Mit Qualifizierung betriebliche Sicherheit gewinnen

Die Firma Gläser Automatendreherei qualifiziert ihr Personal, um wichtige Kompetenzen auf mehr Schultern verteilen zu können. Im Gespräch mit Faktor A erklärt Geschäftsführer Ingo Gläser, wie das seiner Firma hilft.


17.09.2024 - Matthias Haft -4 MinutenMitarbeiter qualifizieren

Qualifizierung ist einer der Dauerbrenner der Personalpolitik – auch aufgrund immer stärker spezialisierter Tätigkeiten etwa in Produktionsbetrieben. Wie Qualifizierung hilft, Risiken bei dünner Personaldecke abzubauen, beleuchtet Faktor A im Interview.

Für viele Unternehmen ist die regelmäßige Qualifizierung ihrer Beschäftigten zum unverzichtbaren Bestandteil einer Personalpolitik geworden, die Personal langfristig sichert. Rekrutierungsmaßnahmen allein können fachliche Bedarfe oft nicht decken. Zudem bringen neue Angestellte aufgrund immer ausdifferenzierterer Tätigkeiten in einem Betrieb oft nicht die vor Ort erforderlichen Fähigkeiten von Beginn an mit. Dann sind Weiterbildungen sowieso gefragt.

Keine Frage: Einzelne Bereiche eines Unternehmens können auch funktionieren, wenn ungelernte Kräfte aushelfen. Eine gute Auffassungsgabe hilft, und vieles ist sowieso learning by doing. Doch überall da, wo Spezialwissen und -fähigkeiten gefragt sind, werden Fachkräfte unabdingbar. Problemlösungen jenseits des Schema F beherrschen im Zweifel nur sie. Die richtigen Qualifizierungen sind also auch dafür da, möglichst viele Arbeitskräfte in die Lage zu versetzen, Spezialprobleme lösen zu können.

Im Interview: Geschäftsführer Ingo Gläser über die Qualifizierungen in seinem Betrieb

Die Firma Gläser Automatendreherei GmbH im sächsischen Olbernhau nahe der tschechischen Grenze fertigt Drehteile, die in den verschiedensten Produkten verbaut werden, sogar in Satelliten. Seit dem Jahr 2000 arbeitet das Unternehmen auch mit computergestützten Drehmaschinen. Um die Mitarbeitenden auf den sicheren Umgang mit den Maschinen optimal vorzubereiten, lässt die Firma sie zu CNC-Fachkräften (CNC: computerized numerical control, d. h. computerunterstützte numerische Maschinensteuerung) weiterbilden. Im Interview mit Faktor A erläutert Geschäftsführer Ingo Gläser, wieso die Qualifizierungen für seine Firma so wichtig sind und welche Probleme sie lösen.

Porträtaufnahme Ingo Gläser
Foto: Geschäftsführer Ingo Gläser, © Ingo Gläser

Faktor A (FA): Welchen Beruf haben Ihre Mitarbeitenden ausgeübt, bevor sie die Qualifizierung zur CNC-Fachkraft absolviert haben?

Ingo Gläser (IG): Das geht querbeet durch unsere Belegschaft. Da waren Mitarbeitende dabei, die fundiert ausgebildet sind und schon lange bei uns in entsprechenden Funktionen im Unternehmen sind. Aber auch Quereinsteiger, die mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen zwar in der Fertigung gearbeitet haben, letztlich aber ungelernt waren. Teilweise auch Mitarbeitende, die bis zu ihrem Einstieg bei uns branchenfremd waren.

FA: Ist der Bereich CNC heute in einschlägigen Berufen bereits Teil des Ausbildungscurriculums?

IG: Ja, der Zerspanungsmechaniker im Bereich Drehtechnik hat CNC heute schon mit an Bord. In der Berufsausbildung wird nach wie vor die klassische Grundbildung, wie man selbst zerspant, vermittelt. Und das ist auch nötig, um ein Gefühl für die computergestützten Maschinen zu bekommen und diese sicher zu bedienen. Früher waren die CNC-Inhalte nicht immer Teil der Ausbildung.

