18.11.2013 - Matthias Thiele -5 MinutenRichtig führen
Der eine setzt auf den Geschmack seiner Mitarbeiter. „Natürlich muss guter Kleidungsstil geübt werden“, sagt er. Der andere findet, dass eine schriftliche Regelung für alle Beteiligten die beste Lösung ist: „Manchen Mitarbeitern fällt es schwer, bei der Garderobe die richtige Wahl zu treffen. Klare Vorgaben helfen.“
Faktor A: Herr Eckhardt, Ihre Sparkasse hat eine feste Kleiderordnung eingeführt, die für alle Mitarbeiter verbindlich wird. Warum?
Peter Eckhardt: Wenn ein Kunde eine unserer Filialen betritt, soll er sofort Orientierung bekommen: Wer ist Bankmitarbeiter, wen kann ich ansprechen. Die Kleidung unserer Mitarbeiter hat dabei eine wichtige Funktion. Die Menschen erwarten, dass ein Kundenbetreuer einen Anzug trägt und eine Krawatte, eine Beraterin sollte ein Businesskostüm tragen, egal ob Rock oder Hose.
Andreas Neukirch: Natürlich gibt es in jeder Firma einen Dresscode. Wenn ein Kunde auf seine Bank stolz ist und ihr vertraut, möchte er oder sie auf gut gekleidete Berater treffen, das ist ganz klar. Die Frage ist aber: Muss so ein Dresscode vorgegeben werden oder wird er durch eine Entwicklung festgelegt, die die Mitarbeiter selbst beeinflussen.
Eckhardt: Das hat bei uns nicht funktioniert. Deshalb haben wir vor Jahren schon eine Liste mit den „Don’ts“ aufgestellt – aber auch die war im Alltag nicht ausreichend. Bei den Männern haben sich Anzüge, Hemden und Krawatten gut durchgesetzt, aber bei der Garderobe unserer Mitarbeiterinnen gab es naturgemäß mehr Interpretationsspielraum, der von den Damen unterschiedlich genutzt wurde.
Haben Sie Beispiele?
Eckhardt: Wir haben etwa die Vorgabe gemacht, dass unsere Mitarbeiter keine Jeans tragen sollen. Aber was ist mit Leinenhosen? Gerade im Hochsommer ist es ein schmaler Grat zwischen Freizeitlook und tatsächlicher Businesskleidung. Da helfen einfach klare Vorgaben. Wenn sich einmal eine gewisse „Laxheit“ in die Kleiderordnung eingeschlichen hat, ist es schwer, ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten.
Neukirch: Das sehen wir pragmatischer: Warum soll ein Mitarbeiter ohne Kundenkontakt bei 30 Grad und Sonnenschein mit Schweiß auf der Stirn in seinem dunkelblauen Anzug im Büro sitzen?
Eckhardt: Das erwarten wir auch nicht. Er kann sein Sakko ausziehen und die Ärmel hochkrempeln oder von mir aus unter dem Anzug ein kurzärmeliges Hemd tragen. Aber auf dem Weg zur Arbeit oder wenn er in die Schalterhalle muss, sollte auch ein Büromitarbeiter angemessen gekleidet sein. Unsere Mitarbeiter repräsentieren auch außerhalb ihres Büros die Sparkasse und transportieren ein Image.
Herr Neukirch, warum, glauben Sie, funktioniert bei Ihnen die Ordnung ohne Zwang?
Neukirch: Kleidung ist immer ein Spannungsfeld zwischen eigenem Geschmack, Erwartungen der anderen und einer Vorstellung, wie man sich darstellen möchte. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie sich situativ anpassen können: Im Büro gehört dazu heute der Anzug oder das Kostüm. Wenn einer unserer Berater zum Beispiel einen Biobauern auf seinem Hof besucht, kann es auch angemessen sein, ihn in Cordhose, Hemd und Wachsjacke zu besuchen. Wir trauen den Mitarbeitern zu, dass sie solche Situationen gut einschätzen können. Aber es muss geübt werden.
Eckhardt: Dass guter Stil geübt werden muss, ist auch unsere Erfahrung. Deshalb haben wir die Kleiderordnung auch nicht einfach „erlassen“, sondern unsere Mitarbeiter eingebunden. Es gab Schulungen zum Thema Mode und wir haben Großbestellungen organisiert. Was nützt eine Kleiderordnung, wenn ein Anzug schlecht geschnitten ist oder Farben und Muster unglücklich kombiniert werden? Es gibt Leute, die sich intuitiv gut kleiden, manchen fällt es schwerer. Unsere Regeln geben Orientierung, die richtige Garderobe zu wählen.
Neukirch: Diese Orientierung geben wir, indem wir als Vorgesetzte den Stil vorleben. Unser Institut ist als Bank für sozial-ökologische Geldanlagen seit den Siebziger- und Achtzigerjahren eher unkonventionell. Das hat sich sicher auch in der Kleidung unserer Mitarbeiter gezeigt. Aber die Zeiten ändern sich und die Themen Ethik, Ökologie und Nachhaltigkeit sind längst in der Breite der Gesellschaft angekommen. So, wie Joschka Fischer seinen Stil von der Vereidigung als hessischer Landesminister in Turnschuhen bis zur Vereidigung als Außenminister im dreiteiligen Anzug verändert hat, ist auch unser Vorstand irgendwann immer mit Anzug und Krawatte ins Büro gekommen. Die Belegschaft nimmt das wahr.
Ganz ohne Druck von außen?
Neukirch: Nein, auch bei uns gab es Mitarbeiter, die kein gutes Gefühl für Kleidung haben. In solchen Fällen sprechen die Menschen im Umfeld ihn oder sie darauf an, punktuell müssen auch Vorgesetzte den Dialog suchen. Aber soweit ich es erinnere, haben wir seit Jahren wegen der Kleidung eigentlich keine Gespräche mehr führen müssen.
Eckhardt: Unsere Mitarbeiter sind in der Mehrheit froh, dass es jetzt klare Regeln gibt. Zumal die Vorgaben genügend Freiraum zur individuellen Entfaltung lassen: Männern sind nur Anzug, Hemd, geschlossene Businessschuhe und Krawatte vorgeschrieben, Frauen Kostüm oder Hosenanzug, ein schulterbedeckendes Oberteil aus Blusenstoff und Strümpfe, falls sie einen Rock tragen.
Legen Sie wert auf einheitliche Erkennungsmerkmale wie Firmenkrawatten oder Halstücher?
Neukirch: Wenn es darum geht, die Mitarbeiter unseres Hauses schnell zu erkennen – an Messeständen etwa oder bei Straßenfesten –, dann sind solche Erkennungszeichen sicher eine gute Wahl. Wir statten unsere Mitarbeiter mit grünen Krawatten und die Mitarbeiterinnen mit grünen Halstüchern aus. In der Bank müssen sie allerdings nicht getragen werden.
Eckhardt: Erfolgreiche Firmen wie Apple setzen darauf, dass ihre Mitarbeiter vom Kunden sofort erkannt werden. Dort sind es blaue T-Shirts mit dem Apfel-Logo, wir statten unsere Mitarbeiter ebenfalls mit Krawatten und Halstüchern aus. Im Gegensatz zu Herrn Neukirch erwarten wir von unseren Mitarbeitern, dass sie sie während ihrer Arbeitszeit tragen. Schalterhallen sind heute längst nicht mehr so klar gegliedert wie noch vor 20 Jahren, sie sind offener. Der Kunde soll auf den ersten Blick erkennen, wer sein Ansprechpartner ist. Eine Krawatte oder ein Halstuch ist deshalb mehr als nur ein Accessoire.