Mitarbeitergespräche richtig führen

Regelmäßige Gespräche zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden sind ein wichtiges Tool in der Personalentwicklung. Expertin Cornelia Rasch sagt, wie Mitarbeitergespräche wirken – und wie sie richtig geführt werden.


17.11.2021 - Nicole Benke -6 MinutenRichtig führen

Das Jahresende ist die Hochphase für Mitarbeitergespräche. Sie sind ein wichtiges Tool in der Personalentwicklung, können die Zusammenarbeit verbessern und die Performance steigern. Cornelia Rasch, Expertin für Personalentwicklung, sagt, wie Mitarbeitergespräche wirken – und wie sie richtig geführt werden.

Faktor A: Warum sind Mitarbeitergespräche wichtig?

Cornelia Rasch: Das Mitarbeitergespräch ist ein zentrales Tool für die Personalentwicklung und für einen kooperativen Führungsstil. Es ist ein wichtiges Element, um die alltägliche Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in sinnvoll zu ergänzen und das Miteinander bestmöglich zu gestalten. Denn im Mitarbeitergespräch findet eine Vereinbarung zwischen Mitarbeiter*in und Führungskraft über die Zusammenarbeit statt, die überprüfbar ist und Orientierung bietet. Im klassischen Mitarbeitergespräch werden die Arbeitsleistung eingeschätzt, Ziele und auch gleich der Weg zur Zielerreichung definiert. Ein großer Vorteil: Ich kann als Führungskraft in diesen Gesprächen klar meine Erwartungen kommunizieren. Das ist auch für den/die Mitarbeiter*in selbst wertvoll – er/sie weiß genau, was von ihm/ihr erwartet wird. Welche Ziele gibt es für die Position und somit für mich? Wie schaffe ich es, sie zu erreichen? Mit einem Mitarbeitergespräch kann ich als Führungskraft Wertschätzung und Interesse ausdrücken. Aufmerksamkeit ist ein menschliches Bedürfnis – ein gut geführtes Mitarbeitergespräch befriedigt dieses Bedürfnis und steigert so in der Regel Motivation und Leistungsbereitschaft.

Wer sollte das Mitarbeitergespräch führen?

Immer die oder der direkte Vorgesetzte. Das Mitarbeitergespräch ist nichts, was eine Führungskraft delegieren kann. Sie ist für die Personalentwicklung zuständig und muss solche Gespräche führen können. Wer bestimmte Dinge nicht kann, etwa wertschätzendes Feedback geben, kann sich das zum Beispiel im Rahmen einer Schulung erarbeiten. Es ist außerdem wichtig, dass die Führungskraft den Sinn im Mitarbeitergespräch sieht, es ernst nimmt, sich selbst zurücknimmt, zuhören kann und das dann auch tut. Daran krankt es in vielen Unternehmen. Für ein gutes Mitarbeitergespräch braucht es echtes Interesse am Austausch und an der Begegnung. Wer sich nicht für seine Mitarbeiter*innen interessiert, sollte keine Führungsposition besetzen.

Wie läuft ein Mitarbeitergespräch ab?

Klassischerweise findet das jährliche Mitarbeitergespräch einmal im Jahr zu Beginn des Geschäftsjahres statt. Auch wenn es individuell ausgestaltet werden kann, sind einige Basics ein Muss. Zum einen ein Rückblick: Wie ist das letzte Jahr gelaufen? Welche Ziele hatten wir uns vorgenommen? Wurden die Ziele erreicht? Falls nein: Woran hat es gelegen? Die Führungskraft gibt dem/der Mitarbeiter*in ein persönliches Feedback und kann vorab auch noch andere Stimmen einholen – etwa von Kunden oder Kollegen. Dann folgt ein Blick in die Zukunft und die Vereinbarung neuer Ziele für das nächste Jahr. Dabei werden bestenfalls direkt Maßnahmen festgelegt, wie der/die Mitarbeiter*in diese Ziele erreichen kann. Das können zum Beispiel Weiterbildungen sein oder eine Hospitation. Entscheidend ist, die Ziele so konkret wie möglich zu beschreiben. Statt „Mehr Kundenkontakte herstellen“ sollte es heißen: „Bis zum Zeitpunkt X hat der Mitarbeiter XY Wege definiert, um neue Kundenkontakte für das Produkt XY herzustellen, hat diese erprobt und im Team vorgestellt.“ Das wird oft nicht beachtet. Alles, was im Mitarbeitergespräch besprochen und vereinbart wird, sollte schriftlich festgehalten und am Ende von der Führungskraft und dem/der Mitarbeiter*in unterschrieben werden.