FA: Welche Rolle spielt Automatisierung an Ihren Drehmaschinen?

IG: Ein Drehautomat ist heute bereits eine recht hoch automatisierte Einheit. Über ein Stangenlademagazin wird Rohmaterial automatisch zugeführt, hinten kommt das fertige Werkstück raus. Und theoretisch kann ein Roboter auch noch be- und entladen. Sogar ein gewisses Maß an Qualitätskontrolle kann automatisiert werden, um z. B. Werkzeugverschleiß rechtzeitig zu erkennen. Aber der Bedarf zur manuellen Unterstützung wird bleiben. So ein Drehautomat kann Fehler machen, die schnell erkannt und behoben werden müssen. Dafür brauche ich qualifiziertes Personal. Und umso besser dieses qualifiziert ist, umso besser kann es die Probleme der Automaten lösen. Fehler ist ja nicht gleich Fehler. Den einen kann ich mit ein bisschen Grundwissen über die Maschine lösen, für andere, komplexere Fehler brauche ich viel fundiertere Kenntnisse.

Foto einer Drehmaschine des Typs DMG Mori NLX 2500 in der Fabrik der Gläser Automatendreherei GmbH
Foto: Eine Drehmaschine des Typs DMG Mori NLX 2500 in der Werkhalle der Gläser Automatendreherei, © Ingo Gläser

FA: Seit Mitte 2023 nutzen Sie verstärkt die Möglichkeiten der Beschäftigtenqualifizierung. Was war der Anlass?

IG: Wir haben erkannt, dass unsere gesamte Fertigung auf zu wenigen ausreichend kompetenten Schultern ruht. Und das ist natürlich immer dann ein Risiko, wenn Abweichungen auftreten. Wenn die fachlichen Voraussetzungen bei einer Person fehlen, gibt es halt Grenzen, wo ich sie einsetzen kann. Ich habe ja schon erwähnt, dass die Drehmaschinen auch einmal komplexe Fehlerbilder haben können. Und wenn die Fehler nur wenige Fachkräfte in der Belegschaft lösen können, müssen diese ständig zu Rate gezogen werden. Das ist ein Risiko. Und auch diese Fachkräfte brauchen ja ihren Urlaub und sind dann für die Lösung von Problemen nicht greifbar. Da haben wir dann gesagt, wir müssen mehr qualifizieren. Denn alleine über Recruiting-Anstrengungen lässt sich unser fachlicher Bedarf nicht decken. Die Top-Fachkräfte, die wir für die Maschinen benötigen, wechseln nicht einfach so ihren Arbeitgeber, bei dem sie seit vielen Jahren sind. Zumindest unserer Erfahrung nach tun sie das nicht.

FA: Wie konnte Ihnen die Bundesagentur für Arbeit bei den Qualifizierungen helfen?

IG: Die Agentur für Arbeit hat für die Mitarbeitenden, die an der Qualifizierung zur CNC-Fachkraft teilgenommen haben, je einen Bildungsgutschein für die Lehrgangskosten ausgestellt. In ihren Fällen wurden die Kosten in voller Höhe übernommen. Zusätzlich hat unser Betrieb einen hohen Zuschuss zum Arbeitsentgelt erhalten, wodurch wir den Arbeitsausfall während der Qualifizierung zumindest finanziell gut kompensieren konnten. Die Agentur für Arbeit hat unsere Weiterbildungen also sehr umfangreich gefördert. Und es lief auch alles sehr unkompliziert ab. Das verdanken wir insbesondere der guten Zusammenarbeit mit unserem Ansprechpartner beim Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Marienberg. Wir pflegen seit Jahren ein gutes Miteinander.

 


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