25.02.2021 - Barbara Domschky -6 MinutenRichtig führen
Ach, was war das schön! Vor Corona saßen die meisten Angestellten für Rückfragen und Aufträge in der Nähe, und auch am Kopierer konnte man zwischendurch noch mal Dinge klären. So manche Führungskraft sehnt sich jetzt nach dieser Zeit zurück. Warum das so ist, woher die Angst vor dem Kontrollverlust kommt, warum mehr Kontrolle nicht zu besseren Ergebnissen führt und warum Unternehmen, die auf Präsenz und Kontrolle setzen, langfristig nicht bestehen werden, erklärt Teresa Hertwig, Expertin für mobiles Arbeiten, im Interview.
Frau Hertwig, wie viel Kontrolle muss im Homeoffice sein?
Wir brauchen Kontrolle, ja, aber immer nur die von Ergebnissen, nicht von Menschen. Das darf nichts mit Misstrauen am Mitarbeiter zu tun haben. Wer Angst hat, die Mitarbeiter im Homeoffice nicht mehr kontrollieren zu können, der führt falsch. Die Hauptaufgabe einer Führungskraft ist nicht, die Mitarbeiter zu kontrollieren, sondern ihnen klarzumachen, was das Ziel ist und woran man messen kann, ob es erreicht ist. Misstrauen ist oft ein Zeichen für die Angst vor Kontrollverlust.
Woher kommt diese Angst?
Viele Chefs haben noch die Einstellung: Wenn alle im Büro sind, dann sind sie kontrollierbar. Den Mitarbeiter morgens ins Büro kommen und abends wieder gehen zu sehen, gibt erst mal Sicherheit – auch wenn es eine Pseudosicherheit ist. Im Homeoffice entfällt dieses Sehen, und viele Chefs fragen sich, ob ihre Mitarbeiter dann noch arbeiten.
Führungskräfte haben über Jahrzehnte gelernt, über Anwesenheit zu führen. Aber auch wenn ich im Büro 40 Stunden am PC sitze, kann der Chef das nicht immer kontrollieren, er sitzt ja nicht die ganze Zeit daneben. Die Situation ist im Homeoffice nicht anders. Wir sollten also nicht mehr nach Anwesenheit und Kontrolle, sondern nach Zielen und Ergebnissen führen. Und ohne Vertrauen funktioniert mobiles Arbeiten – und Arbeiten überhaupt – nicht. So wird man keine Höchstleistung erzielen.
Was raten Sie Führungskräften, die diese Sorgen umtreiben?
Das Gefühl des Kontrollverlustes ist menschlich. Diese Angst muss man nicht negativ sehen, sondern als Chance, die eigene Führung auf den Prüfstand zu stellen. Suchen Sie das Gespräch mit dem Team, besprechen Sie gemeinsam die neue Situation, und rekapitulieren Sie, was in den letzten Wochen gut und schlecht gelaufen ist. Und wo eventuell Vereinbarungen notwendig sind: Wie müssen die Mitarbeiter erreichbar sein? Wie schnell auf E-Mails antworten? Ist es okay, zwischendurch mal einkaufen zu gehen? Diese Dos and Don’ts in der mobilen Zusammenarbeit darf jedes Team für sich individuell entscheiden. Solche Vereinbarungen geben Sicherheit für Team und Führungskraft.