präsentieren

Wie wichtig selbst erfahrene Redner das Üben nähmen, lasse sich unter anderem am Beispiel des verstorbenen Apple-Gründers Steve Jobs zeigen, sagt Michael Gerharz. „Der hat sich monatelang auf eine Konferenz vorbereitet. Zwei Tage vorher hat er dann ausschließlich die Keynote geübt – und das als Chef eines Weltkonzerns.“ Jobs Präsentationen sahen zwar alle locker aus. Doch jede Demonstration, jeder Videoclip, jede Folie wurde genauestens geplant, ihre Abfolge intensiv geprobt. In all dem zeigt sich zugleich auch Jobs leidenschaftlicher Enthusiasmus für die eigenen Produkte – nach Ansicht von Gerharz „die Grundbedingung dafür, mitreißend erzählen zu können. Und jeder, der fest an das glaubt, was er hat oder tut, kann an sich und seinen Präsentationen arbeiten und andere damit begeistern und überzeugen.“

Erfolgreich präsentieren

Tipps von der Sprecherzieherin

Simone Dorenburg ist Sprecherzieherin und schult die Sprecher von Tagesthemen und Tagesschau ebenso wie Mitarbeiter und Führungskräfte von Unternehmen.

Faktor A: Welche Rolle spielt die Stimme bei einer Rede oder bei einer Präsentation?

Dorenburg: Viele Studien belegen, dass die Wirkung von Worten weniger vom Inhalt als von der Stimme und der Art und Weise, wie jemand spricht, abhängt. Die Stimme ist eng mit der individuellen Persönlichkeit verbunden. „Per sonare“ bedeutet durchtönen. Manchen Menschen, die sich nicht trauen, in Kontakt mit ihrem Publikum zu treten, bricht deshalb bei Vorträgen die Stimme weg. Und dann gibt es andere, die eigentlich ganz gerne präsentieren, aber merken, dass sie nicht so überzeugend sind, wie sie es gerne wären.

Und beides lässt sich verändern?

Ja. Mit jeder Stimmübung arbeite ich zugleich auch an der Körperspannung und an der Körperhaltung, die beide die Stimme beeinflussen. Häufig geht es in meiner Arbeit auch darum, Lampenfieber abzubauen und Spaß daran zu haben, vorne zu stehen und Menschen etwas zu vermitteln.

Was hilft bei Nervosität?

Wenn möglich mit denen, die später zuhören werden, vor dem Vortrag ein bisschen Smalltalk machen. So nehme ich schon mal Kontakt mit meinem Publikum auf, und der Unterschied zur späteren Redesituation ist nicht mehr so groß.

Checklist

Last-Minute-Tipps für einen erfolgreichen Vortrag

Mehrere Tage mit Üben für eine Präsentation verbringen? Dafür fehlt im Betriebsalltag oft die Zeit. Doch schon mit kleinem Aufwand machen Sie aus Ihrem Vortrag ein spannendes Werk. Prüfen Sie mit folgenden fünf Tipps Ihre Präsentation, bevor Sie vor Publikum loslegen:

  • Der Relevanz-Check: Ist alles, was Sie vortragen, für den Zuhörer bedeutsam? Details haben nur dann Berechtigung, wenn sie die Relevanz untermauern. Streichen Sie, was den Zuhörer nicht unmittelbar weiterbringt.
  • Die Dreisatz-Methode: Zwingen Sie sich, die gesamte Präsentation in drei Sätzen zusammenzufassen. Gelingt Ihnen das nicht, haben Sie das Thema noch nicht durchdrungen.
  • Die Märchenstunde: Verpacken Sie Ihre Botschaften in eine große oder zwei kleinere Geschichten, die als Rahmenhandlung fungieren. Die prägen sich ein und machen das Erinnern leichter.
  • Der Malkurs: Skizzieren sie auf einem weißen Papier handschriftlich die Zwischenschritte und das Ziel Ihrer Präsentation – noch bevor Sie Powerpoint überhaupt öffnen.
  • Der Laien-Test: Wenn noch etwas mehr Zeit ist, halten Sie die Präsentation vorab vor Kollegen oder Freunden, die vom Thema keine Ahnung haben. Nehmen Sie deren Fragen ernst!

Best Practice Beispiele

In Kürze

Die fünf wichtigsten Fakten über Präsentationen

  • Häufig sind Präsentation überfrachtet und überfordern die Zuhörer. Beschränken Sie sich auf Kernaussagen und die konkrete Visualisierung der Inhalte.
  • Wer sich fragt, worin das Ziel des Vortrags liegt und was wirklich relevant für die Zuhörer ist, kann unwichtige von wichtigen Informationen unterscheiden und die Präsentation so übersichtlich halten.
  • Häufige Fehler bei Folien sind zu große Textmengen, zu viele Farben und Schriften und zu kleinteilige Grafiken.
  • Wer statt Daten und Fakten auf Geschichten und Analogien setzt, sorgt dafür, dass sich die Zuhörer an das Gesagte besser erinnern können.
  • Eine gute Präsentation bedarf ausreichender Vorbereitung und Übung.

Titelfoto: © Niklas Briner