Ziele definieren mit der SMART-Methode

Nur konkret formuliert sind Ziele transparent und auch überprüfbar. Die SMART-Methode hilft dabei. SMART steht für:

S – spezifisch. Das Ziel ist präzise beschrieben. Es gibt keine Zweifel daran, was erreicht werden soll.
M – messbar. Das Ziel kann qualitativ und quantitativ bewertet werden.
A – attraktiv. Die Erreichung des Ziels ist für alle Beteiligten attraktiv.
R – realistisch. Das Ziel stellt eine Herausforderung dar – ist aber realistisch erreichbar.
T – terminiert. Es gibt eine Deadline, zu der das Ziel erreicht sein muss.

https://www.arbeitsagentur.de/faktor-a/richtig-fuehren/resilienz-im-team-staerken

Worauf muss man sonst noch achten?

Ein gutes Mitarbeitergespräch wird vorbereitet, und zwar von beiden Seiten. Es muss mit dem/der Mitarbeiter*in also rechtzeitig vereinbart werden. Die Führungskraft sollte sich nicht nur direkt vor dem Gespräch Gedanken machen, sondern im Laufe des Jahres immer mal wieder schauen, wie es läuft, sich Notizen machen und Beispiele notieren, wie sie den/die Mitarbeiter*in wahrnimmt. Wie tickt er? Was macht er gut? Wo hat er sich verbessert? Welche positive Entwicklung sehe ich, wo gibt es noch Probleme? Wer so vorbereitet ins Gespräch geht, zeigt dem/der Mitarbeiter*in, dass es ihm wirklich um ihn geht und man sich Gedanken gemacht hat. Außerdem sollte das Gespräch in einem angemessenen Rahmen stattfinden.

Was heißt das?

Ein Mitarbeitergespräch kann nicht mal eben nebenher geführt werden. Eine Stunde oder zweimal 45 Minuten müssen mindestens dafür eingeplant werden. Die Atmosphäre ist bestenfalls ruhig und ungestört – mit einem Meeting-Raum im Büro macht man nichts verkehrt. Ich kann das Gespräch aber auch in einem besonderen Rahmen stattfinden lassen, etwa bei einem gemeinsamen Spaziergang, einem Frühstück oder einem Ausflug. Da kommt man dann häufig wirklich miteinander ins Gespräch. Das passt nicht immer, es ist aber toll, wenn das funktioniert. Anschließend hält man natürlich die Gesprächsergebnisse schriftlich fest.

Das gilt wahrscheinlich nicht für Konflikt- oder Kündigungsgespräche …

Kündigungen und Abmahnungen gehören nicht ins jährliche Mitarbeitergespräch. Da geht es nicht darum, miteinander ins Gespräch zu kommen, sondern Dinge unmissverständlich mitzuteilen. Solche Gespräche finden natürlich immer im Büro statt.

Welche No-Gos gibt es fürs Mitarbeitergespräch?

Cornelia Rasch Portrait lachende Frau
© Dirk Ewald - Cornelia Rasch ist Personalentwicklerin, Business Coach und Moderatorin in Hamburg.

