10.05.2013 - Matthias Thiele -7 MinutenRichtig führen
Gernot Pflüger zahlt allen Angestellten das gleiche Gehalt und setzt auf Basisdemokratie. „Bei mir gibt es keine Wichtigtuer, alle konzentrieren sich auf die Arbeit“, sagt er. Norma Bopp betrachtet Geld als Motivation: „Gute Leistung muss auch finanziell belohnt werden.“
Eine Firma ohne Lohnunterschiede bei den Angestellten, wie Gernot Pflüger sie führt, wäre das auch für Sie ein Modell, Frau Bopp?
Bopp: Nein, definitiv, nein. Ich beschäftige gewerbliche Mitarbeiter auf den Baustellen, Bauleiter, die eine akademische Ausbildung haben, und die Büromitarbeiter. Ich kann dem Helfer nicht das Gleiche zahlen wie dem Polier. Und ein Akademiker muss mehr verdienen als meine Sekretärin. Wenn sich die Ausbildung nicht auch finanziell auszahlt, warum sollte ein Mensch Zeit in Bildung investieren?
Pflüger: Abschlüsse werden in Deutschland doch traditionell überbewertet. Ich habe vier verschiedene Studiengänge begonnen und alle abgebrochen, weil ich den Eindruck hatte, dass vieles, was ich dort lerne, beruflich irrelevant ist. Die gängige Gehaltsstruktur führt dazu, dass die Leute, die schlechter bezahlt werden, irgendwann resignieren. Warum gibt es beim Berliner Flughafen und der Elbphilharmonie so viele Probleme? Weil alle Spezialisten sind und keiner mehr weiß, was der andere macht.
Bopp: Solche Pannen haben mit dem Lohngefüge wenig zu tun, sondern mit Organisation. Davon abgesehen: Ein Maurer verdient mehr, als viele Leute denken. Konkurrenz spornt an – auch innerhalb eines Betriebs.
Pflüger: Meiner Erfahrung nach führt das eher dazu, dass man Wichtigtuer fördert. Bei mir wissen alle nach der Probezeit: Ich bin jetzt dabei, mehr kann ich nicht erreichen. Also konzentrieren sie sich auf ihre Arbeit.
Bopp: Das klingt doch schrecklich. Da ist ein Mensch 33 Jahre alt, bei Ihnen fest angestellt, und dann weiß er: Finanziell war es das jetzt.
Pflüger: Ich behaupte ja nicht, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber Macht und Geld verändern die Persönlichkeit, man wird plötzlich anders wahrgenommen und hofiert. Deshalb sind in meinem Unternehmen Projektleitungen nur auf Zeit vergeben und die verantwortlichen Mitarbeiter gehen sehr umsichtig mit ihrer Macht um, weil sie wissen, wie sie selbst behandelt werden wollen, wenn ein anderer Mitarbeiter das nächste Projekt leitet.