17.06.2020 - Sebastian Keil -20 MinutenZukunft der Arbeit
Noch nie waren seine Roboter so gefragt wie jetzt: Rainer Becker, Geschäftsführer von ShowBotiXX, bekommt derzeit vermehrt Anfragen aus Pflegeeinrichtungen und der Gastronomie. Im Faktor-A-Podcast spricht er über die Chancen von KI-Systemen und erklärt, wie man sie sinnvoll einsetzt, um den Fachkräftemangel zu mindern.
Die Scheu vor Robotern ist groß. Besonders in Deutschland, meint Rainer Becker. „Aber sie werden weder die Menschheit übernehmen, noch unsere Jobs killen“, sagt der Inhaber von ShowBotiXX, einer Firma, die Roboter mit KI-Systemen verbindet. Sondern? „Es geht darum, ein intelligentes Teamplay zwischen Menschen und Maschine herzustellen.“ Aber wie kann das aussehen?
Teamplay in der Pflege und in der Gastronomie
„Wir versuchen Use Cases zu identifizieren, bei denen Roboter die niederschwelligen Prozesse ausführen können, damit die eigentlich qualifizierten Kräfte sich um andere Themen kümmern können“, sagt Becker. Ein Beispiel aus einem Seniorenheim: Da kann der Roboter eingesetzt werden, um mit einer Gruppe eine halbe Stunde lang Gymnastik zu machen. Das gibt den Fachkräften und Pflegern die Möglichkeit, sich in Ruhe um jene Menschen zu kümmern, die Nähe, Wärme und Zuneigung brauchen.
„In der Gastronomie reicht häufig schon ein Funktionsroboter, um leichte Arbeiten auszuführen“, sagt Becker. „Etwa das Schnitzel heiß und punktgenau von der Küche an den Tisch bringen. Das kann der Roboter besser, schneller und präziser als jeder Kellner.“ Und weil der nicht ständig in die Küche rennen müsse, könne er sich nun viel besser um die Gäste kümmern, Fragen beantworten, einen Schnack halten.
Aber werden die Roboter auch akzeptiert?
Es gibt ganz viele Roboter, die menschliche Züge haben, gibt Becker zu bedenken. Und zwar genau aus dem Grund: damit wir Menschen sie leichter annehmen. „Ein Industrie-Roboterarm wird nie die gleiche Akzeptanz bekommen wie ein humanoider Roboter mit Kopf, Augen, Armen, Händen und Fingern.“
Es gäbe da zum Beispiel Pepper, einen humanoiden Roboter, 1,20 Meter groß, mit Kopf, elastischem Oberkörper, Armen und fünf Fingern. „Wenn Pepper in Pflegeeinrichtungen Gymnastikübungen macht, etwa Rumpfbeugen oder die Arme nach vorne und nach oben schwingen, dann animiert er die Menschen dazu mitzumachen. Selbst die, die im Rollstuhl sitzen, weil auch Pepper keine Beine hat.“
Was er merkt, ist: Es seien oft nicht die Menschen in den Pflegeeinrichtungen, die sich schwer mit den Robotern tun würden, sondern die Angehörigen. „Aber wenn die erst mal mitbekommen, wie die Roboter mit den Menschen agieren, ändert sich das.“ Denn die Roboter können beispielsweise auch die kognitiven Fähigkeiten stärken, durch „Memory“ oder Ratespiele. Und es gibt auch welche, die vorlesen oder das Fernsehprogramm zeigen.
Roboter einsetzen, um Azubis und Fachkräfte zu gewinnen
Was viele nicht auf dem Zettel hätten, meint Becker, sei der Aspekt der Qualifizierung: „Große Organisationen sagen uns etwa, dass sie Roboter fördern möchten, um den Ausbildungsberuf des Pflegers wieder attraktiver zu machen.“ Junge Menschen würden heute erwarten, dass neue Technologien in ihren Arbeitsalltag einfließen und genutzt werden können. Dabei gehe es nicht darum, dass Altenpfleger künftig eine IT-Ausbildung on top setzen müssten, sondern eher um das Verständnis: Wann kann ich mit welchem Senior welche Werkzeugpalette benutzen und wann nicht?