Achtsamkeit im Führungsalltag

Bessere Entscheidungen, nachhaltigere Ergebnisse und ein glücklicheres Dasein als Führungskraft – das gelingt durch Achtsamkeit. In Teil eins unserer Serie beschreibt Michael Dumpert, Vorstandsreferent in der Sparda-Bank München eG, wie er im Berufsalltag und darüber hinaus achtsam lebt.


26.06.2019 - Liane Müller Zimmermann -5 MinutenRichtig führen

Bessere Entscheidungen, nachhaltigere Ergebnisse und ein glücklicheres Dasein als Führungskraft – das gelingt vor allem durch Achtsamkeit. In unserer Serie beschreiben Unternehmer, Executives und Experten, welche Bedeutung Achtsamkeit für sie hat. Michael Dumpert, Vorstandsreferent für Kulturentwicklung in der Sparda-Bank München eG und Geschäftsführer der NaturTalent Beratung GmbH, versucht, sie weit über den Unternehmensalltag hinaus zu leben.

„Es gab keinen Satelliteneinschlag, der meine Veränderung bewirkt hat. Es gab keinen Herzinfarkt oder ein Burnout, der dazu führte, dass ich lernen musste, achtsamer mit mir umzugehen. Ich hatte einfach bemerkt, dass ich innerlich nicht mehr bei mir war.

Damals hatte ich beruflich mehrere verantwortungsvolle Posten und Rollen. Ich war Direktor der Unternehmensentwicklung der Sparda-Bank München, Geschäftsführer der NaturTalent Stiftung gGmbH und NaturTalent Beratung GmbH, Ehemann, Vater von zwei Jungs, Fußballtrainer und Vorstand im Kindergarten. Irgendwann fühlte ich mich nur noch wie ein Getriebener. Ich war nicht mehr dazu in der Lage zu erkennen, was ich wirklich will, wann ich in meiner Kraft bin und warum ich diese Aufgaben erfülle. Ich reagierte damals leichter gereizt – beruflich und privat. Wie sollte es auch anders sein? Ich ging nicht achtsam mit mir um, wie sollte ich ein wohlwollendes Verständnis für die Bedürfnisse und Belange anderer entwickeln?

In einem Workshop entdeckte ich, was es bedeutet, achtsam zu leben und zu führen. Hier ging es um etwas, das ich jahrelang vernachlässigt hatte: mein Körpergefühl. Ich hatte immer den Anspruch, Höchstleistung zu erbringen und war nie zufrieden, wenn etwas nicht perfekt lief. Das kann ein Talent sein, wenn man es bewusst und dosiert in Bereichen einsetzt, die einem wirklich liegen. Aber vieles hatte ich nur aus Pflichtbewusstsein übernommen und trotzdem belastete es mich, wenn es dort nicht 100 Prozent lief. Der Workshop gab mir Impulse, wie ich mich mit mir selbst auseinandersetzen kann. Wer bin ich? Wie ticke ich? Welche Bedürfnisse habe ich? Was macht mich aus? Warum tue ich etwas? Wie fühlt sich was an?
Wir versuchen im Unternehmen Angebote zu schaffen, um Achtsamkeit erlebbar zu machen. Das können Vorträge sein, Workshops, Meditationen, Rituale (z. B. zwei Minuten Stille zu Beginn von Sitzungen) usw. Es gibt aber keinen Königsweg zu mehr Achtsamkeit, sie ist etwas sehr Individuelles: Einige finden, dass Meditieren esoterischer Kram ist. Es gibt aber auch andere Wege. Manche brauchen zum Abschalten eher körperliche Betätigung wie Joggen. Ein Kollege geht beispielsweise fünf Minuten früher zur Arbeit, damit er bewusst langsam gehen kann. Er konzentriert sich darauf, wie er den Fuß aufsetzt, wie er atmet. Das ist auch eine Art innere Einkehr und darum geht es.

Mir hilft es heute noch, in die Stille zu gehen. Wichtig ist, den allgegenwärtigen Gedankenstrom für einen Moment zu stoppen, inne zu halten und die Dinge mit Distanz zu betrachten. Mir hilft dabei eine Meditations-App, eine Stimme, die mich vor dem Hintergrund angenehmer Musik führt: „Geh mit deiner Aufmerksamkeit in deine Hände… deine Füße…“, so in der Art. Indem ich das tue, bin ich nicht mehr in meinen Gedanken und damit oftmals verbundenen Sorgen gefangen. Ich löse mich gewissermaßen ein Stück weit davon.

Zitat:

„Achtsamkeit ist ein hoher Effizenzfaktor für Unternehmen."

Früher waren viele Meetings oder Gespräche stark geprägt davon, dass jeder seine Überbelastung hervorhob. Es war kaum lösungsorientiert. Heute kommen wir alle zusammen und fokussieren uns regelmäßig. Jeden Montag haben wir Teammeetings: Wie sieht die Woche aus? Welche Projekte gibt es? Welche Arbeitsauslastung hat der Einzelne? Wer kann was von wem übernehmen? Früher hätte da niemand die Hand gehoben! Die Angst war zu groß, dass man denken könnte, der eigene Job sei nicht fordernd genug, wenn man zu viel Zeit hat. Heute hat sich bei den Mitarbeitern die Einstellung verändert. Jedem ist klar, dass es unterschiedliche Belastungsphasen gibt und nichts dagegen spricht, anderen zu helfen. Sie verstehen sich mehr als Team.

Achtsamkeit verändert die Haltung. Man wird authentischer. Die Begegnung mit Mitmenschen bekommt eine andere Qualität. Achtsamkeit ist in diesem Sinne auch ein hoher Effizienzfaktor für Unternehmen. Wenn es uns gelingt, weniger Energie dafür zu verwenden, ein vermeintlich erwartetes Bild von uns selbst aufrecht zu erhalten, dann haben wir umgekehrt mehr Aufmerksamkeit für die wesentlichen Dinge, wie die sachliche Problemlösung. Wir sind effizienter mit Menschen, die sein dürfen wie sie sind und nicht wie eine Kopie herumlaufen. Dieser Produktivitätsfaktor wird oft unterschätzt.“

Zur Person

Porträt Dr. Michael Dumpert Sparda
© Privat - Dr. Michael Dumpert

Dr. Michael Dumpert
Michael Dumpert, 47, ist Vorstandsreferent für Kulturentwicklung in der Sparda-Bank München eG. Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler ist zudem Geschäftsführer der NaturTalent Beratung GmbH, einer Tochter der Sparda-Bank, die Organisationen dabei begleitet, eine an Stärken orientierte und achtsame Unternehmenskultur aufzubauen.


Titelfoto: © Benjavisa/iStock