Weiterbildung im Unternehmen geht nur mit Offenheit und Beteiligung

Unternehmen, die auf Qualifizierungen setzen, müssen allerlei Hürden aus dem Weg räumen: Neben Workload und Kostenübernahme sollten sie sich auch mit Persönlichkeiten befassen.


04.03.2025 - Matthias Haft -3 MinutenMitarbeiter qualifizieren

Ob Mitarbeitende eine Weiterbildung aufnehmen, hängt auch von ihren persönlichen Einstellungen und Überzeugungen ab. Faktor A zeigt, auf welche Merkmale es ankommt und wie Arbeitgeber diese positiv ansprechen können.

Umfragen zeigen immer wieder: Weiterbildung gilt als eines der wichtigsten Personalthemen in Unternehmen. Fach- und Führungskräfte knüpfen ihre Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen eng an das vorhandene Weiterbildungsangebot. Gleichzeitig dienen Weiterbildungen als zentrales Instrument, um Beschäftigte für den Bedarf des Unternehmens aufzustellen. Trotzdem wird noch nicht in dem Maße qualifiziert, wie es sich alle Seiten wünschen.

Typische Hürden für Weiterbildungen entstehen oft in den Unternehmen selbst. Ein Klassiker: Es gibt vielleicht ein Budget für Weiterbildungen, aber den Mitarbeitenden fehlt die Zeit, das Angebot auch wirklich nutzen zu können. Oder die Kostenübernahme ist schlicht nicht bekannt. Doch auch wenn solche Hürden aus dem Weg geräumt wurden, bedeutet das nicht automatisch, dass Weiterbildungen wie Selbstläufer in Anspruch genommen werden.

Jenseits der Rahmenbedingungen: der und die Mitarbeitende

Denn die Entscheidung für oder gegen eine Weiterbildung wird letztlich von einem Individuum getroffen. Da muss mehr passen als die Rahmenbedingungen, die das Unternehmen herstellt. Tatsächlich haben individuelle Persönlichkeitsmerkmale und Überzeugungen einen Einfluss darauf, ob sich jemand weiterbildet oder nicht. Darauf wies das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erst kürzlich hin. Konkret führt das Institut zwei besonders wichtige Merkmale an: Kontrollüberzeugung und Offenheit. Mitarbeitende, die das Gefühl haben, an ihrem Arbeitsplatz etwas verändern zu können, nehmen eher an Weiterbildungen teil. Das Gleiche gilt für Mitarbeitende, die neuen Erfahrungen gegenüber offen sind. Für Arbeitgeber sind diese beiden Merkmale besonders interessant, da sie – entgegen anderer Persönlichkeitsmerkmale, die einen Effekt auf die Weiterbildungsneigung haben – bei allen Qualifikationsgruppen für mehr Weiterbildungsbeteiligung sorgen. Egal ob gering- oder hochqualifiziert: Wer offen und davon überzeugt ist, etwas ändern zu können, nimmt eher an Weiterbildungen teil. Damit stellt sich also die Frage, wie Arbeitgeber diese persönlichen Merkmale und Überzeugungen positiv ansprechen können.

Mitarbeitende müssen verändern können

Die Überzeugung, selbst etwas verändern zu können – in der Psychologie spricht man von einer internalen Kontrollüberzeugung – basiert in erster Linie auf der eigenen Erfahrung. Sie ist damit Teil des Weltbildes, kann sich aber durch relevante Erfahrungen ändern. Jeder und jede kennt vermutlich das vermeintliche Dilemma, am Wahltag mit der eigenen Stimme nicht wirklich Einfluss auf die politische Gestaltung nehmen zu können. Ähnlich sieht es bei Konsumentscheidungen aus: Wenn der Großteil der Menschen Fleisch aus Massentierhaltung isst, wird meine vegetarische Lebensweise das Leid der Tiere ja nicht verhindern. Der eigene Einfluss wird als zu gering erachtet. Ähnlich können Menschen auch über ihre Arbeit denken. Entscheidungen werden top-down getroffen, Projekte bestehen immer wieder aus den gleichen Personen und Abteilungen, Produkte werden ohne die eigene Expertise entwickelt. Mitarbeitende, die immer wieder solche Erfahrungen machen, werden in Bezug auf ihre Arbeitsumgebung zu dem Schluss kommen, nichts verändern zu können. Die Veränderungen werden von anderen Menschen vorangetrieben. Und welchen Zweck hat es dann, sich weiterzubilden?

Arbeitgeber, die sehen, dass sich Mitarbeitende nur selten weiterbilden, sollten also nicht nur formale Barrieren aus dem Weg räumen, sondern sich gleichzeitig selbstkritisch die Frage stellen: Kann unsere Belegschaft Veränderungen herbeiführen? Wenn dem nicht so ist, werden die Weiterbildungsziele hinter den Erwartungen zurückbleiben. Arbeitgeber sollten also dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden von Tag eins an das Gefühl haben, mitgestalten zu können. Das motiviert dazu, mit Weiterbildungen neue Kenntnisse oder Führungsqualitäten zu erlernen und den eigenen Impact im Unternehmen noch ein wenig vergrößern zu können.

Arbeitgeber sollten Offenheit leben

Die Kontrollüberzeugung ihrer Mitarbeitenden können Arbeitgeber relativ einfach ansprechen. Positive Formen der Zusammenarbeit, Wertschätzung von Arbeitsleistungen und sichtbare Ergebnisse schaffen Erfahrungen, die die Überzeugung festigen, dass man im Unternehmen etwas bewirken kann. Ein Persönlichkeitsmerkmal wie Offenheit ist aber etwas anderes als eine „bloße“ Überzeugung. Persönlichkeiten sind relativ konstant, weniger veränderlich als Überzeugungen. Außerdem kann es wohl kaum die Aufgabe von Unternehmen sein, die Persönlichkeit ihrer Mitarbeitenden zu beeinflussen, nur um sie zu Weiterbildungen zu motivieren.

Vielmehr geht es darum, denjenigen Menschen in der Belegschaft, die neuen Erfahrungen gegenüber aufgeschlossen sind, zu signalisieren, dass diese Neigung im Unternehmen Platz hat. Hospitationen in anderen Abteilungen können etwa dazu beitragen, Neues kennenzulernen und Zusammenhänge im Unternehmen besser zu verstehen. Gleichzeitig zeigen sie: In unserem Unternehmen sind wir neugierig und immer offen für neue Erfahrungen. Das gleiche signalisiert ein Innovationsmanagement, das sich aus den Ideen der Mitarbeitenden speist. Selbst eine Shared-Desk-Policy kann – richtig gerahmt und gelebt – als Marker für Neugierde im Unternehmen stehen: Lerne doch mal die Arbeit deines heutigen Schreibtisch-Nachbarn kennen! Unternehmen, die Offenheit für Neues ausstrahlen, werden auch glaubhaft machen können, dass es bei Weiterbildungen im Kern um Neugierde auf neue Erfahrungen und Kenntnisse geht.
 


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