Man sollte nicht hierarchisch von oben herab sprechen. Das Mitarbeitergespräch ist ein Gespräch auf Augenhöhe – das ist auch in einer hierarchischen Unternehmenskultur möglich. Schließlich geht es um die gemeinsame Zusammenarbeit. Zwei Erwachsene reden miteinander. Ein Fehler ist auch, das Gespräch nur als einmaliges Jahresgespräch zu verstehen. Es ist als Teil einer fortlaufenden Kommunikation gedacht. Einmal im Jahr spricht man sehr ausführlich miteinander und nimmt dann im Arbeitsalltag immer wieder Bezug darauf. Idealerweise verabredet man sich am Ende des Gesprächs deshalb direkt zu einem nächsten Meilensteingespräch: „In drei Monaten setzen wir uns noch mal zusammen und schauen, wie es aussieht und wo es eventuell Schwierigkeiten gibt.“

Ist das Mitarbeitergespräch in Zeiten von Agilität und New Work noch sinnvoll?

Im Rahmen von New Work ist das Mitarbeitergespräch in die Kritik geraten. Dabei ist es total sinnvoll, weil es immer Orientierung über die gemeinsame Zusammenarbeit gibt. Auch in einer agilen Welt mit einer veränderten Rolle der Führungskraft braucht es Feedback und Vereinbarungen. Allein die Form des Gesprächs verändert sich.

Warum ist es so wichtig, alles, was besprochen wird, schriftlich festzuhalten?

Dinge geraten sonst in Vergessenheit. Und es kann ja auch sein, dass die Führungskraft mal wechselt. Jedes Unternehmen hat daher bestenfalls ein Instrument, das „jährliches Mitarbeitergespräch“ heißt. Das beinhaltet einen standardisierten Vorbereitungsbogen und einen Bogen, in dem die Ergebnisse festgehalten werden. Es lohnt sich für jedes Unternehmen, einen eigenen und auf das Unternehmen angepassten Gesprächsleitfaden zu entwickeln.

Was sollte neben der Leistungsbewertung und den Zielvereinbarungen noch notiert werden?

Um die Arbeitsleistung überhaupt richtig einschätzen zu können, braucht es einmal eine genaue Aufgabenbeschreibung. Mit Merkmalen der Stelle, den konkreten Fachkenntnissen, die zur Stelle gehören, und den Bewertungskriterien, die dem Unternehmen im Rahmen der Leistungsbewertung wichtig sind. Das können neben der Fachkompetenz und dem Arbeitsverhalten auch Aspekte wie nachhaltiges Arbeiten sein. Außerdem ist es sinnvoll, etwas zur Entwicklung des/der Mitarbeiter*in aufzuschreiben. Vielleicht sagt jemand im Mitarbeitergespräch, dass er gern Führungskraft werden möchte. Wenn die Führungskraft das Potenzial ebenfalls sieht, kann man gemeinsam überlegen, welche Schritte helfen, das Ziel zu erreichen. Der/die Mitarbeiter*in könnte zum Beispiel erst mal ein Projekt leiten, das man als weiterführende Aufgabe im Mitarbeitergespräch festlegt und notiert. Die Wünsche des/der Mitarbeiter*in gehören aufgeschrieben – selbst wenn ich das als Führungskraft vielleicht anders sehe. Darüber kann im Gespräch verhandelt werden. Natürlich sollte eine Einigung erzielt werden, gelingt das nicht, wird auch das schriftlich festgehalten. Und wozu ich außerdem immer rate, ist, zusätzliche Kompetenzen des/der Mitarbeiter*in zu notieren. Zum Beispiel besondere Sprachkenntnisse. Vielleicht werden die irgendwann einmal im Unternehmen gebraucht, wenn auch nicht jetzt sofort.

Wie kann ein Unternehmen die Gespräche noch für sich nutzen?

Das Mitarbeitergespräch kann ein wirksames Tool in der Unternehmenssteuerung sein und dazu beitragen, die Unternehmensziele zu erreichen. Jedes Unternehmen hat ein Vorhaben. Schaffe ich es, die Unternehmensziele auf die individuellen Ziele des/der Mitarbeiter*in herunterzubrechen und die Haltung des Unternehmens in ihre Ziele mit aufzunehmen, dann hat das eine tolle Kraft. Sind die Unternehmensziele transparent und nachvollziehbar, können sich die Mitarbeiter*innen mit diesen eher identifizieren und etwas zum großen Ganzen beitragen. Das Arbeiten macht dann plötzlich viel mehr Sinn – das wirkt unglaublich motivierend.


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