13.06.2016 - Sebastian Stockebrand -7 MinutenRichtig führen
Der Frankfurter Führungsexperte Sebastian Stockebrand kennt die Fallstricke frischgebackener Chefs. Hier kommentiert er acht Beispiele für typisches Fehlverhalten in der Anfangszeit.
Zu viel Respekt gegenüber dem Vorgänger haben
20 Jahre war sein Vorgänger im Amt. Das lief gut, denkt die junge Führungskraft. Warum überhaupt etwas ändern an den Abläufen? Sie sollten als junge Führungskraft auf keinen Fall die Hände in den Schoß legen. Gerade wenn Ihr Vorgänger pensioniert wurde. Oft hat sich in den letzten Jahren ein Reformstau gebildet, weil sich Chef und Mitarbeiter gegenseitig in Ruhe gelassen haben. Große Veränderungen waren nicht erwünscht. Ihr Vorgänger wurde ursprünglich vielleicht auch einmal wegen guter Leistungen befördert – sein Stil ist aber ein ganz anderer als Ihrer! Man kann jemanden nicht eins zu eins kopieren. Das wirkt aufgesetzt. Bleiben Sie authentisch und prüfen Sie in den ersten Wochen, wo Sie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen verbessern können, das bringt schon viele Veränderungen mit sich, ohne dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass nur ihre Abteilung betroffen ist. Setzen Sie auf keinen Fall gleich neue Verantwortlichkeiten fest. Schauen Sie sich die Abläufe erst an und entscheiden dann, wo man eingreifen muss.
Über gute und schlechte Mitarbeiter urteilen
Für die neue Führungskraft ist es offensichtlich, wer in der Abteilung etwas leistet und wer nicht. In Teambesprechungen rutschen ihr gegenüber Letzteren manchmal negative Randbemerkungen heraus. Den geschätzteren Mitarbeitern gegenüber ist sie deutlich zugewandter. Egal ob Sie im Unternehmen befördert wurden oder von außerhalb kommen – es schürt Abneigung Ihnen gegenüber, wenn Sie schlecht über andere Mitarbeiter reden. Das kommt auch bei den hofierten Kollegen nicht gut an. Wenn Sie wirklich ein Leistungsdefizit bei einem Mitarbeiter vermuten, sprechen Sie unter vier Augen mit Ihm. Sagen Sie ihm sachlich, wie sie seine Leistung wahrnehmen. Solche Gespräche kann man positiv einleiten: „Ich finde es toll, dass Sie immer so sorgfältig arbeiten…“. Dann konkreter: „Sie liegen aber 20 Prozent unter dem Durchschnittswert in der Abteilung. Wie können wir das gemeinsam verbessern? Welche Vorschläge haben Sie?“ Ganz wichtig: Zum Abschluss einen Termin vereinbaren, an dem die vereinbarte Etappe betrachtet und weitere Schritte festgelegt werden.
Alles selber machen wollen
Ein Kollege arbeitet nicht effizient genug an der Ausarbeitung komplexer Projekte. Kurzerhand erledigt die Führungskraft einen Großteil der Aufgabe selbst. Sie sind als Führungskraft für die Leistung des gesamten Teams verantwortlich. Da liegt es manchmal nahe, Aufgaben selbst zu übernehmen. Doch je größer Ihr Team ist, desto weniger Fachaufgaben können Sie bewältigen. In Krisensituationen und Ausnahmefällen ist das in Ordnung – als Dauerzustand nicht. Ein gutes Team muss auch funktionieren, wenn der Chef im Urlaub ist. Sie können die schlechten Leistungen eines Mitarbeiters sicher kompensieren – aber wie sieht es bei dreien aus? Dann leidet Ihre Kernaufgabe! Sprechen Sie mit dem betroffenen Mitarbeiter klar und offen über Ihre Einschätzung seiner Arbeit und Ihre Erwartungshaltung. Schauen Sie, was er braucht, um die Leistungen zu bringen. Oft wundert man sich, was in diesen Gesprächen herauskommt: da hemmt einen Mitarbeiter etwa die Angst, Fehler zu machen. Fachlich ist er aber genauso auf der Höhe wie Sie. Angst kann man in einem einzigen Gespräch schon deutlich mildern.